Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Gertrud B Triff EIN SCHRITT DES EUROPARATES ZUR WIEDERBELEBUNG VON BAUDENKMALEN Den unmittelbaren Anlaß zur Behandlung des in diesem Hefte erörterten Themas „Die Wiederbelebung von Baudenkmalen, die ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können" bot die Tagung des Europarates, welche in Wien vom 4.-8. Oktober 1965 stattfand. Sie war Teil einer großangelegten Aktion, für die das Ministerkomitee des Europarates über Vorschlag des CCC (Conseil de la Cooperation Culturelle) mit der ,,Empfehlung No. 365" die Initiative ergriffen hatte und deren Gegenstand die ,,Verteidigung und Wiederbelebung historischer und künstlerischer Stätten" bildet^. Zur Verwirklichung dieses weitgesteckten Zieles sollten einzelne Themenkreise in gemeinsamen Arbeits tagungen erörtert werden^. Anläßlich der ersten Zusammenkunft (Barcelona, Mai 1965) wurde als Grundlage für jede frucht bringende Arbeit ein Generalinventar der bedeutenden Kunstschätze Europas gefordert. Die zweite Tagung dieser Reihe fand, wie oben erwähnt, in Wien statt; an ihr nahmen die offiziellen Delegierten von elf Staaten teil, außerdem Beobachter der UNESCO (United Nations Educational and Oulturel Organisation), der ICOMOS (International Council of Monuments and Sites), des IBI (Internationales Burgeninstitut) und des UIA (Union International des Architectes). Zur Einleitung der Diskussion legte die gefertigte Referentin eine vei'gleichende Darstellung der in vierzehn europäischen Ländern bereits getroffenen denkmalpflegerischen Maßnahmen vor, soweit sie durch entsprechende Rundfragen erfaßt werden konnten. Aus diesem Bericht wurde die allgemeine Sorge um den drohenden Verlust markanter Wesenszüge und entscheidender kultureller Werte Europas erkennbar. Zahlreiche Bau- und Kunstdenkmäler sind heute nicht nur dem Angriff anonymer Kräfte der Zivilisation, der Technisierung und des Verkehrs aus gesetzt, sie haben sogar durch die eingetretenen sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen vielfach ihre ursprüngliche Punktion verloren. Wenn auch der zivilisatorische Portschritt selbstverständlich nicht gehemmt werden darf, muß doch gefordert werden, daß auch das wertvolle kulturelle Erbe erhalten bleibe und dem modernen Leben eingefügt werde. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe liegt darin, daß das Ziel der Denkmalpflege heute nicht mehr allein auf ein Konservieren der Baudenkmale, sondern vielmehr auf ihre Integration, also auf ihre Wieder belebung gerichtet sein muß. In den kulturell führenden europäischen Ländern, auf die sich die Studie bezog, ist die Obsorge für den Denkmälerbestand öffentlichen Institutionen anvertraut, deren Möglich keiten jedoch in legislativer, administrativer und finanzieller Hinsicht so beschränkt sind, daß ihren Bestrebungen kein entsprechender Erfolg beschieden sein kann. Positive Versuche auf Teilgebieten weisen allerdings bereits den einzuschlagenden Weg; es wäre daher dringend anzustreben: 1. Erneuerung der Gesetzgebung (moderne Denkmalschutz-Gesetze müssen erweiterten und neuen Gesichtspunkten Rechnung tragen, nicht nur das Einzeldenkmal, sondern auch das Gruppen denkmal, ja ganze Kulturgebiete erfassen). 2. Schaffung der finanziellen Voraussetzungen, welche die Erhaltung des Denkmälerbestandes gewährleisten. ^ Besondere Verdienste um das Zustandekommen dieser Aktion hat sich der damalige österreichische Delegierte zum Europarat, Bundesminister für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft Dipl.-Ing. Ludwig Weiss, erworben (vgl. auch die 1963 vom Europarat herausgegebene Broschüre ,,La defense et mise en valour des sites et ensembles historiques ou artistiques"). ^ Es wurden fünf Arbeitstagungen mit folgenden Aufgaben vorgesehen: a Kriterien und Methoden für die Aufstellung eines Inventars zum Schütze historischer und künstlerischer Stätten (Spanien 1965) b Wiederbelebung von Baudenkmalen (Österreich 1965) c Erhaltung künstlerischer und historischer Grupiiendenkmale in städtischen und ländlichen Gebieten (England 1966) d .Der Schutz von Kulturlandschaften und ihrer Wesenszüge im Rahmen der Landesplanung (Niederlande 1967) e Methoden und Mittel zur Erreichung der in a-d genannten Ziele (Frankreich 1968)

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