Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

nur fragmentarisch erhaltenen Reliefs befanden sich damals in derselben Zone des Gesamtaufbaues wie heute. Die gegenwärtige, seit der Rekonstruktion des Taufbeckens bestehende Anordnung (Abb. 214) unterscheidet sich jedoch wesentlich von der vorhergehenden (Abb. 215): bei dieser befand sich die Sigvaldplatte neben einer breiten, zwei Seiten des Oktogons umfassenden Öffnung, die durch den poly gonalen Sockel der Ecksäule unterteilt und um zwei Stufen erhöht war®. Daß es sich hier um kein ein heitliches, sondern um ein zusammengefügtes Denkmal handelt, hat bereits R. Eitelberger im Befund von 1857 festgestellt, der in seiner klaren, durch Quellenstudien und epigraphische Untersuchungen ge stützten Erkenntnis auf dem Gebiet einer kunsthistorisch damals kaum erfaßten Epoche für die Wissen schaftsgeschichte von besonderem Interesse isU. Zur Problematik des vielschichtigen Gebildes, das wir als ,,Calixtus-Baptisterium" zu bezeichnen pflegen, haben die Eorschungen R. Eitelbergers einige Hinweise gegeben, die zur Auswertung der beiden Restau rierungsinschriften beitragen. Die zwei verschieden datierten Inschriften finden sich in der Arkadenzone, an jener nachträglich eingefügten Bogenplatte, welche die sieben reliefierten Arkaden zum Oktogon ergänzt. Im Gegensatz zur heutigen Einfügung der Inschriftplatte (Abb. 214, links oben) oberhalb des mehrteiligen, mit verschiedenen Reliefbrnchstücken besetzten Abschnittes der Brüstung (Abb. 216), der sich gleichfalls über eine Polygonseite erstreckt, befand sie sich ehemals an einer anderen, besonders markanten Stelle: Die Zeichnung aus dem Jahre 1857 zeigt die Arkade mit der bogenförmig begrenzten Inschriftplatte oberhalb jenes Brüstungsteiles, den vor der Rekonstruktion des Tauf brunnens die Sigvald platte einnahm (Abb. 215, rechts). Diese akzentuierende Anordnung geht zunächst auf eine Wieder aufstellung im siebzehnten Jahrhundert zurück, von der eine 1645 datierte Inschrift der Bogenplatte berichtet®. Die Versetzung des Denkmals (... HVC TRANSLATVM...) an seinen vorletzten Standort im Dominneren war durch den Abbruch der nachmittelalterlichen Taufkapelle bedingt, die ihm von 1463 bis 1631 als Anfstellungsort diente und dann dem Neubau des bestehenden Campanile weichen mußte®. Bei dieser Übertragung handelt es sich keineswegs um den ersten Eingriff m den originalen Bestand. Die Inschrift von 1645 ist als Fortsetzung (ET DENVO...) einer älteren, 1463 datierten, abgefaßt, die sich am oberen, friesartigen Abschluß der nachträglich eingefügten Bogenplatte befindet: MIIIILXIII PVIT REHEDIFICATVM HOC BABTISTERIVM. Die Frage, ob die Sigvaldplatte bereits 1463 oder erst 1645 mit dem ,,Calixtus-Baptisterium" vereinigt wurde, läßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit zugunsten des früheren Datums beantworten. Im Jahre 1448 hatte ein Erdbeben die Baudenkmäler im Dombezirk von Cividale schwer beschädigt und im fol genden Jahr den Beschluß zum Neubau des Domes nach sich gezogen, der 1453 begonnen wurde und zum Abbruch des frühmittelalterlichen Baptisteriums führteDer 1463 bezeugten Aufstellung des Denkmals in der ,,...ecclesia nova S. Johannis Baptistae"^^ war also eine mehrere Jahre dauernde Verwahrung diverser, von den abgebrochenen Gebäuden stammender Werkstücke vorangegangen, unter denen sich offenbar auch die Sigvaldplatte befunden hatte. Der Gedanke, sie gemeinsam mit ähnlichen Reliefsteinen zum Schmuck des polygonalen Taufbaldachins zu verwenden, mag durch die damaligen Umstände des Abbruchs und der Deponierung angeregt worden sein; jedenfalls haben wir ihm die Erhaltung eines Hauptwerkes der vorromanischen Plastik zu verdanken. Bei der nachmittelalterlichen Verwendung der Sigvaldplatte wird ihr eine Rolle zugewiesen, die in der Funktion und im Erscheinungsbild charakteri stisch genug ist, um eine zeitliche Einordnung dieses Vorgangs nach dem stilistisch bedingten Habitus zu » Diesen Zustand zeigt noch die photographische Aufnahme des ..Calixtus-Baptisteriums" bei E. Schaffran (1941), Taf. 29b, sowie jene der Sigvaldplatte bei A. Haseloff (1930), Taf. 46. Vgl. auch die Beschi-eibungen von C. Cecchelli (Mein. Stor. Forog., 1919), 73, sowie bei G. Vitzthum—W. F. Volbach, Die Malerei und Plastik des Mittelalters in Italien, Handbuch d. Kunstwiss., Wildpark-Potsdam 1924, 68, Abb. 40; C. Cecchelli (Cividale, 1943), 27-64. ^ R. Eitelberger bemerkt in seinem 1857 verfaßten Beitrag zu dem sogen. Baptisterium des Calixtus: ,,Das Baptisterium hat gegenwärtig Bestandtheile aus den verschiedensten Zeiten an sich und kann nur in seiner Totalität als das Bild des alten Bapti steriums betrachtet werden. .So sind der Eingang und einige »Seitenwände an dem unteren Theile aus der letzten Restauration. Bei dieser wurden zusammengehörige Theile getrennt, verschiedenartige unter eine Form gebracht. Doch sind unter den unteren Theilen viele sehr interessante Fragmente erhalten." Jahrb. d. Z. K., II, 1857, 239. ® Die Einleitung der Inschrift lautet: et denvo e saobakio deieoto hvc tran.slatvm anno dni mdcxlv. Die vollständige In schrift s. bei R. Eitelberger (Jahrb. d. Z. K., II, 1857), 239. " R. Eitelberger (Jahrb. d. Z. K., II, 1857), 242; C. Cecchelli (Mem. Stor. Forog., 1919), 58-60. " Antonino Santangelo,Cividale, Catalogodellecosed'arteedlantichitädTtalia, Roma 1936, 15; Marioni-Mutinelli (1958), 266-270. R. Eitelberger (Jahrb. d. Z. K., II, 1857), 240, Anm. 1; C. Cecchelli (Mern. Stor. Forog., 1919), 59, n. 2.

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