Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Münster i. W. ist leider nur mit einem Resümee seines Referates über die Spuren früher Kirchenbauten in Tongern (Belgien) vertreten. Wolfgang Fritz Volbach greift in sein Spezialgebiet, die Datierung, Lokalisierung und schließliche Eingliederung von Silber- und Elfenbeinarbeiten vom Ende des 4. bis zum Anfang des 7. Jahrhunderts, wo zahlreiche Probleme noch völlig ungeklärt sind; auch hier war die einsetzende Diskussion ergiebig. Gerhard Egger macht Bemerkungen zur koptischen Ikonographie, an der sich die Stiländerung des spätrömischen Reiches verfolgen läßt. Heinz Ludwig Hempel kann in früh mittelalterlichen Miniaturen jüdische Traditionen nachweisen. Von den italienischen Beiträgen ist der von Gaetano Panazza eine Art Vorwegnahme seines großen Aufsatzes in den soeben erschienenen Akten des VIII. Kongresses (Verona—Vicenza), ein erster Bericht über seine sensationellen Entdeckungen in der Kirche S. Salvatore von Brescia, deren karolingische Wand bilder jenen in unserm Müstair am nächsten stehen. Ferdi nande Forlati, seit seinem Rücktritt von der Venezianer Soprintendenza als Proto von San Marco amtend, schildert die Wirkungen der ersten Markuskirche auf Kirchen von Venedig und auf der Terraferma. Seine Gattin, Bruna Forlati-Tamaro, damals noch Soprintendente alle antichitä, befaßt sich mit den neuesten Ergebnissen der Ausgrabungen im altchristlichen Concordia Sagittaria. Zwei Beiträge erhellen die frühmittel alterliche Kunst vom Südhang der Alpen: Nicolo Rasmo refe riert über frühmittelalterliche Bauten in Bozen und im Vintschgau; der Ladiner Gian Carlo Menis veröffentlicht und kom mentiert unbekannte frühmittelalterliche Reliefs aus dem Friaul. Bognetti, Chierici und De Capitani hatten 1948 in ihrem Monumentalwerk über das geheimnisvolle Oastelseprio zur Hauptsache nur die am Rande der Stadt gelegene Kirche foris portas einläßlich behandelt und notwendigerweise die kirchlichen Bauten in der Stadt selbst, die damals noch von einem dichten Robinienwald überwachsen war, mehr kurso risch behandelt. Nun hat Mario Mirabella Roberti die Haupt kirche samt ihrem Baptisterium ausführlich untersuchen können und berichtet in den Akten erstmals darüber; aus der Stellung der achteckigen Kapelle an der Ostseite der ursprüng lich langrechteckigen chorlosen altchristlichen Basilika, mit der das Baptisterimn nachträglich so verbunden wurde, daß es vom linken Seitenschiff aus betreten werden konnte, zieht er origi nelle Folgerungen (Vertauschung von Grabkapellen mit Baptisterien). Wie sehr gerade dieses Referat die Kongressisten inter essierte, bewies die anschließende Disputation, an der Thümm1er, Lehmann, Abramic, Birchler, Agnello und Gerke ihre ein ander teilweise widersprechenden Auffassungen äußerten. Agnello befaßt sich mit byzantinischen Bauplastiken in seiner sizilischen Heimat. Gian Piero Bognetti hat sein — wie zu er warten — sehr temperamentvolles Referat über den Beitrag der Archäologie zur Kritik der ältesten Überlieferungen über Venedig leider nur in einem dreiseitigem Resümee beigesteuert. Die beiden Ungarn Thomas von Bogyay und Joseph Deer kann man füglich den Deutschen zurechnen; der erstere befaßt sich mit hochmittelalterlichen Fragmenten im Kreuzgang von Benediktbeuern; Deer analysiert scharfsinnig alle schriftlichen Texte des Hochmittelalters, die sich mit Kaiser Otto dem Großen und der Reichskrone befassen. Die Schweiz ist mit vier Beiträgen vertreten. Erstmals werden die Grabungen unter St. Stefan in Ohur (ein Hypogäum des späten 5. Jahrhunderts) einläßlich expliziert; der Ausgräber Walther Sulser beschreibt den Befund, und Hilde Claussen aus Münster i. W. versucht eine Deutung der fragmentarisch er haltenen Malereien der Grabkammer. Nicht in der Schweiz sel ber, sondern erstmals in den Akten des Wiener Kongresses legt Alfred A. Schmid genau Rechenschaft ab über die Grabungen unter der ersten Klosterkirche von Payerne, die unter dem jetzigen Bau den Grundriß der ottonischen Kirche freilegten. Gottlieb Loertscher versieht seine kurze Abhandlung über ein frühchristliches Altargrab in Baisthal mit einem Fragezeichen. Der Rezensent wollte mit seiner Untersuchung über zwei früh mittelalterliche Hymnen, von denen die eine die noch jetzt gesungene benediktinische Melodie mit Buchstabennotierung festhält, daraufhinweisen, daß auch die Musik in unser Pensum gehört. Der Skandinave Erik Cinthio referiert deutsch über Darstellungen des thronenden Christus mit Stola, ausgehend von Reliefskulpturen im Dom von Lund. In ihrer Muttersprache legen zwei Spanier Einzelergebnisse ihrer Forschung vor: Pedro de Palol über die chronologische Einordnung spanischer Altäre vom 5. bis zum 8. Jahrhundert und Alejandro Marcos Pous über die 1956 ausgegrabene Kirche von San Pedro bei Merida. Der Amerikaner Kenneth John Conant, der sein halbes Forscherleben dem Studium von Cluny gewidmet hat, ist in den Wiener Akten mit englisch geschrie benen Untersuchungen über die Maße und Proportionen von Cluny II und vor allem III vertreten. Man darf die österreichischen Kollegen zu diesem Bande auf richtig beglückwünschen. Linus Birchlek Kirche und Burg in der Archäologie des Rheinlandes. Führer des Rhein. Landesmuseums in Bonn, Nr. 8. Rhein land-Verlag GmbH., Düsseldorf o. J. 187 S., 40 Textabb., 45 Bildtafeln Der Katalog der Ausstellung ,,Kirche und Burg in der Archäo logie des Rheinlandes" besitzt über den Anlaß der Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum in Bonn, Oktober—Dezember 1962, hinaus hervorragenden Wert, werden doch hier nicht nur die letzten Ergebnisse umfangreicher und langjähriger Gra bungen in knapper Form mitgeteilt, sondern auch grundsätz liche Fragen behandelt. Im Vorwort steckt aus universeller Sicht H. V. Petrikovits den Rahmen der Mittelalter-Forschung ab. W. Bader leitet dann den reich illustrierten Band ein; hat er doch selber die altchristliche Archäologie und Bauforschung im Rheinland mit seinen Grabungen in Bonn, Brauweiler und Xanten begründet. Das damals schon berühmte und straff ge leitete Bonner Provinzialmuseum wurde zu einem Zentrum der Mittelalter-Archäologie. Den Ertrag der Ausgrabungs tätigkeit umreißt H. Borger in seinem Überblicksartikel, wäh rend W. Doppelfeld in einem kleinen Praktikum fürs Ausgraben (mit den Kapiteln: Tagebuch, Katalog und Vermessung, Fotos und Funde) die Lehren,,Zur Methode der Kölner Domgrabung" zieht. Dann folgt eine Reihe von Spezialartikeln zu einzelnen Kirchen; die meisten wurden von H. Borger geschrieben, wel cher zum Teil eigene Forschungsergebnisse mitteilen kann; Essen, Münster; Essen-Werden, Münster; Mönchen-Gladbach; Quirinsmünster in Neuß und Xanten. Ein langer Bericht in formiert über ,,Archäologie am Aachener Dom", ein weiterer über Kölner und Trierer Kirchen u. a. Besonders interessant erscheint der zweite Abschnitt über exakt ausgegrabene Burgen und Motten (Ringwälle), den ein Artikel über die mittelalterliche Keramik des Rheinlandes und ein zweiterüber Goldscheibenfibelnbeschließen. A. Schmeller

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2