Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

ÖSTERREICHISCHE ZEITSCHRIFT FÜR KUNST UND DENKMALPFLEGE (Jahrgang l/1947-V/1951 ist als „Österreichische Zeitschrift für Denkmalpfiege" erschienen) In Nachfolge der einstigen „iYiitteilungen der Zentralkommission für DenkmalpHege m ·wien" Herausgeber: Österreichisches Bundesdenkmalamt Redakteure: Walter Frodl und Otto Demus XVII. JAHRGANG 1963 / HEFT 4 INHALT ALFRED NEUi\IANN: Zu dem frühgeschichtlichen Gräberfeld in Wien X[Il. Unter St. Veit / ÜSi\'IUND MBNGHIN: Früh mittelalterliche K irche mit Begräbnisplatz in Pfaffenhofen, Ti rol / HERBJfü'l' lVlrTSCHA-M.Äm-rnnvr: Bodenzeichen auf spätrömischen Tongefäßen aus Mautern. N.Ö. / H1m1VIANN \TJ~TTERS: Zur Spätzeit des Lagers Camuntum / RUDOLF EGGER: Die altchristliche Kirche unter der J_,a,urc11tiuskapclle von Imst, / Runou' EGGER: Die l\fortin,;kirche in Linz / ERIKA DoBEREH.: Zur Herkunft <lcr Sigvaldplatte / KURT HOLT.ER: Zum Ornament eines karolingischen Psalters in Göttweig / FRANZ UN'l'ERKIRCHER: Fragment eines EYangeliars aus der Hofi,chule Karls des Grnßen / H. FLLLI'l'Z: Zum sogenannten Rupcrtuskreuz aus Bischofshofen / Buchbesprechungen / Gian Piero Bognetti i" / Richard Kurt Donin t / Ernst H. Buschbeck ·1· 'l 'i telbi/,1: Rupel'tusk,·ouz aus Bischof'sl1of'c11, Ausscl111in aus de111 u11tcre11 I<reuzarm (ßD_.\, l. ::itrcmpol) Die Zeitschrift erscheint jährlich in 4 Heften Es wird gebeten, Einsendungen an die Redaktion der Zeitschrift im Bundesdenkmalamt, \iVien I, Hofburg, Schweizerhof, Säulenstiege, zu richten Bezugspreis: Jährlich 4 Hefte S 90.-, Einzelheft S 25.-. Anzeigenannahme durch den Verlag Printed in Austria VERLAG VON ANTON SCHROLL&CO.INWIEN

* Ä r „ M s 1 ; 200 ^ """ Osrtolewihifl. 28 ttng In ditter AkMung.>om Oftjtkt 17 ag« gtmtssin. cea IsO m, 179. Lageplan zu dem frühgeschichtlichen Gräberfeld in Wien XIII, Unter St. Veit (G. V. Mazanetz) Alfbed Nbumann ZU DEM PRÜHGESCHICHTLICHEN GRÄBERFELD IN WIEN XIII, UNTER ST. VEIT Den früligeschichtlichen Friedhof in Unter St. Veit behandelte zuletzt H.. Mitscha-Märheim in der Archaeologia Austriaca^. Dabei wurde auch auf die Freilegung von zwei dazugehörigen Gräbern in der Spohrstraße 1957 verwiesen. Diese Arbeit, die von der Ur- und frühgeschichtlichen Abteilung des Histo rischen Museums der Stadt Wien durchgeführt wurde^, fällt aber schon in das Jahr 1956. Am 7. Juni dieses Jahres wurde von einer Baugesellschaft der Fund von zwei Skeletten gemeldet, die bei der Grund aushebung für das Haus Nr. 17 einer Wohnhausanlage zwischen der Spohrstraße und der Dostojewski gasse zum Vorschein kamen. Die Gräber befanden sich an der West- (G^) und an der Ostseite (Gj) der Ausschachtung (Abb. 179) und waren, da sie vom Bagger angeschnitten wurden, stark zerstört. Das heißt, von G^ fehlte der Kopf, der rechte Oberarm und ein Teil des Brustkorbes (Abb. 180), von Gj waren bloß noch Teile der Schädeldecke und der Unterkiefer mit einem Zahn vorhanden. Noch an einer dritten Stelle, und zwar an der Ostseite der Erdaushebung (Abb. 179), ist wegen der Verfärbung im Boden ein weiteres Grab (Gg) anzunehmen. Alle drei Gräber, deren Lage und Entfernung voneinander aus Abb. 179 zu ersehen sind, waren von Osten nach Westen und zueinander parallel ausgerichtet. Bei G^, das ungefähr 1,30 m tief im sandigen Lehm lag, konnten noch folgende Beigaben festgestellt und geborgen werden: 1. Topf, rotbraun, grobtonig, graubraunweißer Bruch, gekanteter Rand, schwach ausgebildeter Hals, steil abfallende Schulter, normal gewölbter Bauch, flach konischer Abfall der Wand zum Boden, die oberhalb desselben eingezogen ist. Schulter und Bauch sind mit vier mehrzeiligen, anomalen, unregelmäßigen und umlaulenden Wellenbändern verziert. Freihandarbeit, H: 15-16,5 cm, Mdm: 10,9-11,2 cm, Badm: 14-15 cm, Bdm: 7,5-7,8 cm (Abb. 183) 2. Rasiermesser, Eisen, halbrund, L: 7,5 cm, B: 2 cm (Abb. 181 d) 3. Messer, Eisen, einschneidig, mit kurzer Griffangel, L: 20 cm (Abb. 181 e) 4. Schnalle, Eisen, rechteckförmig, L: 3 cm, B: 2,8 cm (Abb. 181 b) 5. Feuerschlageisen, Eisen, L: 8 cm, B: 3 cm (Abb. 181 a) 6. Schnalle, Bronze, halbrund, L: 3 cm, B: 2,5 cm (Abb. 181 c) iBd. 28, 1960, S. 50ff. ^ ^ 2 Die technische Aufnahme sowie das Photo Abb. 180 sind dem Grabungstechniker und Restaurator Herrn Gustav Viktor Mazanetz zu verdanken. 1 Denkmalpflege

J m ■ ■ 1 so. Wien XIII, Unter St.Veit, frühgeschiehtliche.s Gräber feld. Grab 1 an der Westseite des Hauses Nr. 17 zwischen Spohrgasse und Dostojewski gasse (G. V. Mazanetz) Dazu ist zu bemerken, daß 1 zu Füßen, 2 beim linken und 3 beim rechten Oberschenkel, 4 und 6 in der Becken mitte und 5 beim linken Oberschenkel des Skelettes lagen. Ferner ist noch zu erwähnen, daß sich auf dem Topf (Abb. 183) der Schädel eines Tieres und neben dem linken Schienbein ebenfalls Tiei'knochen befanden. Gg wurde durch eine stellenweise über 1 m tiefe Grube gebildet; von ihm war beim ersten Augenschein außer den bereits angeführten Resten nichts mehr vorhanden. Als einzige Beigabe konnte bloß ein Topf (Abb. 182) festgestellt werden. 181. Wien xm. Unter St. Veit, frühgeschichtliches Gräberfeld. Grab beigaben aus Grab 1: a) Feuerschlageisen, b) Schnalle aus Eisen, c) Schnalle aus Bronze, d) Rasiermesser aus Eisen, e) einschneidiges Messer aus Eisen mit kurzer Griffangel (Lichtbild stelle Alpeiiland)

182, 183. Wien XllI, Unter St. Veit, frühgesohichtliohes Gräberfeld. Oben: Topf aus Grab 2; rechts: Topf aus Grab 1 (Lichtbildstelle Alpenland) ffWiiialttSi? Er ist dunkelgrau, feintonig und poliert; der Rand gerundet, der Hals mäßig hoch, leicht eingeschnürt und sein unteres Ende durch eine umlaufende Rundleiste betont. Die Schulter, die durch drei anomale, dreizeilige, unregelmäßige, durch je ein dreizeiliges Rillenband voneinander getrennte Wellenbänder verziert ist, verbreitert sich bis zum scharfen Bauchknick; von da an fällt die Gefäßwand zunächst steil, dann flach konisch zum verhältnismäßig großen Boden ab. Drehsoheibenarbeit. H: 11cm, Mdm: 9,5 cm, Badm: 13 cm, Bdm: 7,5-7,7 cm. In diesen Zusammenhang gehört ferner ein Grab, das auf dem Grundstück Dostojewskigasse 28 gefunden wurde und dessen Skelettreste mit den Beigaben am 4. Oktober 1955 dem Österreichischen Archäolo gischen Institut und von diesem dem Verfasser übergeben wurden. Das Grab befand sich nach Angabe des Finders, Herrn Krejci, 1,5 m tief im Erdreich. Die Knochen sind teils menschlicher, teils tierischer Herkunft. An Beigaben sind zu verzeichnen: 1. Topf, rotbraun, abgerundeter Rand, mäßig hoher, leicht eingeschnürter Hals, stark ausladende Schulter, steil konischer, nach außen geschwungener Abfall der Wand zum verhältnismäßig großen Boden mit unregelmäßiger, kreisringföimigei Eintiefung. H: 8,5-9 cm, Mdm: 8,7-9,2 cm, Badm: 11 cm, Bdm: 7,2-7,5 cm 2. Stein, rötlichgelb, glatt, doppelkugelzonenförmig, B: 7,5 cm, D: 3,5 cm Dieses Grab und G^ der Spohrstraße sind weitere Belege des awarenzeitlichen Friedhofes von Unter St. Veit, der seit 1860 bekannr ist^. Was das Grab Gg der Spohrstraße betrifft, so wies Mitscha-Märheim^ auf dessen haierische Herkunft hin. Die Beigaben aber, die er anführt, gehören zu Gj^ und nicht zu Gj. Dieser irrigen Auffassung ist Mitscha-Märheim offenbar auch in seiner kurzen Mitteilung ,,Zum baierischen Grabfund von Unter St. Veif'b Ich kenne die zum Teil noch unveröffentlichten Parallelfunde aus dem Raum um Kehlheim, auf die Mitscha-Märheim in dieser PublikationS hinweist, nicht, doch kann m. E. weder bei Gj auf Grund des baierischen Topfes allein noch bei Gj^ auf Grund der Beigaben auf ein baierisches Grab geschlossen, geschweige denn eine verläßliche Datierung gegeben werden. Auf die awarischbaierischen Wechselbeziehungen wies Mitscha-Märheim in Archaeologia Austriaca' hin. Der haierische Topf von Gg steht dem von H. Ladenbauer-Orel in ,,Linz-Zizlau, Das haierische Gräberfeld an der Traunmündung"® (aus Grab 62) veröffentlichten nahe, ohne daß dadurch der Wiener Topf datiert werden kann. ^ Mitscha-Märheim, a. a. O., S. 55. « A. a. O., 8. 54. ® Archaeologia Austriaca 30, 1961, 8. 153. ® Archaeologia Austriaca 30, 1961, 8. 153. ' 4, 1949, 8. 125ff. 8 Wien 1960, 8. 39 und Taf. 43.

spolanlii» fnjhniilteloUtfUche Ariane m Anlüge m\ unbest. ZataUllung I I Jweiler Boden Osmund Menghin 184. Pfaffenhofen, Pfarrkirche. Grabung 1961 (G. Kaltenhauser) FRÜHMITTELALTERLICHE KIRCHE MIT BEGRÄBNISPLATZ IN PEAEEENHOFEN, TIROL In den Jahren 1949 bis 1952 hatte ich Gelegenheit, etwa 30 m südlich der Pfarrkirche von Pfaffenhofen (bei Telfs im Oberinntal) dreißig Gräber eines Friedhofes des 7. Jahrhunderts n. Chr. zu bergen^, was zur Vermutung Anlaß gab, daß sich unter der jetzigen Kirche ein dem Gräberfeld gleichzeitiger älterer Kirchenbau finden lassen müsse. Als daher durch den Direktor des Tiroler Landesarchivs, Dr. Hans Bach mann, der Wunsch an mich herangetragen wurde, eine frühmittelalterliche Eigenkirche in einer Grabung zur Unterstützung seiner eigenen Forschungen zu untersuchen, und gleichzeitig eine gründliche Restau rierung der Pfaffenhofener Kirche begonnen wurde, habe ich mich unter Hintansetzung anderer, schon im 8. Jahrhundert urkundlich genannter Kirchen dafür entschieden, an diesem, durch bereits gehobene Bodenfunde vorbezeichneten Platz den Spaten anzusetzen. Die Grabung erfreute sich der Unterstützung durch das Bundesdenkmalamt, das in Person von Frau Dr. Johanna Gritsch, Landeskonservator von Tirol, und von Dipl.-Ing. Josef Menardi unmittelbaren Anteil an den Arbeiten nahm. Zu Dank ver pflichtet sind wir auch der Gemeinde Pfaffenhofen mit Bürgermeister Karl Waldhart an der Spitze, der uns in zahlreichen Schwierigkeiten helfend zur Seite stand, und der Lehrerfamilie Koch, zuverlässigen Freunden der Tiroler Landesforschung. Die unmittelbare lokale Grabungsleitung besorgten zwei Dissertanten des Innsbrucker Instituts für Vor- und Frühgeschichte, Herr Gerhard Kaltenhauser, der auch für die Profilaufnahmen verantwortlich zeichnete, und Frau Dr. Lieselotte Plank vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, die u. a. die Präparation der freibleibenden Mauerteile usw. übernahm. Herr Kaltenhauser wird auch das Grabungsergebnis publizieren, während Dr. Plank die Gräberfunde im Rahmen einer größeren Arbeit behandeln wird. Zeitweise half dankenswerterweise Herr Josef Oberhammer aus Inns bruck bei diffizilen Freilegungsarbeiten mit. In technischer Hinsicht erwies sich die Grabung als ungewöhnlich schwierig, da einerseits unvorher gesehenerweise die Kirche bei Grabungsbeginn innen bereits eingerüstet war und das Gerüst erst im End stadium der Grabung entfernt werden konnte, und andererseits die lokalen kirchlichen Stellen beständig und immer nachdrücklicher auf einen baldigen Abschluß der Untersuchungen drängten, so daß es uns auch nicht möglich war, den gesamten Innenraum der Kirche auszugraben. Der heutige Kirchenbau besteht aus einem 1310 (erste urkundliche Erwähnung von Kirche und Ort Pfaffenhofen) fertiggestellten gotischen Langhaus, das 1743 nach Westen verlängert und barockisiert 1 Nachi-ichtenblatt f. d. Österr. Ur- mid Prühgeschiohtsforsohung, 1, 1952, iS. 19ff.

, w 185. Pfaffenhofen, Pfarrkirche. Priesterbank mit herausgearbeitetem dreifachem Bodeiiniveau, Trittstufe und erhöhter Mittelstufe, die im Gegensatz zur westlichen Trittstufe stark abgetreten ist (Landesregierungsarchiv für Tirol) wurde, und einem einseitig eingezogenen, 1414 geweihten zweijochigen Chor (Abb. 184). Das an das Langhaus anschließende Joch des Chors ist sowohl diesem wie a\ich der Chorapside gegenüber um ein Geringes aus dem Winkel, was Anlaß war, hier mit der Grabung zu beginnen. Unter dem Natursteinboden, der seit dem vergangenen Jahrhundert in der Kirche liegt, konnten wir den Boden der Barockisierung, unter diesem den Boden des gotischen Baues und vier ältere Böden fest stellen. Leiderwaren sie alle durch zahlreiche Bestattungen, vor allem des 17. und 18. Jahrhunderts, vielfach durchschlagen, teilweise offenbar auch sonst beschädigt und konnten daher nicht überall durch gehend verfolgt werden. Es scheint jedoch, daß anläßlich der Gotisierung der Kirche der Boden tiefer gelegt wurde, so daß uns die eigentlich hochmittelalterlichen Böden fehlen dürften. Der älteste Fußboden liegt nur 1 m unter dem heutigen Bodenniveau; seine Datierung ergibt sich daraus, daß sich mit ihm im Verband eine halbkreisförmige freistehende Priesterbank fand, von der allerdings nur der Unterteil mit der Trittstufe erhalten ist, zwei Steinlagen höher wurde sie offenbar bei der Tieferlegung des Bodens gekappt. In der Mitte der Trittstufe befindet sich eine erhöhte Einzelstufe, die im Gegensatz zur übrigen Stufe stark abgetreten ist (Abb. 185). Sie ist zweifellos als Hinweis auf das ursprüngliche Vorhandensein eines erhöhten Mittelsitzes anzusehen, der nach den von der Kärntner Forschung tmd anderwärts bei gebrachten Analogien gemeinhin als Kathedra oder Bischofssitz interpretiert wird^. Unserer Meinung nach trifft diese Interpretation, der wir uns zunächst auch angeschlossen hatten, für Pfaffenhofen und einige andere Fälle nicht zu®, wie es andererseits auch erwiesene Bischofskirchen gibt, denen eine solche Finrichtmig mangelt. Die Datierung ergibt sich aus den Parallelen in Binnen-Noricum und am caput Adriae sowie aus allgemeinen historischen Vorstellungen: frühestens kommt die Zeit um 500 n. Clxr. in Frage, wahrscheinlicher ist das fortgeschrittene 6. Jahrhundert. Die Priesterbank trägt drei Verputzschichten, die jeweils mit einem der drei untersten Bodenniveaus in Verbindung stehen (Abb. 185). Ungefähr 3 m westlich der Enden der Priesterbank fand sich eine niedere ^ Rudolf Egger, Frühchristliche Kirchenbauten im südlichen Noricum. Sonderschrift d. Österr. Archäol. Inst., IX, Wien 1916. — Rudolf Noll, Frühes Christentum in Österreich, Wien 1954. — Hans Dolenz, Die frühchristliche Kirche von Laubendorf am Millstätter See, in: Carinthia I, 152, 1962, S. 38-64. - Ejnar Dyggvc, Über die freistehende Klorusbank. Beiträge zur Geschichte des Borna. Festsclmft f. Rudolf Egger, I, Klagenfurt 1952, S. 41-52. ^ Ekkart Sauser, Zur Entdeckung einer frühchristlichen Bischofskirche in Pfaffenhofen bei Innsbruck, in: Christliche Kunst blätter, 99, 1961, S. 142f.

•c, - . ' "®* ' J r/^ %'k 186. Pfaffenhofen, Pfarrkirche. Apsismauer der frühmittel- 187. Pfaffenhofen, Gruft II, von Westen nach Osten gesehen, alterlichen Kirche; links: durch die Apsismauer ge.störte spät- Im Gruftboden sind Abdrücke der Totenlade zu erkennen antike Bestattungen (Landesregierungsarchiv für Tirol) (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Dr. L. Plank) Mauer als Abschluß des Presbyteriums, vor ihr senkte sich der Boden um eine Stufe; da ihre Baugrube in den untersten Boden eingriff (siehe Profil auf Abb. 184), gehört sie einer jüngeren Bauphase an. Diese Mauer war an der Südseite von der Baugrube der frühmittelalterlichen Seitenmauer der Kirche durch schlagen. Der vermutliche Altarplatz war durch barocke Gräber gestört, so daß keine sicheren Spuren eines anzunehmenden Heiligengrabes festgestellt werden konnten. Östlich der Priesterbank konnte eine Abschlußmauer des spätantiken Kirchenbaues nicht gefunden werden, offenbar wurde diese anläßlich des frühmittelalterlichen Baues zur Gänze abgerissen, ihre Spuren durch neuzeitliche Bestattungen zer stört. Beigabenlose Skelettgräber, die unmittelbar nach Osten anschließen, durch die Apsis der früh mittelalterlichen Kirche überbaut bzw. geschnitten wurden und daher der Spätantike angehören müssen (Abb. 186), geben jedoch durch ihre Ausrichtung den ungefähren Verlauf der einstigen Abschlußmauer an, die etwa 1,5 m hinter der Priesterbank angenommen werden darf. Nenn Meter westlich der Presbyteriumsmauer wurde eine Mauer angeschnitten, die wie jene durch die Südmaner der frühmittelalterlichen Kirche geschnitten wird. Fraglich bleiben muß aber, ob diese Mauer den Westabschluß der spätantiken Kirche vorstellt, oder ob nicht eher ein weiterer Raum gegen Westen anzunehmen ist. Einen Meter west lich dieser Mauer fand sich die westliche Abschlnßmaner des gotischen Langhauses von 1310, die auf dem Fundament der frühmittelalterlichen Kirche aufbaut. Die Breite der spätantiken Kirche konnte nicht festgestellt werden, da der frühmittelalterliche Bau schmäler war als sie. Der frühmittelalterliche Kirchenbau läßt sich nach den in ihm gefundenen Gräbern datieren, er ist etwa in der zweiten Hälfte oder gegen Ende des 7. Jahrhunderts entstanden. Er besteht aus einem Langhaus, an das im Osten eine halbkreisförmige Apsis ansetzt, wobei die Apsidenenden über die rechts und links nur als Einsprung vorhandene Ostmauer gezogen scheinen. Da einerseits die Priesterbank gerade noch in den freien Raum zwischen die Einsprünge hineinreicht, andrerseits zwischen den Apsidenenden und den beiderseitigen Mauerstümpfen der Ostmauer keine klar erkennbaren Mauerfugen vorhanden sind, und wir ja auch die ganze Anlage nur in den Grundmauern gefaßt haben, neigen wir derzeit dazu, den früh mittelalterlichen Bau als in einem Guß eutstaiideu anzuuehmeu. In dieser Kirche fanden sich drei Gräber, die mit ihr und dem zehn Jahre früher aufgedeckten Reiheugräberfeld in Beziehung stehen. Das wichtigste von ihnen (Gruft II) fand sich etwa in der Mitte der Süd-

188. Pfaffenhofen, Gruft I. Keste der beiden silbertauschierten Nietsporen — 189. Pfaffenhofen, Gruft I. Langobardisches Stengel glas (Tiroler Landesniuseum Ferdinandeum, Dr. L. Plank) wand, eine ausgemauerte Gruft, deren Innenverputz an der Südmauer der Kirche über einen halben Meter hinaufreichte. Von außen war die sich an die Südmauer anlehnende Gruft nicht verputzt; zu ihrer Anlage war eine Grube ausgehoben worden, gegen deren Wand das schlecht und ofiFenhar eilig aufge führte Bruchsteinmauerwerk errichtet worden war. Im Mörtel des Bodens fanden sich sowohl Fuß abdrücke wie auch die Abdrücke einer Totenbahre oder -lade; die Bestattung war also vorgenommen worden, bevor der Mörtel austrocknen konnte (Abb. 187). Das Grab war offenbar bald nach der Bestattung geplündert worden, wie das Fehlen der vorauszusetzenden Beigaben und eine Verschiebung des Schädels um fast einen halben Meter dartaten; da aber die übrigen Skeletteile nicht wesentlich aus dem Verband geraten waren, müssen die ligamentösen Verbindungen der Gliedmaßen mit dem Rumpf noch bestanden haben. An Beigaben fanden sich noch eine eiserne wabenplattierte Gürtelgarnitur, die unter dem Becken lag, sowie das Bruchstück einer massiven silbernen Gürtelzunge und ein großes Messer; das Grab ist daher an das Ende des 7. Jahrhunderts zu datieren. Zu diesem Zeitpunkt muß die frühmittelalterliche Kirche also bereits gestanden haben. Weniger klar ist die Situation des zweiten Männergrabes (Gruft I) zur frühmittelalterlichen bzw. spätantiken Kirche. Es fand sich unmittelbar östlich der erstbehandelten Gruft, lag mehr als einen Viertelmeter tiefer als diese und schien sich an der Presbyteriumsmauer der spätantiken Kirche zu orientieren, mit fast vier Meter Länge den Raum zwischen dieser und Gruft II beinahe vollständig ausfüllend. Da es etwa einen Drittelmeter unter die südliche Seitenmauer der früh mittelalterlichen Kirche reicht, haben wir zunächst angenommen, daß es das ältere der beiden Gräber wäre. Nach seinen überaus reichen Beigaben ist es jedoch etwa eine Generation jünger als das erstbe schriebene. Die Gruft von fast 2 m Breite (4 m Länge) bestand aus einer etwa 40 bis 50 cm hohen Trocken mauer, die innen mit Holz verschalt war und in die ein feiner Sandboden eingebracht worden war. Das Skelett des Toten war zur Gänze vergangen; im Erdreich fanden sich Verfärbungen, die annehmen lassen, daß auch dieser Mann auf einer Totenbahre oder dergleichen in den Boden gesenkt worden ist. Am Ost ende des Grabes, zu Füßen des Bestatteten, fanden sich, ursprünglich wohl in eine Kiste (oder einen Sack ?) verpackt, die stark korrodierten Reste seines Sattelzeuges, zwei silbertauschierte Nietsporeii (Abb. 188), eine Schere, massive silberne Gürtelzungen und Silberblechbeschläge sowie ein Stengelglas (Abb. 189). Im Bereich, in dem sich ursprünglich die Leiche befunden haben muß, lagen Schwert und Sax, zu

„Häupten" ein Schildbuckel mit Auflagen aus Silberbändern. In einem Gräbclien entlang dem Südrande der Gruft fand sich eine Lanzenspitze von über einem halben Meter Länge. Die Toten in beiden Grüften waren in Gewänder gekleidet gewesen, die offenbar mit Borten besetzt waren, deren Golddrahtdurchwirkung wir noch bergen konnten. Über das Alter des Mannes in Gruft I läßt sich naturgemäß nichts aussagen, der Tote in Gruft II war nach unserer vorläufigen Bestimmung ein älterer Maniff. Die Lokaltradition in Pfaffenhofen will es, daß etwa einen Meter südlich dieser Bestattungen - die heutige Kirche wurde 1310 um etwa zweieinhalb Meter nach Süden verbreitert - die Gräber der ,,IIörtenberger" liegen sollen. Ein solches Geschlecht, dessen Name nach der Burg Hörtenberg über Pfaffenhofen - im 13. Jahrhundert Mittelpunkt der gleichnamigen Grafschaft, später des Gerichtes - gebildet wurde, ist uns im Hochmittelalter nicht überliefert. Die letzten und einzigen urkundlich überlieferten Inhaber dieses Besit zes waren die Grafen von Eschenlohe, die ihn im 13. Jahrhundert an die Grafen von Tirol verkauften. Da wir dort keine entsprechenden Gräber antrafen, kann sich diese Tradition nur auf die beiden besprochenen Gräber beziehen und ist offenbar mit dem Hinausrücken der Südmauer der Kirche räumlich unwesentlich gewandert. Ein bemerkenswerter Fall einer eineinviertel Jahrtausende lebendigen Tradition! Diese beiden Gräber lagen an der Südmauer der frühmittelalterlichen Kirche, an deren rechter Seite, wenn man zum Altar blickt, also an der Männerseite. Auch an der Nordmauer der Kirche, also der linken, der Frauenseite, kam ein frühes Grab ans Licht. Da dieses teilweise unter einem Pfeiler des gotischen Baues lag und bei Fortführung der Arbeiten Einsturzgefahr bestanden hätte, konnte es nur vom Kopf bis zu den Knien geborgen werden, es dürfte beigabenlos gewesen sein; offenbar handelt es sich um ein weibliches Familienmitglied der Sippe, die zunächst ihre Toten in dem erwähnten Reihengräberfeld be stattet hat, mit dem Stifter der frühmittelalterlichen Kirche oder besser mit dem Wiedererbauer des Gotteshauses und semem unmittelbaren Nachfolger aber zur Bestattung am geweihten Ort überging. Nach dem Reichtum der Gruft I in der Kirche, der wohl auch für die geplünderte Gruft II vorauszusetzen ist und dem zumindest ein etwas älteres Grab des Reihengräberfeldes zu entsprechen scheint, könnten wir hier die Familie jener bayerischen Grafen vor uns haben, die als erste die spätere Grafschaft Hörten berg innehatten. Zunächst liegt Pfaffenhofen etwa im geographischen Mittelpunkt der „-ing"-Namen von Hötting bis Haiming, also in jenem Siedlungsraum, dessen Ortsnamen schon früh das Interesse der Forschung erregt haben®. Wichtiger dürfte aber sein, daß es in jenem Gebiet liegt, das bereits in frühen Freisinger Urkunden genannt wird, so in der ersten Urkunde, die sich überhaupt auf Tirol beziehen läßt, der Scharnitzer Klostergründung und Schenkung des Huosi Reginperht, seiner Mutter, seines Bruders und einiger Verwandter, in der 763 Besitz in den Orten Polling und Flauerling im Gau ,,Vallenensium" (=Inntalgau) und in Imst (in opido Humiste) dem neugegründeten Kloster übereignet wird. Der Solln von Reginperhts Bruder, Lantfrid, entzieht später dem inzwischen nach Schlehdorf verlegten Kloster wiederum diesen Besitz, muß ihn aber 802 restituieren. Inzwischen hat ein anderer Verwandter, Gaio, 799 Besitz im Gau Poapintal zu Oberhofen und Zirl an das Kloster geschenkt, wobei er sich bei der Über eignung anderen, in Bayern gelegenen Besitzes auf eine Erbschaft von Seiten eines Otilo bezieht, der als Verwandter Reginperhts an der Schenkung von 763 beteiligt war. Der Vater Gaios, Poapo, und jener Reginperhts, Scatto, waren Brüder. Die Bezeichnung Poapintal — vermutlich ist darunter die spätere Grafschaft Hörtenberg zu verstehen - geht jedoch wahrscheinlich nicht auf diesen Poapo, der 765 Besitz in Bayern an Freising schenkt, zurück, sondern wohl auf einen Vorfahren, da nach den bei den Bayern für die Namensgebung üblichen Gebräuchen die Namen bedeutender Vorfahren etwa in jeder zweiten Generation wiederaufgenommen werden®. Pfaffenhofen selbst, dessen Name keineswegs mit den Poaponen in Verbindung gebracht werden kann, sondern vielmehr auf das romanische Papa, Geistlicher, zurück zuführen ist, hat bis ins späte 18. Jahrhundert mit Oberhofen eine Gemeinde gebildet. Aber auch mit Flauerling verbinden Pfaffenhofen enge Beziehungen. Das heutige Dekanat Telfs hieß ursprünglich Dekanat Pfaffenhofen-Flauerling, wobei der Sitz des Dekans oder Pfarrers in Flauerling, die Dekanats- ^ Zur Datierung und sozialen Interpretation siehe jetzt auch: Frauke Stein, Auszug aus Adelsgräbern des achten Jahrhunderts im rechtsrheinischen Deutschland, München 1961. ^ Richard Hellberger, Rätien im Altertum und Frühmittelalter, in: Schlern-Schriften, 20, Innsbruck 1932. ^ Friedrich Prinz, Herzog und Adel im agilulfischen Bayern, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, 25, 1962, S. 283—311.— Theodor Bitterauf, Die Traditionen des Hochstiftes Freising, 1. Bd. (744—926), München 1905, Urkunden Nr. 19, 23, 142, 177, 184-187.

kirclie jedoch unsere Pfaffenhofener Kirche war, die durch eine Reihe von Umbauten aus der frühmittel alterlichen bzw. der spätautiken Kirche hervorgegangen ist. Unser Gi'abungsbefund in Pfaffenhofen ist in einigen Punkten fragmentarisch geblieben und wird es notwendigerweise bleiben müssen. Durch weitere Untersuchungen in Pfaffenhofen selbst und in einer anderen frühmittelalterlichen Kirche mit Reihengräberfeld unweit von Pfaffenhofen wollen wir jedoch versuchen, die angeschnittenen Probleme weiterzuverfolgen'. ') Frau Dr. Plank hat im Sommer 1963 eine Grabung bei und in der Kirche St. Georg in Telfs durchgeführt, die deren früh mittelalterlichen Ursprung vermutlich Anfang des 8. Jhs. erweisen dürfte. Aus dem zugehörigen Reihengräberfeld liegen nunmehr 14 Bestattungen vor. Herbeet Mitscha-Märhetm BODENZEICHEN AUF SPÄTRÖMISCHEN TONGEEÄSSEN AUS MAUTERN, N.Ö. Auf früh- und hochmittelalterlichen Tongefäßen deutscher, slawischer' und ungarischer^ Herkunft finden sich von der Zeit um 800 an häufig reliefartig gestaltete Bodenzeichen verschiedener Art, einfacher und kompliziertester Form, über deren Bedeutung man bis heute noch nichts Endgültiges auszusagen vermag. Auch die Frage, woher dieser Brauch stammt, liegt noch völlig im Dunkel. Schon auf urzeitlichen Gefäßen kommen - insbesondere in der frühen Bronzezeit - bisweilen einfache kreuzförmige Einritzungen auf Gefäßböden vor®. In der Spät-La-Tene-Zeit hat das meist auf den Stand flächen von Töpfen, bisweilen aber auch auf deren Hals angebrachte Zeichen des sogenannten ,,Hahnen trittes"' sicherlich irgend einen apotropäischen oder sonstigen brauchtumsmäßigen Sinn, der gleichfalls noch nicht entschleiert werden konnte. Ähnliche Ritzzeichen ,,runenartiger" Form kennen wir vereinzelt von Tongefäßen germanischer Herkunft; wir zeigen hier ein solches von einem Tongefäß des späten 2. bis 3. Jahrhunderts n. Chr. aus einer Siedlung bei Niederleis, pol. Bezirk Mistelbach, N.Ö. (Abb. 193). Auch reliefförmige einfache Kreuz- oder Hakenkreuzdarstellungen gibt es in diesem Kreis; ein solches kreuz förmiges aus der germanischen Siedlung des 2. Jahrhunderts von Straning, pol. Bezirk Horn, N.Ö., zeigt Abbildung 194, ein Hakenkreuz ist aus der gleichzeitigen Dorfsiedlung von Millowitz in Mähren bekannt geworden®. Auf römischen, als Ossuarien dienenden Glasflaschen sind vom späten 1. Jahrhundert an neben anderen geometrischen Bodenzeichen auch reliefförmige Darstellungen von Hakenkreuzen bekannt®. Erst in spätrömischer Zeit, im 4. und 5. Jahrhundert, treten solche Bodenmarken insbesondere im Donauund Alpenraum häufiger auf. Meist handelt es sich auch hier um einfache Kreuz-, Ringkreuz- und Haken kreuzdarstellungen, später dann aber auch um recht komplizierte und merkwürdige Formen. Im Schrift tum bekannt sind zwei ringkreuz- und x-förmige Zeichen aus dem spätrömischen Friedhof von Zeiselmauer, pol. Bezirk Tulln in N.Ö.' (Abb. 195, rechts), ein Topf mit Hakenkreuzdarstellung auf dem Boden aus einem Grab, das neben dem Gefäß auch eine Zwiebelknopffibel enthielt, aus dem Gräberfeld von Ernsthofen an der Enns®. Ein von vier Punkten begleitetes Ringkreuz auf dem Boden eines Tongefäßes wohl des 5. Jahrhunderts kam in einem spätrömischeii Gräberfeld in Morzg in Salzburg zutage® ^ A. Tocik. Die Keramik mit Bodenstempeln aus slawisch-awarischen Gräberfeldern in der Südwestslowakei, in: Pamatky archeologieke, LIII, 1962, 8. 347-380. ® Gy. Török, Die Bewohner von Halimlia Im 10. und 11. Jahrhundert, in: Archaeologia Himgarica, XXXIX, 1962, Abb. 22-31. ^ H. Mitscha-Märhoim, Zur älteren Bronzezeit Niederösterreichs, in: Mitteilungen d. Anthropologischen Ges. Wien, 59, 1929, S. 186-192. - R. Pittioni, Urgeschichte des österreichischen Raumes, Wien 1954, Abb. 216/1. M.Heil, Zur Verbreitung der Bodenzeichen auf spätkeltischen Kammstrichgefäßen, in: Germania, 24, 1940, S. 118-123. — R. Pittioni, Ein spätkeltischer Töpferofenfund von Wien III, in: Jahrbuch f. Landeskunde v. Niederdonau, 28, 1944, 8. 1-10. ® E. Beninger in: Reinerth, Vorgeschichte der deutschen 8tämmo (1940), 2. Bd., Tf. 282/2. ® G. Behrens, Römische Gläser aus Rheinhessen, in: Mainzer Zeitschrift, XX/XXI, 1925/26, 8. 68, Abb. 9. ' R. Pittioni, Römische Grabfunde aus Zeisehnauer, Bez. Tulln, N.Ö., in: Jahreshefte d. Österr. Archäologischen Institutes, XXXVI. Grab 43 — 8p. 105 und Grab 59 = 8p. 110. ® E. Pillewitzer, Ein römisches Gräberfeld in Ernsthofen bei Steyr, in: Mitteilungen d. Staatsdenkmalamtes, I, 1919, Abb. 82. — F. Wiesinger, Die Schwarzhafner und die Weißhafner in Oberösterreich, in: Jahrbuch d. Oberösterr. Musealvereines, 87,1937, 8. 105 und Tafel XI, 3. ^ M.Heil, Bodenmarken auf römischen Tongefäßen, in: Jahreshefte d. Österr. Archäologischen Institutes, XXXVIII, Sp. 101 bis 105. 2 Denkmalpflege

''M 190-192. Tongefäß aus einem römischen Grab in Mautern bei Krems, N.Ö., 4. bis 5. Jh. n. Chr. (?); links der eiförmige Topf mit zahlreichen Drehrillen und einem zwei- bis dreizeiligen, spitzwinkeligen eingekämmten Wellenband; rechts das komplizierte Bodenzeiehen innerhalb eines kleinen Standringes (Landesbildstelle für Wien und Burgenland, Wien) (Abb. 195, links). Aus einer römischen Siedlungsschicht in Wels, O.Ö., meldete F. Wiesinger 1935 den Fund eines Krugbodens mit einem spiralförmigen Relief bodenzeiehen^"; dieses Stück ist jedoch derzeit im Museum Wels nicht auffindbar^i. Zu diesen mehr oder weniger bekannten Bodenmarken kommen nun aus Mautern bei Krems, N.Ö., einige weitere, die infolge ihrer komplizierteren Formen Beachtung verdienen 1. Im Jahre 1939 wurden auf G. P. Nr. 771/20 bei Bauarbeiten römische Gräber zerstört. Aus einem von ihnen stammt ein Töpfchen, das, nach Ankauf seitens des Kremser Museums vom Arbeiter Gömbös, nun die dortige Inventarnummer 1998 trägt. Eiförmiger Topf aus grausehwarzem hartgebranntem Ton mit Drehrillen außen am Körper. Höhe 9,5, Mündung 7,5, Standfläche 5 cm. Unten etwas beschädigt, trägt es in der Mitte der Bodenfläche einen erhabenen Ring von 2 cm Durchmesser, der in seinem Inneren mehrere einander zum Teil überkreuzende erhabene Linien von monogrammartigem Aussehen zeigt (Abb. 196, 197). 2. 1957 wurde anläßlich einer Notgrabung im östlichen Teil der ehemaligen G. P. Nr. 810 das Skelett eines Mannes (Grab 1) gehoben, das folgende Beigaben enthielt: rechts vom Kopf einen zerfallenen, nicht erhaltenen Gegenstand aus Eisen; daneben ein eiförmiges Tongefäß, beim rechten Fuß eine Urne aus rotem Ton, beide Drehscheibenarbeit, und einen handgemachten Faltenbeeher; auf der Brust eine Zwiebelknopffibel aus Bronze. Der eiförmige Topf besteht aus weißlichgrauem Ton (nach Kainz; „wahrscheinlich Mauterner Ware") und trägt am Körper außen zahlreiche Drehrillen. Der über einer Halskehle steil aufragende Rand ist niedrig. Auf der Schulter ein zwei- bis dreizeiliges. E. Beninger legte mir freundlicherweise den an ihn gerichteten Brief F. Wiesingers vom 25. Mai 1934 vor, wofür ich Ulm bestens danke. Freundliche Mitteilung von G. Trathnigg, Wels, vom 26. März 1963. Direktor Franz Kainz, Mautern, der Leiter des dortigen Heimatmuseums, stellte mir die Funddaten der vorgelegten Mauterner Gefäße freundlichst zur Publikation zur Verfügung, obgleich er selbst derzeit an der Zusammenstellung der jüngsten Grabungs ergebnisse in den dortigen römischen Gräberfeldern zum Zwecke ihrer Veröffentlichung arbeitet. Ihm sei dafür herzlichster Dank gesagt.

193. Oben: Tongefäßbruchstück germanischer Herkunft aus einer Siedlung bei Niederleis, spätes 2. bis 3. Jh. n. Chr., mit Ritzzeichen ,,runenartiger" Form 194. Rechts: Tongefäß aus Straning, N.Ö., 2. Jh. n. Chi'., mit reliefförmiger Kreuzdarstellung spitzwinkelig eingekämmtes Wellenband. Auf dem Boden innerhalb eines kleinen Standringes ein kompliziertes Bodenzeichen im Relief. Höhe 8,6, Mündung 6,5, Bodendurchmesser 3,8 cm (Abb. 190-192). 3. Aus einem spätrömischen Grab im Hof der Kaserne (ehemalige G. P. Nr. 810) kam 1957 ein kleiner eiförmiger Topf zusammen mit einem Faltenbecher zutage. Kleiner eiförmiger Topf aus graubraunem feinem Ton, hart gebrannt, sehr dickwandig und schwer, innen dick aufgewulstet (F. Kainz: „wahrscheinlich Mauterner Ware"). Der Körper ist mit nachlässig ausgeführten breiten umlaufenden Rillen verziert. Eingezogene Halspartie und kurzer, zum Teil abgeschlagener, leicht auswärts gelegter Rand. Auf der Bodenfläche inmitten des zum Teil abgebrochenen Standringes ein Ziermuster, das aus zwei konzentrischen Kreisen besteht, die durch mehrere Radial leisten miteinander verbunden sind. Höhe 7,3, Mündung 5,5, Standfläche 4 cm (Abb. 198). Der Ton gleicht dem der Stücke 1 und 2, die Machart ist jedoch so derb, daß man das Gefäß, wäre es anderswo und nicht in römischem Zusammenhang gefunden, nicht für römisch halten würde. 4. Auch ein weiteres Tongefäß, das an einem nicht mehr feststellbaren Platz im Raum der römischen Gräberfelder in Mautern zutage kam, trägt ein Bodenzeichen. Das Gefäß befand sich im Nachlaß des jüngst verstorbenen Universitätsdozenten F. Stefan in Graz und konnte bisher dort noch nicht aufge funden werden. Wir sind nur in der Lage, hier ein aus demselben Nachlaß stammendes Lichtbild des Stückes zu zeigen und eine kurze Beschreibung aus der Hand des Verstorbenen zu bringen. Ein Dia positiv aus seiner Sammlung zeigt, leider sehr verschwommen, innerhalb eines Standringes ein Boden zeichen, das F. Stefan als ,,Flaccithevs-Mongramm" (!) deutete. 195. Links: Tongefäß aus einem spätrömischen Gräberfeld in Morzg in .Salzburg, 5. Jh. n. Chr., mit einem von vier Punkten begleiteten Ringkreuz auf dem Boden. Rechts: Tongefäß aus dem spätrömischen Friedhof in Zeiselmauer, N.O., 4. bis 5. Jh., mit Ringkreuz und x-förmigen Zeichen. (Aus: r \ Jahreshefte des Österr. Archäolog. Instituts, XXXVIII) '7 196, 197. Unten: Monogrammartiges Bodenzeichen eines Tongefäßes aus einem römischen Grab in Mautern bei Krems, N.Ö., 4. bis 5. Jh. n. Chr. (?) f - . mmBrra mm./. ■ ■1

777*1" •""" mmm\ ^ ^«WBOI.VM " ■iiüliiiiiiliünlljimlC^i?')'-^^«^ 198. Tongefäß aus einoin römischen Grab im Hof der Kaserne von Mautern bei Krems, N.Ö., 4. bis 5. Jh. n. Chr. (y), mit breiten, umlaufenden Rillen. Rechts das Bodenzeichen aus zwei konzen trischen Kreisen und Radialleisten 199.Tongefäß aus dem römischen Gräberfeld in Mautern bei Krems, N.Ö., 4. bis ö. Jh. n. Chr. (V), mit umlaufen der Rädchenverzierung. Am Boden ein monogramm artiges Zeichen in Relief „Tongefäß, ohne Drehscheibe gefertigt, aus gelbbraunem Ton mit stark eingezogenem Fußteil. Am Körper drei Zonen einer um laufenden Rädchenverzierung. Am Boden in einem breiten Kreis ein monogrammartiges Zeichen in Relief. Höhe des Topfes 10,8, Bodendurchmesser 5,2, Höhe des Monogrammes 2 cm" (Abb. 199)^-. Alle vier hier vorgelegten Tongefäße mit Bodenstempeln aus Mautern gehören unserer Meinung nach (mit den ausgesprochenen Vorbehalten) dem 4. bis 5. Jahrhundert an. Wenn wir nun die Mauterner Bodenzeichen überblicken, erscheint uns jenes des wellenbandgezierten Topfes (Nr. 2 unserer Aufstellung, unsere Abbildungen 190—192) noch am ehesten einer Deutung zu gänglich. Nach Ton, Machart und Verzierung scheint uns das Stück wohl bereits dem 5. Jahrhundert anzugehören; dieser Datierung widersprechen auch die Beifunde des Körpergrabes (handgearbeiteter Faltenbecher und Zwiebelknopffibel) nicht. Der Model, von dem das Bodenzeichen auf der Standfläche des Gefäßes abgedrückt wurde, zeigt eine recht primitive, wohl lokale Arbeit. Dazu kommt, daß er insbesondere an seinen Rändern nur unvollkommen abgedrückt erscheint. Das Kernstück der Darstellung ist eine kreuzförmige Figur, deren oberer Balken schlingenförmig gestaltet wurde. Links und rechts endet der waagrechte Balken in seltsamen Verzweigungen, von denen die vom Beschauer rechts gelegenen auf dem Original verschwommener wirken als auf der Zeichnung, die gerade hier eine zu präzise Linien führung vortäuscht. Man hat den Eindruck, daß der Model gerade da nur unvollständig bzw. zu schwach abgedrückt wurde (Abb. 191). Zur Deutung des Dargestellten möchten wir auf eine andere Gruppe zeit gleicher Kleinkunstwerke hinweisen: Im Rahmen der westlichen spätrömisch-fränkischen Gräberfelder des 4. und insbesondere des 5. Jahr hunderts kommen des öfteren modelgeblasene Glasschalen vor, die mit mehr oder minder reicher Boden zier versehen sind. Diese zeigt, meist innerhalb einer Umrahmung pflanzlicher oder geometrischer Motive, im Zentrum verschiedene stern- oder kreuzförmige Muster. Vorerst zum Beispiel ein Ringkreuz, das in den vier Innenecken seiner Balken von Punkten begleitet wird. Wir kennen es bei uns aus Morzg in Salzburg (Abb. 195, links); eine Glasschale mit demselben Dekor stammt aus Sablionneres, Dep. Aisne, Frankreich (Abb. 200). Glasschalen mit der Darstellung eines Christogramms sind im Gräberfeld von In dei' »Saininlung des Stiftes Seitenstetteii ei'liegt ein apis römischen Gräiiern von Maiior-Öhling staininendei' kleiner 'i'opf (Höhe 7,5 cm), der unsorem Mauterner Stiick Nr. 2 entspricht. Auch er trägt auf der Schulter ein Wellenband und zeigt auf seiner Standfläche in Relief ein Schrägkreuz im Kreis.

fn)^cV- 'ij^'.^^r,nn1~^£y wT^ol^A 200. Bodenzeichen einer Glas schale aus Sablionneres, Dep. Aisne, Frankreich 201. Christograinrn als Boden- 202. Christogramm als Boclenzeichen einer Glasschale aus zeicheneinerGlasschaleausPiy, dem Gräberfeld von Haillot, Prov. Namur, Belgien Prov. Namur, Belgien 203. Christogramm als Bodenzeichen einer Glas schale aus Namur, Belgien Haillot, Prov. Namur, Belgien (Abb. 201), von Pry, gleichfalls Prov. Namur (Abb. 202), von Namur selbst (Abb. 203) und auch sonst im Westen gefunden worden^^. Manche dieser Darstellungen auf Glas schalenböden tragen rechts und links des Christogramms mehr oder weniger deutlich die Zeichen A und Q abgedrückt. Eine Darstellung des Christogramms in einfacher Kreuzesform kennen wir in diesem Kreis allerdings nicht. Und doch möchten wir die Deutung des Bodenzeichens unseres Topfes 2 (Abb. 19U192) als ein solches vorschlagen. Der obere Teil des senkrechten Kreuzbalkens wäre als P zu erklären. Das Zeichen am linken Ende des Querbalkens könnte ein verrohtes A sein, während die Überreste des Model eindruckes am rechten Ende immerhin ein dort vorgesehenes Q vermuten lassen könnten. Wir stellen diese Deutung jedenfalls zur Diskussion, während wir offen erklären müssen, daß wir für die ein ander überschneidenden Balken auf dem Boden von Topf 1 (Abb. 197) keine Erklärung finden konnten. Die Rädchenverzierung des Topfes 4 schließlich stellt eine Ziertechnik dar, die im Räume westlichromanisch-fränltischer Gräberfelder des 5. und 6. Jahrhunderts in Nachfolge der spätrömischen SigillataTechniken allgemein gebräuchlich ist^®. Wir möchten daher im Hersteller dieses Gefäßes etwa einen Mauterner romanischen Töpfer aus der schwerbedrängten Zeit des 5. Jahrunderts erblicken, betonen je doch ausdrücklich, daß dieses Urteil - bloß nach einem Foto abgegeben - der Bestätigung durch direkten Augenschein bedürfte. J. Breuer - H. Roosens, Le cimetiere franc de Haillot. Archaeologia Belgica, 34, 1957, Anhang VIII, Coupes en verre ornes de symboles chretiens, von A. Dasnoy (S. 360-373 mit Taf. XIII—XXVIII), J. Breuer-H. Roosens, a. a. O., Fig. 4/4, 7/1, 12/1, 4 etc. — G. Behrens, Merowingerzeit, Mainz 1947, Schwarzrheindorf passim. Hermann Vettebs ZUR SPÄTZEIT DES LAGERS CARNUNTUM In seinem großen Bericht über die in den Jahren 1908-1911 von ihm durchgeführten Grabungen über raschte E. Nowotny! (jjg gelehrte Welt mit der Nachricht über eine im Nordteil des Lagers von Carnuntum festgestellte nachrömische oder besser gesagt nachvalentinianische Bauschichte. Sie zeichnet sich durch zahlreiche Ausbesserungen älterer, hauptsächlich valentinianischer Mauerzüge aus. Vor allem aber treten Hausanlagen in Erscheinung, die sich nicht mehr an das alte Lagerschema halten und zum Teil überhaupt auf die Straßenkörper der alten Hauptwege gesetzt sind. Dies gilt in erster Linie für einen Bau, der von Nowotny den Namen Q erhalten hat und der auf der ersten nördlich der via principalis gelegenen breiten Straße G liegt (Abb. 204)2. Der Grundriß ist charakteristisch, er stellt den Typus des Breithauses ^ E. Nowotny in ; Römischer Limes in Österreich (RLiOe), XII, 1914, 8p. llöff., Vereinsbericht (Vb.) 1908—1911, Sp. 115ff., Fig. 18; Plan Fig. 19 und die Tafeln III, IV mit den Schnitten Tafel V A u. B und Tafel VI A, B. - Diese Straße hat ihre letzte Erneuerung mit Anlage eines neuen Kanals um 375 n. Chr. erhalten. Now^otny, a. a. O., Sp. 83fl. Literarisch bezeugt ist diese Arbeit durch die Reste der Bauinschrift; siehe hiezu: RLiOe, II, 1900, Sp. 152, Vb. 1899, Sp. 152. Zur Datierung heranzuziehen ist Ammian, 30, 5.

y Si^ -Csrjr PuAri. ^ -S^ rpftA««»:' , * J a «^«> o 204. Haus Q im Lager Carnuntum. Der Pfeil links oben weist auf die Schlauchheizung im westlichen Raum (Dr. H. Vetters) • 4 I 3 ■» ? 205. Germanenhütte in Lauriacum (Dr. H. Vetters) dar. Der Bau besteht aus zwei nicht gleich großen Rechteckräumen®, verwendet älteres Mauerwerk, so die Nordfront der Stahsgebäude R, I und T. Der westliche Raum ist noch einmal unterteilt. Die Maße sind bescheiden und betragen rund 11,5 x 5,3 m. Der westliche Raum besitzt noch eine primitive Schlauch heizung, wie wir gleichartige und zum Teil noch einfachere in Lauriacum (Abb. 205), aber auch auf dem Ulrichsberg gefunden habeiA. Nach den sehr genauen Schichtbeobachtungen Nowotnys handelt es sich um die beiden obersten Baustraten 7 und 8, in die der Bau zu liegen kommt. Erstmals hat auch Nowotny streng stratigraphisch gehobene Funde registriert und zur Datierung herangezogen. Bau Q entspricht fast in allen seinen Teilen den in der Zivilstadt von Lauriacum im NW-Viertel des verbauten Areals ge fundenen ,,Germanenkeuschen"®. Auch die Maße sind nicht allzu verschieden, sie betragen 10,5 x 5,75 m. Nur sind in Carnuntum noch wesentlich mehr Elemente römischer Handwerkstradition vorhanden, so eben die primitive Schlauchheizung. Wichtig ist der Bau und damit auch sein Grundriß, weil seine Be wohner Germanen gewesen sein dürften. Zu schließen ist das aus den hier gemachten Funden®, welche die einzigen späten Funde sind, die bis heute im Legionslager fachmännisch gehoben wurden. Diese Funde besitzen Parallelen zu den aus Wien und aus Klosterneuburg stammenden, aber auch zu jenen, die, noch unpubliziert, erst kürzlich in Zwentendorf ausgegraben wurden''. Die Durcharbeitung älterer Berichte auf Grund der genauen Nivellementkoten Grollers und die Aus wertung der Stratenbeobachtungen Nowotnys lassen nun deutlich erkennen, daß diese nachvalentinianisch — vermutlich nach 380 bzw. 395 n. Chr.® — zu datierenden Straten wesentlich größer gewesen sein müssen, als wir und auch Nowotny annahmen. Es seien einige Hinweise gegeben: Im Grabungsbericht, der den Bauten an der Westmauer des Lagers gewidmet ist®, gibt Groller im Plan und auf den Schnitten genaue Höhenkoten. Er bezieht sich dabei wiederholt auf zwei Maße: auf das der Berme, die 1,10 m über dem Niveau liegt, und auf jenes des Wehrganges, das 3,46 m beträgt. Die Breite des Wehrganges mißt rund 5,44 m samt der Gosse. Die hier von Groller freigelegten Bauten I—III sind nun zum guten Teil auf den Wehrgang gebaut bzw. sie verbauen ab Haus IV den Wehrgang überhaupt gänz lich. Die Kote 3,46 m zeigt deutlich, daß dieses Stratum nur der valentinianischen Wiederaufbauperiode 3 Vgl. BLiOe, a. a. O.. Sp. 121-122, Plan Flg. 19, hier Abb. 204. * Forschungen in Lauriacum (FiL), 6/7, 1950, S. 92, und R. Egger, Carinthia I, 140, 1950, S. 38ff. ä L. Eckhart, FiL, I, 1953, S. 25, Taf. XXXIV, Abb. 87, hier Abb. 205. " E. Nowotny, a. a. O., Sp. 184ff., Fig. 31, 32, 33. Dazu E. Beninger, Mat. z. Urgesch., IV, 1930, S. 35ff.; ders.. Der wostgotisohalanische Zug nach Mitteleuropa, Mannusbibl. 51, S. 72. Auch in Wien wurden diese Straten von Neumann angeschnitten (Archeologia [Warschau], XI, 1959/60, S. 48ff.; ders., Real-Enzykl., s. v. Vindobona, Sp. 80) und in Klosterneuburg von Egger und Polaschek festgestellt; Akten des VII. intern. Kongresses für Frühmittelalterforschung, Wien 1962, S. 336fT. ' Für Auskünfte habe ich Kollogin Dr. Stiglitz zu danken. ® Ansiedlung der Goten des Alatheus und Safrax bzw. der Markomannen: Zur Frage einer Nachbesiedelung ablehnend: E. Swoboda, Carnuntum, seine Geschichte und seine Denkmäler, 3, S. 70f. » Groller, RLiOe, II, 1901, Sp. 32ff., Vb. 1899/1900, Sp. 32ff., Taf. IV-VI.

40 io iVcfva 0 SftLiÖ, I Taf.V. RUO, S,Tftf VI. roR ? XX ^TÖ^UNd 11 / Ii rr^\ I I I \ -l/OA PBMSTEB.-^, avAoeE:?' ^AVe.R UAGbi?, ^ Mauer. -ftv" ■ • • - ■ •—-r— p taVI^JTA^JA .. A-^y.4 -=.=■. --.v-^-v r3«.-r- -. :/ • '-v— ZÄSad5§5^'^ - - :* f.yiM J-Q^y j-td:J /'w L 206. Späte Anlage im Lager Carnuntuin, Haus VI (Dr. H. Vetters) angehören kann; das lehren nicht nur die von Nowotny durchgeführten stratigraphischen Untersuchun gen^®, sondern zeigen auch die hier gefundenen Kleingegenstände und Inschriften. Von besonderer Be deutung ist der in den Boden versenkte Rundbau III, der fast an die Lagermauer heranreicht. In diesem Bau fand sich in der Auffüllung ein Fragment der valentinianischen Bauinschrift des Lagers, dadurch erhält also die Verschüttung einen terminus post quem^^. Besonders auffällig ist der massive Bau VI, der auf die Lagermauer (deren Breite 1,10 m beträgt) gebaut ist und auch noch die valentinianische Verstärkung mitummantelt, so daß die Westmauer des Baues zum Teil bis zu 2,43 m breit wurde (Abb. 206). Im nördlichen Trakt von VIg ist die Westmauer in Form einer gegen Osten sich trichterförmig öffnenden Torlaibung gearbeitet, die Gegenwange fehlt. Die auf dem Plan angegebene Höhenkote 1,47 - auf einem Mörtelbett verzeichnet - scheint eine Schwellenunterlage anzugeben. Noch überraschender ist der Befund an der SW Ecke des Baues. Hier sitzt die Mauer mit deutlichem Sprung und Fuge, weiters einer klar ausgeprägten Südfront über der Lagermauer, wie die Detailzeichnung auf Tafel VI, 7, unsere Abb. 207 a, erkennen läßt. Das heißt aber doch, daß dieser ganze Bau VI mit seinen klobigen Quadermauern erst entstanden sein kann, als die Lagermauer kassiert war und nicht mehr in Funktion stand. Der Bau stört den Wehrgang und den späten, aber noch dem Lager schema folgenden südhch anschließenden Bau VII. Die Südmauer von VI setzt sich dann gegen Osten fort und umfaßt auch mit ihrer SO-Ecke (Mauerstärke 1,15 bzw. 1,35 m!) eine primitive Bäckerei, die niemals als Lagerbäckerei — wie Groller meinte — anzusehen ist. Die 1,15 m starke Mauer stört die älteren, E. Nowotny, a. a. O., Taf. III—V. E. Bormann, RLiOe, II, 1901, Sp. 152.

I I 207. Haus VI im Lager Carnuntum. a) Ansicht der SW-Ecke. b) Schnitt durch das Fenster im Raum m (Dr. H. Vetters) wohl valentinianischen Bauteile der Räume VII/13. Das Außenniveau, Kote 3,11 m, streicht über diese Mauern hinweg. Den älteren Boden maß Groller laut Plan mit 2,4 m. Betretbar war dieser massive Bau von Osten her über die Schwelle, Kote 2,51 m. Er sperrte da die ,,via quintana". Seine geradlinige Ver längerung über die von Groller an diesen Stellen festgestellten Störungszonen hinweg streicht über den ebenfalls arg gestörten Carcer und die dort befindlichen älteren Anlagen. Grollers Annahmedas Gebäude VI sei zu den ältesten Straten zu zählen, ist falsch, auch die Niveaukoten und die zahlreichen Schnitte auf Tafel VI seines Berichtes zeigen dies deutlich. Vor allem ist Schnitt 5 wichtig, der quer über das nördlich von VI liegende Haus V gezogen ist. Er zeigt den Graben aufgefüllt (von der Sohle an ca. 2,07 m, die Kote fehlt bei Groller) und darauf erst das abgestürzte Mauerwerk der gänzlich ausgerissenen Lagermauer. Das sieht ganz so aus, als hätte man hier noch in antiker Zeit die Mauer kassiert und nur der rund 28 m breite und vielleicht doppelt so lange Bau (hier war nach Groller alles gestört) wäre als bewehrte Kleinanlage eingerichtet oder rasch neu adaptiert worden. Jedenfalls hat zu diesem Zeitpunkt das Lager als Festung zu bestehen aufgehört. Auch der östlich liegende Rundbau über Haus IX (Abb. 206) gehört in diese Epoche. Die von Groller vorgenommene Aufteilung der Häuser IV und V ist rein willkürlich, ihrer Funktion nach waren diese schon sehr spät anzusetzenden Bauteile, die Ziegelbruch mit den bekannten Ziegelstempeln der valentinianischen Epoche verwenden, ohne Zweifel Kasematten, zu denen der mit der Kote 3,46 m gemessene Wehrgang nicht gehört haben kann. Die Schwellen der Parterreräume liegen rund 2,6 m hoch, das ergäbe Kasematten von 0,9 m Höbe. Der Gedanke Grollers'^® ist sicher richtig, daß oberhalb dieser Kellerräume der Wehrgang gelaufen sein muß, nur kann es nicht jener der valentinianischen Epoche mit der Kote 3,46 m gewesen sein. Ist diese Annahme, die allein aus dem Baubefund abgelesen werden kann, richtig, dann muß aber Bau VI noch jünger sein. Daß der Bau nichts mehr mit dem Lager zu tun haben kann, ist auch aus dem Befund im Raum m zu ersehen, der ein ,,gekuppeltes Doppelfenster" besessen hat^'', das nur 0,9 m höher liegt als die ehemalige Berme. Seine Kote betrug also 1,9 m (Abb. 207b). Bei dem Bau selbst ist übrigens eine zweimalige Zerstörung nachzuweisen, wie aus der Beschreibung Grollers^® zu erkennen ist. Groller fand nämlich nur im Raum k ungestörte Lagerung und zwei übereinander liegende Brandschichten. Der gleiche Befund liegt übrigens auch in der sogenannten Bäckerei vor, bei der es sich nur um eine Notadaptierung handeln kann. In zwei Brandschichten, durch einen Boden getrennt, fand Groller die Reste der nicht,,ver brannten", sondern nur verkohlten Backware. Groller, a. a. O., Sp. 39. Dazu an versteckter Stelle E. Nowotny über die Straten des Hauses VII, in: RLiOe, XVI, Vb. 1923/24, Sp. 158f.; er datiert in valentinianische bzw. nachvalentinianisohe Zeit. Groller, a. a. O., Sp. 32f. Groller, a. a. O., Sp. 41 f. Groller, a. a. O., Sp. 42, RLiOe, III, Sp. 72ff.

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