Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

„Häupten" ein Schildbuckel mit Auflagen aus Silberbändern. In einem Gräbclien entlang dem Südrande der Gruft fand sich eine Lanzenspitze von über einem halben Meter Länge. Die Toten in beiden Grüften waren in Gewänder gekleidet gewesen, die offenbar mit Borten besetzt waren, deren Golddrahtdurchwirkung wir noch bergen konnten. Über das Alter des Mannes in Gruft I läßt sich naturgemäß nichts aussagen, der Tote in Gruft II war nach unserer vorläufigen Bestimmung ein älterer Maniff. Die Lokaltradition in Pfaffenhofen will es, daß etwa einen Meter südlich dieser Bestattungen - die heutige Kirche wurde 1310 um etwa zweieinhalb Meter nach Süden verbreitert - die Gräber der ,,IIörtenberger" liegen sollen. Ein solches Geschlecht, dessen Name nach der Burg Hörtenberg über Pfaffenhofen - im 13. Jahrhundert Mittelpunkt der gleichnamigen Grafschaft, später des Gerichtes - gebildet wurde, ist uns im Hochmittelalter nicht überliefert. Die letzten und einzigen urkundlich überlieferten Inhaber dieses Besit zes waren die Grafen von Eschenlohe, die ihn im 13. Jahrhundert an die Grafen von Tirol verkauften. Da wir dort keine entsprechenden Gräber antrafen, kann sich diese Tradition nur auf die beiden besprochenen Gräber beziehen und ist offenbar mit dem Hinausrücken der Südmauer der Kirche räumlich unwesentlich gewandert. Ein bemerkenswerter Fall einer eineinviertel Jahrtausende lebendigen Tradition! Diese beiden Gräber lagen an der Südmauer der frühmittelalterlichen Kirche, an deren rechter Seite, wenn man zum Altar blickt, also an der Männerseite. Auch an der Nordmauer der Kirche, also der linken, der Frauenseite, kam ein frühes Grab ans Licht. Da dieses teilweise unter einem Pfeiler des gotischen Baues lag und bei Fortführung der Arbeiten Einsturzgefahr bestanden hätte, konnte es nur vom Kopf bis zu den Knien geborgen werden, es dürfte beigabenlos gewesen sein; offenbar handelt es sich um ein weibliches Familienmitglied der Sippe, die zunächst ihre Toten in dem erwähnten Reihengräberfeld be stattet hat, mit dem Stifter der frühmittelalterlichen Kirche oder besser mit dem Wiedererbauer des Gotteshauses und semem unmittelbaren Nachfolger aber zur Bestattung am geweihten Ort überging. Nach dem Reichtum der Gruft I in der Kirche, der wohl auch für die geplünderte Gruft II vorauszusetzen ist und dem zumindest ein etwas älteres Grab des Reihengräberfeldes zu entsprechen scheint, könnten wir hier die Familie jener bayerischen Grafen vor uns haben, die als erste die spätere Grafschaft Hörten berg innehatten. Zunächst liegt Pfaffenhofen etwa im geographischen Mittelpunkt der „-ing"-Namen von Hötting bis Haiming, also in jenem Siedlungsraum, dessen Ortsnamen schon früh das Interesse der Forschung erregt haben®. Wichtiger dürfte aber sein, daß es in jenem Gebiet liegt, das bereits in frühen Freisinger Urkunden genannt wird, so in der ersten Urkunde, die sich überhaupt auf Tirol beziehen läßt, der Scharnitzer Klostergründung und Schenkung des Huosi Reginperht, seiner Mutter, seines Bruders und einiger Verwandter, in der 763 Besitz in den Orten Polling und Flauerling im Gau ,,Vallenensium" (=Inntalgau) und in Imst (in opido Humiste) dem neugegründeten Kloster übereignet wird. Der Solln von Reginperhts Bruder, Lantfrid, entzieht später dem inzwischen nach Schlehdorf verlegten Kloster wiederum diesen Besitz, muß ihn aber 802 restituieren. Inzwischen hat ein anderer Verwandter, Gaio, 799 Besitz im Gau Poapintal zu Oberhofen und Zirl an das Kloster geschenkt, wobei er sich bei der Über eignung anderen, in Bayern gelegenen Besitzes auf eine Erbschaft von Seiten eines Otilo bezieht, der als Verwandter Reginperhts an der Schenkung von 763 beteiligt war. Der Vater Gaios, Poapo, und jener Reginperhts, Scatto, waren Brüder. Die Bezeichnung Poapintal — vermutlich ist darunter die spätere Grafschaft Hörtenberg zu verstehen - geht jedoch wahrscheinlich nicht auf diesen Poapo, der 765 Besitz in Bayern an Freising schenkt, zurück, sondern wohl auf einen Vorfahren, da nach den bei den Bayern für die Namensgebung üblichen Gebräuchen die Namen bedeutender Vorfahren etwa in jeder zweiten Generation wiederaufgenommen werden®. Pfaffenhofen selbst, dessen Name keineswegs mit den Poaponen in Verbindung gebracht werden kann, sondern vielmehr auf das romanische Papa, Geistlicher, zurück zuführen ist, hat bis ins späte 18. Jahrhundert mit Oberhofen eine Gemeinde gebildet. Aber auch mit Flauerling verbinden Pfaffenhofen enge Beziehungen. Das heutige Dekanat Telfs hieß ursprünglich Dekanat Pfaffenhofen-Flauerling, wobei der Sitz des Dekans oder Pfarrers in Flauerling, die Dekanats- ^ Zur Datierung und sozialen Interpretation siehe jetzt auch: Frauke Stein, Auszug aus Adelsgräbern des achten Jahrhunderts im rechtsrheinischen Deutschland, München 1961. ^ Richard Hellberger, Rätien im Altertum und Frühmittelalter, in: Schlern-Schriften, 20, Innsbruck 1932. ^ Friedrich Prinz, Herzog und Adel im agilulfischen Bayern, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, 25, 1962, S. 283—311.— Theodor Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, 1. Bd. (744—926), München 1905, Urkunden Nr. 19, 23, 142, 177, 184-187.

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