Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

noch erhaltenen Fragmente der Brokate freizulegen, wurde nach Erweichung der Übermalungen zu ihrer Abdeckung nur ein nadelartiges Skalpell verwendet. Diese äußerst diffizile Freilegung, die zum Teil auch mit Hilfe der Lupe erfolgt ist, hat dann die Möglichkeit einer Rekonstruktion der Brokat muster geboten. Die auf Papier abgezogenen Zeichnungen der einzelnen Fragmente wurden wie kleine Mosaiksteine zu sammengesetzt und ermöglichten dann mit Hilfe weniger Ergänzungen die genaue Rekonstruktion der fünf verschie denen Stempel, die für die Muster verwendet worden waren (Abb. 177a-e, 178a—e). Ein sechster Stempel für das Gewand der linken Figur in der Kreuzabnahme (30) war wegen der zu fragmentarischen Erhaltung nicht mehr zu rekonstruieren. Von den fünf rekonstruierten Stempeln sind drei zweimal verwendet worden, und zwar: einer (Abb. 177c, 178c, c/1) bei Nikodemus (33) und Johannes (32), ein zweiter bei Veronika (3) und bei Joseph von Arimathea {35, Abb. 177a, 178a) der dritte (Abb. 177e, 178e) für die Soldaten {0, 9). Die Brokat muster sind auf verschiedene Art ausgeführt worden: I.Auf die Lüstrierung wurden Einzelornamente appliziert; 2. unmittel bar auf dem polimentierten Grund wurde die gesamte Fläche mit dem Relief des Brokats versehen. Ein Zentimeter der Brokatmuster hat vierzehn bis siebzehn Rinnen, die waag recht und senkrecht graviert sind. Das blattförmige Ornament (Abb. 177e, 178e), welches die Jacken der zwei Soldaten {6, 9) schmückt, hat eine Größe von 4:3,5 cm; einmal ist das Gold auf grüner, das andere Mal auf roter Lüstrierung aufgebracht. Das Motiv (Abb. 177c, 178c,c/1) der Gewänder von Johannes {32) und Nikodemus (33) besteht aus zwei im Abstand von 5 bis 7 cm parallel verlaufenden Bändern, in denen noch kleinere Motive von 3:2,5 und 3:4cm Platz gefunden haben. Die vergoldeten Ornamente sind beiderseits auf rote Lüstrierung gesetzt. Der Stempel (Abb. 177a, 178a) für die Brokatmuster bei Veronika [3] und Joseph von Arimathea {35) hat eine Größe von 7,5:7 cm. Es wurden aber bei den beiden Figuren verschiedene Farben verwendet: bei Veronika schwarze Zeich nung auf Gold, bei Joseph von Arimathea blaue Zeichnung auf Gold. Um ein fortlaufendes Brokatmuster zu komponieren, wur den die Stempel in zwei aufeinanderfolgenden Reihen, in derzweiten um die Hälfte versetzt, nebeneinandergelegt. Das Brokatmu.ster des Kleides der Maria Cleophae {34) wurde auf diese Weise komponiert. Der Stempel (Abb. 177 d, 178 d) hat eine Größe von 9:8,5 cm. Hier war die Zeichnung des Brokats mit einem Krapplack gefaßt, der jetzt leider nur mehr in kleinen Spuren erkennbar ist. Das prächtigste Brokatmuster (Abb. 177b, 178b) befindet sich am Kleid der Maria Salome {30), der Mutter des Jakobus. Die zwei einander kreuzenden Bandmotive bilden einen harmonischen Rhythmus, und die Zeichnung, im Inneren rot, sonst grün gehalten, ist von besonderer Schönheit. Die Stempelgröße ist 8:10 cm. Die Annahme, daß Wachs für die Applikation verwendet worden war, wurde durch den Analysebefund vom 6. Feber 1966 des kürzlich verstorbenen Beraters des Bundesdenkmalamtes, Dipl.-Ing. Wilfried Kress, Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien, bestätigt. Das Ergebnis der Analyse des Materials lautet auf reines Bienenwachs mit Schmelzpunkt 61°. Es wurde auch versucht, die Technik zu rekonstruieren, in welcher derartige Brokate hergestellt worden sind. Zu diesem Zweck wurden Bleiplatten mit einer Gravierung versehen, die der Zeichnung des Brokats entspricht, sodaim wurde die Oberfläche der Bleiplatte mit Leinöl eingelassen und heißes Wachs darübergestrichen. Beim Erkalten löste sich das Wachs mit dem Muster leicht vom Metall ab und war in warmem Zustand so geschmeidig, daß man es auf eine grundierte Oberfläche ohne Schwierigkeit auftragen konnte. Die ursprüngliche Verwendung von Bleiplatten war durch die Tatsache bestätigt, daß sich an verschiedenen Stellen an Figuren des Altars plastische Teile aus Blei fanden (vgl. oben, S. 143). Das Gewand der Maria {31) hat ein zartes Ornament in Gold auf Blau, das jetzt wegen des schlechten Zustands nicht mehr rekonstruierbar ist. Weitere kleine Ornamente finden sich noch an den Gewändern der Engel und einer weinenden Maria {20) in der Mittelgruppe. Das Gewand des Longinus {23) war ebenfalls aus Brokat, ist jetzt aber fast zur Gänze ver schliffen. Der schlechte Erhaltungszustand der Gewänder von Christus (Mantel unter dem Kreuz) und Maria {14) ist teils auf die Restaurierungen, teils auf einen ursprünglichen Fassungsfehler zurückzuführen. Das Antwerpener Gilde zeichen, die Hand, befindet sich an mehreren Stellen des Altars, und zwar: in der rechten Gruppe in der Wiese unter Christus; in der linken Gruppe in der Wiese unter dem Soldaten, der Christus an den Fesseln zieht, und unter dem Soldaten mit der Geißel. Auch die Mittelgruppe hat eine Hand im Vordergrund der Wiese, auf der Rückseite aber einen Hammer, der das Brüsseler Gildezeichen ist. Der Soldat {6) in der linken Gruppe hat auf der Hose die ineinander verschlungenen Buchstaben ,,AL". G. Zehetmaier NOTIZEN ZUR BAUGESCHICHTE UND AUSSTATTUNG DER EHEMALIGEN STIFTSKIRCHE VON BAUMGARTENBERG Der Wanderer schaut un.d sucht: Es fehlt nichts am Gemäuer, blinkende Fenster tragen freundlichen Schmuck, es fehlt kein Ziegel am Dach, nichts im wohlgepßegten Garten, es fehlt nichts un.d doch etwas, etwas — die rechte Bestim,mung, die rechten Menschen dazu, das rechte Leben darin! Es liegt un,d brütet darüber der Geist des Zerstörten! die Situation der aufgelassenen Klöster und Abteien, zu wel chen seit 1784 auch das Zisterzienserstift Baimigartenberg gehört. Nichts erhellt besser die Problematik ärarischer Erhaltungsmaßnahmen an zweckentfremdeten Großdenk malen der Vergangenheit als die lakonische Nachricht, daß 1785 im größten Teil des Stiftsgebäudes das Strafhaus für Mit diesen Worten charakterisiert der Chronist der kirchlichen Maßnahmen Josephs II. in Oberösterreich, Rudolf Hittrnair^, ^ Der Josefinische Klostersturm im Lande ob der Enns, Freiburg i. Br. 1907, Seite V der Vorrede; über die Aufhebung ebenda, S. 162 ff.

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