Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Theol. Phil. 208 (CLA IX, Nr. 1354), mit einer Widmung für Bischof Arn (A. EPCS), die für uns deshalb interessant ist, weil der Schaft der Initiale fol. 2r das Ornament des Initial schaftes in St. Peter, Cod. a X 4 (Forstner, Nr. 24, Abb. 4), so ähnlich wiederholt, daß wir an Handgleichheit denken würden. Bezüglich der Darstellung der Entwicklung im 9. Jahrhundert bzw. der Entwicklung des Skriptoriums von St. Peter, wie Forstner wohl zutreffend behauptet, haben wir keine Be denken, ihm zu folgen. Die Wertschätzung der Adalramzeit ist sicherlich nicht zu hoch gegriffen. Es wird dies jeder bestätigen, der die St. Peterer Augustinus-Handschrift Cod. a VIII 29 (Forstner, Nr. 14) in die Hand nimmt oder ebenso die Schwe ster-Handschrift, München, Clm. 15817, welche die gleichen Eigenheiten aufweist. Von der vorzüglichen XJnziale dieser Handschriften führt ein direkter Weg zu den bedeutenden Evangelienhandschriften jener Zeit, von denen nur mehr geringe Reste in Salzburg selbst erhalten geblieben sind. Auch Cod. a VII 4 (Forstner, Nr. 7, Abb. 14), aus der gleichen Tradition, hat in München eine von Forstner nicht erwähnte Parallele im Clm. 15814. In der Verwilderung der Formen schließt sich der Wolfenbütteler Cod. Guelf. 532 aus Helmstedt an. Die Frage nach dem Niedergang der Schreibschule im 9. Jahr hundert ist bislang noch nicht erklärt. Äußere Gründe scheinen nicht gegeben zu sein, wenn wir etwa die Verwüstungen der Normannen im Westen zum Vergleich heranziehen. Der Ungarnsturm könnte erst zwei Generationen später verant wortlich gemacht werden. H. Koller hat unlängst (Jahrb. d. Stadt Linz 1960) bei der Darstellung der parallel laufenden PIntwicklung im Urkundenwesen im bayrischen Raum den Untergang des Romanentums als Erklärung vorgeschlagen, eine Hypothese, welche die Zäsur in der Kontinuität der Spät antike auf die Zeit vor und während der Karolingerepoche auf teilt. Auf das Salzburger Handschriftenmaterial in seiner Gesamtheit angewendet, könnten sich unter diesem Gesichts punkt interessante Ausblicke ergeben. Forstner ist auf diese Problematik nicht eingegangen, vielleicht nicht zuletzt des halb, weil er unter Kenntnis des von B. Bischoff gesammelten Materials dessen Publikation und Auswertung nicht vor greifen wollte. Wir müssen diese Bescheidung anerkennen und würdigen. Ebenso ist die wichtige Frage nach den weiteren ISalzburger Skriptorien, etwa nach einem Nonnenskriptorium auf dem Nonnberg, noch offen. Ob sie außerhalb des Salz burger Materials gelöst werden kann, wird die Zukunft zeigen. Auch unter Berücksichtigung dieser selbstgezogenen Grenzen und Beschränkungen wird die Veröffentlichung die Forschung einen sehr wesentlichen Schritt weiterbringen können, unsere Kenntnis von Salzburger Handschriften der Karolingerzeit ist mindestens auf das Doppelte erweitert worden. Die Genauig keit der Beschreibungen, die vorsichtige Beurteilung der pro blematischen Punkte werden dazu beitragen, den grund legenden Wert der Veröffentlichung zu sichern. K. Holter Otto Homburger: Die illustrierten Handschriften der Burgerbibliothek Bern. Die vorkarolingischen und karolingischen Handschriften. Bern 1962. 182 S., 10 Färb tafeln und 148 Abbildungen Bei den Handschriften der Berner Burgerbibliothek handelt es sich um die Erweiterung einer Humanistenbibliothek, der Bongarsiana (nach Jacques Bongars), deren Kern noch im 16. Jahrhundert im mittleren Frankreich gesammelt wurde und die dann im Elsaß eine bedeutende Vermehrung erfuhr, so daß man bei den Beständen von vornherein an die Gegenden von Orleans, Fleury und Straßburg denken kann. Seit 1632 wird dieser Bücherschatz in Bern aufbewahrt, gehütet, ver mehrt und der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. O. Hombmger ist in dieser Hinsicht den modernsten Prinzipien gefolgt und hat, wie er in der Einleitung betont, auch die oftmals un scheinbaren, aber doch so wichtigen Zierelemente der Initialen in seine Beschreibung aufgenommen. Er hat dadurch wichtige Beiträge in einer Richtung geliefert, die in zunehmendem Maße über eine reine ,,Hilfs"-Wissenschaft hinausgeht. In Österreich hat schon vor Jahren das ,»Verzeichnis der illuminierten Hand schriften Österreichs" in den von H. J. Hermann gearbeiteten Bänden in dieser Hinsicht Vorbildliches geleistet. Der Berner Band verleugnet die fortschreitende Zeit nicht. Das Format ist handlicher geworden, das graphische Bild des Druckes gleichmäßig und gefällig. Damit ist der Band als solcher auch für ein breiteres Publikum ansprechend. Von der wissenschaftlichen Seite her wüßten wir keine Be denken oder Vorbehalte zu äußern. Die 55 Nummern des Kataloges mit 57 Bänden, Teilhandschriften oder Fragmenten sind erschöpfend und unter Berücksichtigung der neuesten Literatur kritisch vorgelegt. Sie sind von einem der besten Kenner der Materie behandelt und bestimmt worden, wobei immer äußerste Vorsicht waltet und eher ein Fragezeichen zu viel als eines zu wenig gesetzt sein wird. Bibliotheks- und Schrift heimat sind selbstverständlich geschieden. In beiden Kate gorien weist etwa je ein Viertel des Bestandes auf Fleury und auf andere Klöster der Loire-Gegend, wobei Micy im Vorder grunde steht. Unter diesen Handschriften befindet sich ein wichtiger Grammatiker-Codex (cod. 207), als frühestes Beispiel ein Eusebius-Hieronymus, Chronicon von 699 (cod. 219), der bedeutende Evangelien-Codex (cod. 348), der auf Theodulf von Orleans weist, welcher in der karolingischen Textgeschichte eine wichtige Rolle spielt, ein Flavius Josephus (cod. 118). Eine andere Handschrift des letztgenannten Textes (cod. 50) wird nach Micy lokalisiert, sie enthält vom Text unabhängige Feder zeichnungen. Weitere Glanzstücke sind die bekannte Touronische Bibel (cod. 3, 4), im Gegensatz zu Koehler an den Anfang der Gruppe Basel, Bern und Zürich gestellt, der bedeutende Physiologus aus Reims (cod. 318) und die berühmte PrudentiusHandschrift (cod. 264) mit reichem Miniaturenschmuck aus der Bodensee-Gegend, wobei sich Homburger weder für St. Gallen noch für Konstanz oder die Reichenau entscheidet. Bei aller Achtung vor diesen hervorragenden Stücken und bei ihrer entsprechenden Einschätzung möchten wir doch darauf hinweisen, wie wichtig uns die schon eingangs erwähnte Tat sache erscheint, daß Homburger daneben, und ohne sie irgend wie geringer zu achten, den kleineren und schwächeren Leistungen und den anscheinend nebensächlichen Dingen, den Ornamenten und Initialformen, stets gründlich nachgegangen ist. Hier stehen wir im höchsten Sinn des Wortes am Anfang neuer Erkenntnisse, nicht nur für die betreffenden Einzel stücke, nicht nur für die Einsicht in ihre Zusammenhänge, sondern auch für weitreichende, ungemein vielfältige Bin dungen. Diese Ergebnisse werden umso klarer und deutlicher, je eingehender man sich mit diesen Problemen beschäftigt. Gerade im Anschluß an die frühen Handschriften von Fleury kann gesagt werden, wie wichtig hier jedes einzelne Beispiel für die Kenntnis der Auseinandersetzung einer bestimmten konti nentalen Tradition mit den insularen Einflüssen ist, von deren

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