Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Interpretation durch die zugehörigen Inschriften eindringlich in Erscheinung tritt. Ikonographisch steht diesem im achten Jahrhundert einzigartigen Werk der karolingische Ambe von Concordia am nächsten, dessen fragmentarisch erhaltene Brüstung von Bruna Forlati-Tamaro durch neue Funde ergänzt werden konnte; sein Zentrum bildete in einem kreisförmigen Flechtbandrahmen das Lamm als Kreuzträger, um geben von den gleichfalls in den Ecken angebrachten und von Bandgeflecht eingefaßten Reliefbildern der Evangelistensymbole^®. Während die Bruchstücke aus Concordia von einem schildförmigen, im Grundriß konvexen Ambo stammen, läßt sich die Sigvaldplatte einem anderen, weniger bekannten Typus zuweisen: jenem der ebenen, nicht vorgewölbten Ambobrüstung, der bereits in der frühchrist lichen sowie in der vorromanischen Epoche vorkommt und seine größte Verbreitung an der sakralen Lesebühne des hohen Mittelalters erfährt^". Auch die Maße des Reliefs (77:125 cm), bei denen die nach mittelalterliche Verminderung der Rahmenbreite zu berücksichtigen ist, stimmen zu der ehemaligen Funktion als Brüstungsplatte eines Podestes. Der ursprünglichen Bestimmung des Werkes^^ für die erhöhte, von feierlichen Zeremonien umgebene Lesebrüstung am ,,pulpitum publicum" der Taufkirche entspricht die Sigvaldplatte auch im ausge prägten Charakter ihrer inhaltlichen sowie der formalen Gestaltung, die ihre gesonderte Aufstellung als dominantes und bedeutsames Schmuckwerk eines monumentalen Rahmens geradezu postuliert. Bruna Forlati-Tamaro, GH edifici paleocristiani di Julia Concordia, in: Atti dellTstituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti, CXVII, 1959, 150, Tav. VIII, Fig. 15, Tav. IX, Fig. 16. Doberer (ÖZKD 1962), 88, Arnn. 8. Vgl. über die Sigvaldplatte den Kongreßbericht von Adriano Peroni zum Referat der Autorin „Observations ä propos de l'evolution de Tambon medieval" in Poitiers, L'architecture monastique pendant le haut moyen äge et son decor, in: Studi medievali, 3a Serie, IT, 2, Spoleto 1961, 766. In diesem Zusammenhang gestattet sich die Verfasserin, Frau Prof. Bruna Forlati-Tamaro (Universitä di Padova, Conservatore del Museo archeologico di Venezia) und Herrn Prof. Mario Mirabella-Roberti (Soprintendente alle antichita della Lombardia, Milano) sowie Herrn Prof. Carlo Mutinelli (Direttore del Museo archeologico Nazionale, Cividale) ihren verbindlichsten Dank für die kollegiale Förderung auszusprechen, die ihr eine nähere Untersuchung des Werkes und eine Befragung des 1946 bei der Neu aufstellung mitwirkenden Restaurators ermöglicht hat. Kuet Holtee ZUM ORNAMENT EINES KAROLINGISCHEN PSALTERS IN GÖTTWEIG Die Stiftsbibliothek Göttweig besitzt in ihrem Codex 30 ein Prunkpsalterium, das seit etwa fünfzig Jahren der Schreibschule von St. Gallen zugehörig gilt. Es ist nicht bekannt, auf welchen Wegen nnd seit wann die Handschrift in diese niederösterreichische Stiftsbibliothek gelangt ist. Eine Eintragung des 16. Jahrhunderts mit dem Namen Kunig klärt die Provenienz ebensowenig wie der Einband der gleichen Zeit, bei dessen Anbringung die Blätter etwas knapp beschnitten worden sind. Der Codex umfaßt 247 Blatt Pergament, 352 x 268 mm, und enthält nach einer in canonesbogenartiger Rahmung eingetragenen Litanei, mehreren Gebeten und (ab fol. 14 v) Vorreden ab Blatt 21 r den kommentierten Text des Psalters nach der vom hl. Hieronymus verbesserten Fassung der Septuaginta (vgl. Bl. 20r). Die Handschrift i,st von A. Merton gelegentlich seiner Behandlung der St. Gallener Schreibschulei in die Literatur eingeführt und in die Zeit des Abtes Grimalt (841-872) eingereiht worden. Ein etwas älterer kommentierter Psalter des Skriptoriums von St. Gallen ist noch daselbst erhalten (Sangall. cod. 27)^, weist aber in den Initialen keinerlei Zusammenhänge mit unserer Handschrift auf. Diese ist nicht ganz vollständig, es fehlt je eine Lage nach Bl. 58 nnd 171, enthaltend Ps. 30/10-34/26 und Ps. 105/26-107, von der zweiten ist ein Doppelblatt (Ps. 105/27-41 nnd 107/2-14) bei der Anfertigung des jetzigen Einbandes zwischen Bl. 188 und 191 (Ps. 118/59 und 60) eingebunden worden. Entgegen Merton ist nicht der 12., 22., 32. usw. Psalm durch größere Initialen ausgezeichnet, sondern nach dem ersten jeder zehnte, das heißt, der 11., 21., 31. usw., wobei der 1., 51. und 101. fast seitengroße Initialen besitzen. Die Hand schrift erweist sich damit jener Gruppe von Handschriften zugehörig, die durch die erweiterte Dreier- ' A. Merton, Die Buchmalerei in St. Gallen vom IX. bis zum XI. Jahrhundert, Leipzig 1912, 2. Aufl. 1921, S. 31, Taf. XX. - G. Micheli, L'onluminure du haut moyen äge et les influencos Irlandaises, Brüssel 1939, S. 123. - K. Holter, Das Alte und Neue Testament in der Buchmalerei nördlich der Alpen (La Bibbia nel alto medio evo, Spoleto 1963, S. 438). 2 Merton, 1. c., S. 23, Taf. XI, 1, 2.

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