Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Haus" bis zum Stephansplatz, andererseits durch die Sack gasse bis zur Kumpfgasse und weiter bis zur Kiemergasse. Gleichzeitig war das gesamte ,,Blutgassenviert0r' zum Fußgängerbereich zu erklären und mit einem Fahrverbot für Fahrzeuge aller Art zu belegen. Eine wesentliche Forderung an die planenden Architekten war die, trotz des Umbaus und der Schaffung neuer, mit allen modernen Einrichtungen ausgestatteter Wohnungen und Geschäftslokale die Altstadtatmosphäre so zu erhalten, daß es einem bestimmten Personenkreis um dieser Atmosphäre willen wünschenswert erschiene, in einer solchen Umgebung zu leben, und ihn auch geneigt machen würde, zu den teilweise über Neubaukosten liegenden Spesen der Sanierung bei zutragen. Im Herbst 1960 erhielten die Architekten von der mit der Rolle eines Mittlers zwischen der Stadtverwaltung und den künftigen Mietern betrauten Ekazent-Realitätenvcrwertungsgesellschaft m. b. H. den Auftrag, die Gebäudeaufnahmen des Alt bestandes durchzuführen und so die unbedingt erforderlichen Unterlagen für die weitere Planung zu schaffen. Diese Gebäude aufnahmen beanspruchten mehrere Monate intensiver Arbeit, da keinerlei Pläne der zwischen dem 12. und dem 19. Jahr hundert entstandenen, in verschiedenen Epochen oft mehr mals veränderten Häuser, deren Keller oft mehrere Stockwerke in die Tiefe führten, vorhanden waren. Zuletzt bestanden die einzelnen Objekte aus vollkommen verwahrlosten Klein- und Mittelwohnungen mit völlig unzureichenden sanitären Ein richtungen. In dem Bemühen, alte Bauteile, wie Stiegen, Geländer, stei nerne Fenster- und Türumrahmungen, Beschläge aller Art usw., zu erhalten, wurden diese soweit wie möglich instand gesetzt, aber keinesfalls ,,nachgeahmt". Die Türdrücker wurden nach einem am Ort gefundenen alten Modell neu ent wickelt und in Messing gegossen. Die Sprossenteilung und die Proportionen der alten Fenster und Türen wurden, wo immer möglich, beibehalten. Leider konnten nur wenige der reiz vollen alten Stuckplafonds erhalten werden, da viele Dippelbaumdecken aus Sicherheitsgründen ausgewechselt werden mußten. Bei der Planung wurde auf eine den heutigen Lebensgewohn heiten entsprechende Raumanordnung und Ausstattung be sonders geachtet. Sonderwünsche der künftigen Mieter, soweit solche damals schon feststanden, wurden nach Möglich keit berücksichtigt. Brettelböden, verflieste Badezimmer, Gas-Etagenheizungen oder Außenwand-Konvektoren, Auf züge in Häusern mit mehr als drei Geschossen wurden geplant und auch ausgeführt. Im Järmer 1963 war die Planung so weit fortgeschritten, daß mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil der Häuser schon mehrere Jahre unbewohnt und unbetreut gewesen, und unter dem Einfluß des Wetters waren viele Bauteile zugrunde gegangen. Dächer waren undicht geworden, Kanalschäden verursachten an manchen Stellen eine Versumpfung der Kellergeschosse; Fenster, Türen, Armaturen, Leitungsrohre, kurz alles, was noch irgendwie zu brauchen oder verkäuflich war, war ge stohlen worden. Daraus ergibt sich die Lehre, bei Sanierungen mit der Aussiedlung möglichst bis knapp vor Baubeginn zu warten oder für eine ausreichende Bewachung zu sorgen, besonders dann, wenn kulturell wertvolle Bauteile, wie Gitter, Beschläge usw., vorhanden sind. Nur dann kann der bei jedem -1 I ■ ! Li 202, 203. Wien I, Blutgasse 3; ,,Pawlatschen"-Hof gegen Osten, oben vor, unten nach der Sanierung (Photo-,.Kurier", BDA, J. Jekel) Saniorungsvorhaben wohl immer gegebene Wunsch, alles Alte nur pfleglich instand setzen zu müssen, auch verwirklicht werden. Trotz des ernsten Bemühens, auch alte Konstruktionsteile weitgehend zu erhalten, mußten an vielen Stellen schadhafte Dippelbaumdecken und verrottete Mauern aiis Steinen oder Ziegeln gegen heute übliche Baustoffe und Konstruktionen aus gewechselt werden. Die großen schliefbaren Kamine wurden 20 Denkmalpflege

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