neben dem Kopf heben sich die Silhouetten von zwei menschlichen Figuren ab, die in tänzerischer Be wegung nach den Schläfen des Mannes greifen. Das anschließende N ist ganz aus Tierfiguren gebildet, und auch das in das N hineingezogene I ist eine Tierfigur. Die zwei geraden Schäfte des N werden von zwei Fischen gebildet, der eine mit dem Kopf nach unten, der andere mit dem Kopf nach oben, die Schwänze in Form von Blattornamenten. Die blauen Fischkörper sind mit weiß umrandeten, gelb und rot gefleckten Schuppen bedeckt. Den schrägen Ver bindungsstrich zwischen den beiden Schäften des N bildet ein Tier, das am ehesten einem rötlichen Hund gleichsieht, der sich mit der rechten Vordertatze am Fischleib festhält, während er mit seiner schnabel ähnlichen Schnauze einen blauen Vogel in den Schwanz beißt. Dieser Vogel, der den Buchstaben I dar stellt, hat mit der ruderartigen Fortsetzung seines Schwanzes den Hund durchbohrt. Das T ist zur Gänze aus farbigen Spiralbändern gebildet, deren oberer Querteil weggeschnitten ist. Auf dem roten Grund in der Verbreiterung des oberen Schaftteiles steht ein rosafarbenes I. Das darauffolgende U läßt seine linke Hälfte breit ausschwingen. Der gerade und der gebogene Buchstabenteil zeigen auf blauem Grund gelbe Rosetten. Den oberen Abschluß bildet symmetrisches Flecht werk, unten sind die beiden Schäfte wie durch ein Scharnier von ähnlichem Flechtwerk zusammen geschlossen. Dem unteren Teil des Bogenstückes ist ein blaues Ornament aufgesetzt, das in seiner Form an einen Vogelflügel erinnert. Im leeren Raum im Innern des U steht das schmucklose blaue M in Capitalis. Am häufigsten unter den Ziermotiven kommt das Flechtwerk aus farbigen Bändern vor, meist in sym metrischer Anordnung. Es ist das Motiv, welches auch in den anderen Handschriften aus der Hofschule in zahllosen Varianten wiederholt wird. Die ausgesprochene Neigung zur Sj'mmetrie unterscheidet diese Art des Flechtwerkes von früheren und gleichzeitigen Mustern im angelsächsischen Bereich. Auch die fast ausschließliche Verwendung des Motives an den Enden der Buchstaben ist charakteristisch. In insu laren Handschriften und in den wenig jüngeren Handschriften aus St. Gallen erstreckt sich das Flecht werk über den ganzen Buchstabenkörper, der oft nur aus Bändern gebildet wird. Ein weiteres auffälliges Muster ist der perspektivische Mäander. Unter den Werken der Hofschule sind es fünf, in denen das gleiche Motiv verwendet wird: im Godescalc-Evangeliar auf fol. 30r und 30v® - im Dagulf-Psalter auf fol. 25r^ - im Londoner Evangeliar auf fol. 12v und 14r® - im Soissons-Evangeliar auf fol. 7v mrd 11 r® - im Lorscher Evangeliar (Alba Julia) auf p. 23 und 36'. Das Motiv ist in keiner der genannten Handschriften so umfangreich wie hier durchgeführt. Aber die bezeichnenden Einzelheiten sind überall dieselben: der steile perspektivische Einblick von oben, die Betonung der Oberkanten durch weiße Striche, die Musterung des Grundes mit weißen Punkten in Dreieckanordnung. Leider lassen die Abbildungen bei Köhler keinen Vergleich für die Farben zu. Aber das einzige Original, das zum Färb vergleich zur Verfügung steht, der Dagulf-Psalter®, zeigt auch in den Farben eine weitgehende Übereinstimmung. Für die Köpfe in rundem Medaillon haben wir Parallel-Beispiele: im Evangeliar von Abbeville auf fol. 18r, 67r, 102r® - im Londoner Evangeliar auf fol. 72r und 109ri" - im Soissons-Evangeliar auf fol. 82r und 181 r'i - im Lorscher Evangeliar (Alba Julia) auf p. 36^^. Die Silhouetten sind eines der häufigsten Motive in den Werken der Hofschule. Das früheste Werk, in dem sie vorkommen, ist der Dagulf-Psalter (fol. 24v)'®. Die Stellen in anderen Handschriften, an denen sie sich finden, sind so zahlreich, daß sie im einzelnen nicht angeführt werden können. Besonders häufig begegnen sie uns im Soissons-Evangeliar" und im Lorscher Evangeliar^®. Die Schuppenmuster, mit denen die beiden Fischkörper bedeckt sind, kommen in anderen Handsclnlften öfters als Musterung von Säulen oder Kapitellen vor^®. Blattmuster und Rosetten begegnen uns im Soissons-Evangeliar auf fol. 18r". " A. a. O., 84, 88. A. a. O., 105a. A. a. O., 31a. " A. a. O., 68-88. 1'^ A. a. O., 90 ff. 16 A. a. O., lOo, 16d, 31e, 38a, 62rl, 86. " A. a. ()., 86.
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