Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

sieht wird, „einige Nähe zi.i Königsfelden" und eine klar faßbare konstanzische Komponente festgestellt. Auch für die Fenster der Deutschordenskirche in Könlz gelangt Beer auf Grund eingehender Stilanalyse zu einer von der bisher geltenden Datierung ,,um 1300" abweichenden späteren Ansetzung. Das gleiche gilt für die im Freiburger Museum verwahrten Glasgemälde aus Rotnont, die mit der Verglasung von Königs felden in zeitliche Parallele gebracht werden {„um 1330"), während Lehmann sie noch „um 1295'' ansetzte. Bei der Beschäftigung mit dem bisher angeführten Komplex von Glasmalereien Vjedauert man immer wieder, daß die Autorin darauf verzichtet hat, das klare Bild, das sie selbst von der künstlerischen Gesamtsituation besitzt, in einer kiinstgeschichtlichen Einleitung zusammenfassend zu umreißen; dies wäre um so wünschenswerter, als einer der Angelpunkte der Entwicklung, nämlich die Verglasung von König.sfelden, die infolgedessen immer wieder zum Bezugspunkt genommen werden muß, außerhalb dieses Bandes bleibt. Ein Kernstück des ersten, dem 14. Jh. gewidmeten Teiles bildet die Verglasung der Zisterzienserabtei Hauterive, deren Rekon struktion Beer durch Itlontifizierungder zum Teil in ganz Europa zerstreuten Fragmente gelungen ist^". Das einer lokalen Werk statt zugeschriebene Fenster der Vita Christi hinter dem Hoch altar ist durch eine Quelle des 18. Jhs. in die Jahre zwischen 1320 und 1328 datiert, die elegantere und stilistisch jün gere A])ostelfolge dagegen zeigt ,»auffallende Beziehungen zu der Glasmalerei des schwäbischen Zisterzienserklosters Bebenhausen". Der Katalog ist der Zugehörigkeit der zer streuten Scheiben zu den rekonstruierten Fenstern ent sprechend aufgebaut, infolgedessen sind darin auch die in aus ländischen Museen verwahrten Scheiben aufgenommen. Dies entspricht nicht ganz den ,,Richtlinien" und führt im Falle der fünf Scheiben des Stockholmer Nationalmuseums zu der Mißlichkoit, daß die im skandinavischen Corpus-Band auf S. 223ff. bereits erschöpfend katalogisierten Glasgemälde nun neuerdings mit ebenso ausführlicher Beschreibung der Farbig keit und des Erhaltungszustandes aufscheinen. Hinsichtlich des letzteren finden sich sogar einige zwar nicht widersprechende, aber doch vom Text des schwedischen Autors etwas abwei chende Angaben. Nun steht und fällt das Corpiis-Unternehinen aber mit der Forderung, daß die Katalog-Angaben (im Gegen satz zu den kunstgeschichtlichen Thesen der Autoren) als verbindlich und definitiv angesehen werden können. Der Rezensentin wäre es daher im Falle der Stockholmer Scheiben richtiger erschienen, wenn Beer, soferne sie nicht auf die katalogmäßige Behandlung aller zu Hauterive gehörigen Scheiben verzichten wollte, den schwedischen Katalogtext einfach übernommen bzw. abweichende Angaben ausdrücklich begründet hätte. Es sei dies hier lediglich aus prinzi])iellen Gründen und im Hinblick auf künftige Bände angemerkt, denn tatsächlich wird es sich wohl so verhalten haben, daß Beers Text längst vor Erseheinen des skandinavischen Bandes formuliert war. Im allgemeinen ist festzuhalten, daß die Publikation des gesamten Materials von Hauterive an einer einzigen Steile für die Kunstgeschichte ein Vorteil ist und daß derartige Sonderfälle wohl immer zu .Kompromissen führen werden, die freilich in den betroffenen (Korpus-Bänden auf einander abgestimmt werden sollten. Auch H. Wentzel ist an dieser Identifizierung beteiligt. Im Gegensatz zur ersten Hälfte des 14. Jhs. die in reichen und glänzenden Zeugnissen vertreten ist, hat die zweite Jahrhunderthälfte in der Schweiz nicht einen einzigen Beleg der Glasmalerei hinterlassen. (In einer kunstgeschicht lichen Einleitung hätte die Frage nach den Ursachen solcher üngleichmäßigkeit aufgeworfen werden können.) Jedenfalls schafft die.se Lücke eine klare Zäsur zwischen dem ersten und dem zweiten, dem 15. Jh. gewidmeten Teil. Für die Schöpfungen vom Beginn dieses Jahrhunderts muß die oberrheinische Malerei als .stilbildend angesehen werden. So wird das Chorfenster des ehemaligen Chorherrenstiftes Zofingen in den Umkreis der Kolmarer Kreuzigung von 1400 gestellt, doch wird mit Recht die Übertragung in die ,,heimische Mundart" betont; der Rezensentin erscheint überdies der Stil gegenüber der Kolmarer Kreuzigung schon merklich verhärtet. Auch für die Chorverglasimg von Si. Nikolaus auf dem Staujberg werden die Bezugspunkte ausschließlich in der ober rheinischen Tafelmalerei gesucht. Demgegenüber will es der Rezensentiii scheinen, daß sich diese beiden Fenster dadurch, daß in ihnen das architektonische ,»Gehäuse" eine bestimmende Rolle spielt, mid durch ihre graphische Ausgeschriobenheit eher als Exponenten einer rein glasmalerischen Tradition verraten, für die Querverbindungen zu anderen Glasmaler ateliers ebenso entscheidend sind wie die von der Tafelmalerei unleugbar empfangenen Impulse (vgl. Abb. 224, 225). In dem von Erzbischof Kanizsai urn 1416 für die Kartause Margarelhental gestifteten Fenster (jetzt Basel) hat sich ein höfisches Werk von weit überlokalem Rang erhalten, das Beer überzeugend mit dem Mittelrhein in Zusammenhang bringt. Von ebenfalls überdurchschnittlicher Qualität sind die mit Jenkofen verwandten Fragmente in Oberarth (,,um 1430"). Ist in den schweizerischen Glasgeinälden noch bis in die erste Hälfte des 15. Jhs. ausnahmslos die Ausstrahlung der rheinischen, vornehmlich der oberrheinischen und elsässischen Glasmalerei zu spüren, so ändert sich nach der Mitte des Jahrhunderts das Bild: Die Berner Münstervei'glasung bildet einen neuen Schwerpunkt, unter dessen Einfluß die kleineren Werkstätten geraten. Eine Charakterisierung dieser Situation, die der Leser aus den Katalog-Einleitungen zu St. Benedikt in Biel (vollendet 1457) und zu St. Maria in Zweisimmien (vielleicht 1470 entstanden) erhält, hätte man sich, zusammengefaßt, ebenfalls in einer kunstgeschichtlichen Einleitung gewünscht. Dieses Desideratum gilt in gleicher Weise hinsichtlich der Erörterung jener Fragen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem behandelten Objekt stehen: Dies betrifft die Frage der Autorschaft an der Verglasung der Ste-Chapelle in Dijon; Beer beleuchtet sie bei der Behandlung der Scheiben aus Notre-Dame-de-l'Assomption in Rotnont. Diese Glasgemälde, für welche die Autorin eine spätestens 1470 ei'folgte Stiftung durch das Haus Savoyen annehmen möchte, wurden nämlich von ihr überzeugend mit Burgimd in Beziehung gebracht. Schon bei Besprechung des skandinavischen Corpus-Bandes wurde auf die Scheiben der Schloßkapelle in Greijerz als Beispiele einer ihren eigenen Überlieferungen folgenden Volks kunst verwiesen. Beer charakterisiert sie als ,,savoysche Lokalkunst", versucht aber gleichwohl, sie in Zusammenhänge der Hochkunst einzustellen. Als besonders typisch für diese

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