Johann Baptist Hagenauor zeitweilig in der Residenz eine Werkstätte hatte. Unsere Kenntnis des ursprünglichen Zustandes des WallisTraktes wurde durch Feststellungen, die der Umbau der Jahre 1964/65 ermöglichte, in folgenden, zum Teil schon kurz erwähnten Punkten ergänzt: Die ehemalige Gartenmauer war, um in den nördlichen Hoftrakt (an der heutigen Franziskanergasse) einbezogen werden zu können, durch eine innen vorgeblendete Wand - recht unsachgemäß und not dürftig — verstärkt worden; im j^iano nobile wurde eine später vermauerte Tür gefunden, die eine unmittelbare Verbindung mit dem nördlichen, barocken Trakt der Erzabtei St. Peter bildete; ebenfalls im piano nobile befand sich ein großer, die gesamte Trakttiefe einnehmender Saal, der später unterteilt wurde (und heute mit seiner freigelegten, ursprünglich aber kaum sichtbaren Balkendecke von ungefähr 9 m Spannweite als ,,Hörsaal IV" in seiner ungefähren ursprünglichen Größe wiederhergestellt ist; Abb. 139). Besonders wichtig sind aber einerseits die Lehre, andererseits der Gewinn, die sich aus dem Umbau des Wallis-Traktes zum Zwecke der Verwendung durch die Salzburger Universität für die Denkmalpflege ergeben haben. Das gesamte Bauvorhaben ist schon wiederholt als ein Musterbeispiel für die Aufgaben der Salzburger Altstadtsanierung bezeichnet worden - in einzelnen Fällen vielleicht insoferne etwas verfrüht, als damals noch nicht eindeutig feststand, ob die bauliche Qualität des Wallis-Traktes als eines fürstlichen Gebäudes mit der bekanntermaßen schlechten Bauweise der meisten bürger lichen Salzburger Altstadthäuser auch nur annähernd überein stimmen würde; es hat sich gezeigt, daß die Mauertechnik des Wallis-Traktes, zumindest in den jüngeren Hoftrakten, nicht minder fragwürdig ist als die, soweit bekannt, bei den Salzburger Bürgerhäusern des 16. und 17. Jahrhunderts angewendete Bauweise. Da es gelungen ist, dem Wunsch der Denkmalpflege entsi:)rechend, die äußeren Fassadenmauern der jüngeren, im übrigen ganz abgetragenen Hoftrakte im Originalbestand zu erhalten - am Trakt von 1606 wurden nur interne Umbauten vorgenommen -, ist damit der Beweis erbracht, daß ähnliche Maßnahmen auch an den Bürger häusern durchführbar sein müßten. So wertvoll diese Erkennt nis zweifellos ist, so sehr mahnt eine andere am Umbau des Wallis-Traktes gemachte Erfahrung zur größten Vorsicht in Fragen der architektonischen Gestaltung im Zusammenhang mit der Sanierung von historischen Bauten. Es war sicherlich eine vom Standpunkt der Denkmalpflege anzuerkennende Absicht des Planverfassers, ein sehr charakte ristisches Motiv der alten Hoffassaden, nämlich die aus je fünf Rundbogen auf Vierkantpfeilern bestehenden Arkaden an der Nord- und an der Südseite des Hofes (Abb. 135), in die neuen Hoffassaden zu übernehmen; andererseits haben aber sachliche Überlegungen verlangt, die Fenster der neuen Hoftrakte als einflügelige, nach innen schwenk- und kippbare und mit einer Scheibe verglaste Verbundfenster ohne jede Sprossenteilung auszubilden. Weniger aus der Nachbarschaft dieser modernen und der historischen Fensterformen, welch letztere an allen im Originalbestand erhalten gebliebenen Fassaden beibehalten wurden, als vielmehr innerhalb der neuen Hoffassaden selbst ergibt sich eine Inkongruenz zwischen dem übernommenen historischen Motiv der Rund bogenarkaden und den modernen Fensterformen; die aus dieser Inkongruenz zu ziehende Lehre ist leider nicht danach angetan, die Gestaltungsprobleme, welche sich im Zusammen hang mit der Sanierung historischer Gebäude ergeben, als nach leicht aufzustellenden Grundsatzforderungen lösbar erscheinen zu lassen . . . Die für die Denkmalpflege weitaus wertvollsten Ergebnisse des Umbaues des Wallis-Traktes lagen in der Erhaltung beziehungsweise in der wenigstens im wesentlichen erfolgten Wiederherstellung der wichtigsten Teile des Traktes von 1606: Die erste Planung hatte aus dem Vorprojekt des Amtes der Landesregierung und unter dem Zwang der bestmöglichen räumlichen Ausnützung des Gebäudes einerseits die Demo lierung der schon genannten Wendeltreppe mit den schönen Deckenstuccos übernommen, andererseits die Unterteilung der Höhe des Säulensaales durch ein Obergeschoß beibehalten; der untere Teil der Säule wäre in dem ummantelnden Pfeiler verborgen geblieben, während der obere Teil gekappt werden sollte, damit hier ein großer Hörsaal hätte eingerichtet werden können. Glücklicherweise ist es gelungen, dies alles schließlich doch abzuwenden^'. Das in der ehemaligen sala terrena eingezogene Obergeschoß wurde entfernt und die Säule in ihrer ganzen Höhe (7,40 m) freigelegt; ein weiterer Glücksfall war, daß der aus einem Stück gearbeitete Schaft der Säule keinerlei Fehler aufwies - es wäre immerhin möglich gewesen, daß ein Riß im Schaft die Ursache der Ummantelung gewesen wäre und jetzt die Freilegung der Säule verhindert hätte. Schließlich hat die Idee des planenden Architekten, an drei Seiten des Saales einen Balkon anzuordnen, der über die Wendeltreppe erreichbar ist und die Verwendung des Saales als Hörsaal mit der erforderlichen Anzahl von Sitzplätzen ermöglicht, das Schicksal der schönen sala terrena Wolf Dietrichs zum guten Ende geführt (Abb. 140). Durchaus positiv zu bewerten ist auch die im Falle des Wallis-Traktes gefundene Lösung für jenes komplizierte Problem der Denkmalpflege, das in der Frage nach der Wiederverwendung von Baudenkmälern, die ihren ursprüng lichen Verwendimgszweck verloren haben, gelegen ist; wir wünschen, das Beispiel des Wallis-Traktes möge dazu beitragen, daß in Zukunft noch einige weitere, derzeit in einer vom Standpunkt der Denkmalpflege zu bedauernden Weise ver wendete Baudenkmäler in Salzburg für die Erfüllung des noch längst nicht gedeckten Raumbedarfs der Salzburger Uni versität in Anspruch genommen werden. Für eine derartige Umwidmung würden sich vor allem der Toskana-Trakt der Residenz (derzeit als Polizeidirektion in Verwendung) und das Kapitelhaus, Kapitelgasse 4 Einer Bitte des Berichterstatters entsprechend, sind gemeinsam mit ihm Se. Magniflzenz Universitätsprofessor Dr. Egon Lendl, damals amtierender Rektor der Salzburger Universität, Herr Universitätsprofessor Dr. Hans Sedlmayr, Herr Landesarchivdirektor Hofrat Dr. Herbert Klein und Herr Architekt Professor Otto Prossinger bei Herrn Landes hauptmann DDr. Hans Lechner vorstellig geworden, um die Säule und die Wendeltreppe vor der Zerstörung zu bewahren. Dankenswerterweise hat sich der Herr Landeshauptmann für die Lösung der Frage im Sinne der Denkmalpflege aus gesprochen. Nicht zuletzt ist dem Leiter der Bundesgebäudeverwaltung I im Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, Herrn Ministerialrat Dr. Zimmel, zu danken, der die Funktion der Republik Österreich als Bauherrschaft zu erfüllen hatte und dies stets mit größter Bedachtnahme auf die Interessen der Denkmalpflege getan hat.
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