Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

aber der Kern, der größte Teil des Mittelschiffes. Die einschiffige Kirche entstand durch Abmauern der Arkaden und Anfügen sowohl einer Chorpartie als auch einer neuen Westmauer. Der Chor wurde inner halb des gotischen freigelegt, die Westmauer ist heute verschwunden, gleich der vorangehenden. Trorzdem steht der Grundriß fest. Ungewöhnlich, aber bedingt durch die Benützung des früheren Chors ist das Verhältnis von Länge und Breite, beinahe 3:1. Ungewöhnlich sind die Nischen, die wohl auch die Westmauer geschmückt haben. Ihr System ist zwischen dieser Mauer und dem ersten Pfeilerpaar gestört. In den Langmauern setzen alle Nischen 60 cm über dem Fußboden ein, die der Chorwand reichen bis zum Boden hinab. Ob die mittlere Chornische runden oder rechteckigen Grundriß hatte, ist unent schieden. Die alten Steinpfeiler verursachten Intervalle zwischen den Nischengruppen. Der Meister hat die Rundform den vorderen vorbehalten und dadurch den Chor deutlich gekennzeichnet. Auf der Höhe des vorderen Pfeilerpaares haben einst Schranken mit Flechtbandmuster, gearbeitet aus Kärntner Marmor, den Chor abgeschlossen. Ihre Unterlagen sind nicht mehr vorhanden, wohl aber die des Epistelund Evangelienpultes bzw. zweier Kredenztische. Der Altar ist eher vor als in der mittleren Chornische zu denken. Diese Kirche hat bis ins 13. Jahrhundert den Linzern als Pfarrkirche gedient. Ist sie ob der Kleinheit, und weil sie auf einen Teil der älteren eingeschränkt wurde, ein Notbau? An den Kirchen des Südens ist öfter zu beobachten, daß am Ende des Altertums oder im Mittelalter frühchristhche Großbauten auf das Mittel oder Querschiff eingeengt wurden. Der Grund war jeweils Niedergang nach Katastrophen. Hier mag teil weise Beschädigung der Anlaß zum Umbau gewesen sein, aber es wurde nicht roh das Mittelschiff abge mauert und ärmlich einem Notstande abgeholfen, sondern eine ganz andere und gar nicht einfache neue Bauform gewählt. Die Nischen haben keine konstruktive Bedeutung, sondern sind ein Zierelement, ge schaffen, um die Wandgliederung eindrucksvoll zu gestalten. Schwierigkeiten bereitet die Umschau nach Vorbildern. Die drei Nischen mit betonter mittlerer bilden in dreischiffigen Kirchen die Regel, in ein schiffigen dürfen sie als übertragen gelten. Für die Nischen der Langmauem wäre auf die gleichzeitigen Kirchen der kroatischen Fürsten in Dalmatien zu verweisen, zumal auf jene, in denen Nischen erst im Abstand vom Boden angeordnet sind®. 3 E. Dyggve, Hi.stoiy of Salonitaii christianity, Oslo-Leipzig 1951, S. 123ff. Erika Dobeeeb ZUR HERKUNFT DER SIGVALDPLATTE In der dekorativen Skulptur des Frühmittelalters findet sich unter jenen verzierten Steinplatten, die offenbar der ehemaligen Einrichtung kirchlicher Gebäude entstammen, nur selten ein Relief mit figuralen Darstellungen. Ein besonders markantes Werk dieser Art, das außerdem charakteristische Elemente des verbreiteten ornamentalen Schmuckes aufweist, hat sich im Dombezirk von Cividale, in Verbindung mit dem sogenannten ,,Baptisterium des Calixtus", erhalten, das heute im Museo Cristiano aufgestellt ist: die bekannte Marmorplatte mit dem Relief der vier Evangelistensymbole (Abb. 213) und der Inschrift des Patriarchen Sigvald (762-787), der für die langobardische Residenz in Cividale als Nachfolger des inschriftlich am ,,Baptisterium" genannten Patriarchen Calixtus vou Bedeutung isth An dem 1946 re konstruierten Tauf brunnen nimmt die Sigvaldplatte eine Seite des Oktogons ein, dessen Brüstung dem baldachiuartigen Aufbau als Sockel dient (Abb. 214). Von den acht Arkaden des Polygons zeigen sieben Bogenplatten ornamentale Reliefs und oben einen umlaufenden Inschriftfries mit dem Namen des Patriarchen Calixtus, während die achte Bogenplatte nachträglich eingefügt ist und nur zwei spätere Inschriften aufweist®. Die Sockelzone enthält außer der Sigvaldplatte noch andere Werkstücke des achten Jahrhunderts (Abb. 216), die sich jedoch stilistisch von ihr unterscheiden und im Gegensatz zu 1 Carlo Cecchelll, I monumenti del Friuli dal secolo IV all'XI, Mailand-Rom 1943, 36-38, 58 n. 61, 77; Rio Paschini, Breve storia del patriarcato di Aquileia, in: La basilica di Aquileia, Bologna 1933, 15-16; Antonio Rieppi, II Cammino dei Longobardi e ricordi del loro dominio in Cividale, Ila ed., Cividale 1961, 27, 40; Heinrich Schmidinger, Patriarch und Landesherr, Die weltliche Herr schaft der Patriarchen von Aquileja bis zum Ende der Staufer, Publ. des Österr. Kulturinstituts in Rom, I, 1, Graz-Köln 1954, 23. 2 Carlo Ceccheih, Arte barbarica oividalese II, in: Meinorie Storiche Forogiuliesi, XV,. 1919, 55-99; G. Marioni-C. Mutinelli, Guida storico-artistica di Cividale, XJdine 1958, 332—352, Fig. 126—133; Rudolf Kautzsch, Die langobardische Schmuckkunst in Ober italien, in: Röm. Jahrb. für Kunstgesch., V, 1941, 9-11, Abb. 7, 8.

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