gangen ist, aber wir konnten immerhin einen kleinen Einblick gewinnen, welcher mittelalterliche und römische Kern dahinter steckte. Leider war nicht nur für die Beobachtung durch einen einzigen Menschen das Tempo der Abtragung viel zu schnell. Der historische Kern ist so wichtig, daß sich ein Team von Fachkräften aus Ur- und Frühgeschichte, Kunstgeschichte, Architektur usw. zusammentun sollte, um mit Beratung von Geornetern, Geologen usw. in unermüdlicher Kleinarbeit das meiste aus jenen Zeugnissen einer weit entfernten Vergangen heit herauszuholen, die nur während der Zerstörung gelesen woi'den können. Interesse an den geologischen Problemen des Platzes zeigte die Geologische Bundesanstalt, an den Beobachtungen während der Abtragung u. a. das Historische Museum der Stadt Wien; Hilfe wurde dem Bundesdenkmalamt durch das Österreichische Archäologische Institut zuteil, das, als die ersten römischen Mauern ans Tageslicht kamen, Herrn Dr. G. Langmami durch zwei Wochen zur Aufdeckung ent sandte und Herrn Dr. H. Vetters um ein Gutachten ersuchte. Die Tatsache der nachgotischen Unterkellerungen hat Prof. Dr. A. Kieslinger erstmals an anderen Stellen in der Inneren Stadt von Wien erkannt (Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege VI, 11)52, S. 82-88) und auch hier in der Sterngasse sofort erklären können, wie er sie im Folgenden zu beschreiben die Freundlichkeit hat. H. Ladenbauer-Orel I. b Barocke Unterfangungen älterer Bauteile in den Häusern Wien I, Sterngasse 5 und 7 und Marc Aurel-Straße 2 154. Wien I, Sterngasse Nr. 7. Gotisches Fenster an der Ecke der Marc Aurel-Straße (BDA, W. Wellek) Die Demolierung der beiden Häuser Sterngasse 5 und 7 hat ein überaus verwickeltes, vielfach sehr unklares Ineinander greifen von Mauei'werk ganz verschiedenen Alters zum Vor schein gebracht, das von Frau Dr. Hertha Ladenbauer unter sucht wurde. Hier soll nur das Problem der bemerkenswerten späteren Unterkellerung älterer Bauteile herausgegriffen werden. Leider Avurde der Berichterstatter erst zu einem sehr späten Zeitpunkt an die Baustelle gerufen, als durch die Baggerarbeiten schon sehr viele wichtige Bereiche zerstört worden waren. Abgesehen von den mit Renaissance- bzw. Frühbarockfassaden bekleideten ,,gotischen", sind einige Mauern bzw. Boden estriche bzw. Gußfundamente eindeutig als römisch anzu sprechen (Bruchstein aus Üchtgelbem Quarzsandstein, Typus Türkenschanze, und - in wesentlich geringerer Menge — grob löcheriger Kalkstein, Typus ,,Atzgersdorfer Stein", aber wohl ebenfalls von der Türkenschanze, ferner Legionsziegel, in situ befindliche tubuli von Heizungsanlagen und verschiedene Schichten eines betonähnlichen Estrichs bzw. von Gußfundamenten mit Ziegelsplitt, stellenweise darüber rötlicher F(ünestrich mit Ziegelmehl). Andere Mauern sind viel leicht spätmittelalterlich, ein Großteil der Kellermauern (Mischmauerwerk aus Ziegeln und blaugrauem Flyschsandstcin, dazu Ziegelgewölbe) ist als ..barock" (etwa zweite Hälfte 16. und 17. Jahrhundert) anzusprechen. Leicht zu erkennen waren einige Ziegelgewölbebogen von den Luft schutzbauten 1939/40. Schot). 1952 konnte ich in diesei- Zeitschrift^ von der Demo lierung des Hauses Judengasso 4-6 berichten. Dort waren in einer ganz gleichartigen Weise eindeutig ,,barocke" Keller nachträglich unter römischen Estrichboden bzw. unter die darüber folgenden gotischen Keller eingebaut worden. Diese Unterkellerung erfolgte derart, daß der römische betonähnliche Estrich untergraben und zunächst durch mächtige Rundhölzer gestützt wurde. Diese hölzernen Stempel wurden sodann mit Ziegeln ummauert und mit Mörtel eingegossen und bildeten auf diese Weise die Pfeiler des untei'sten Kellerstockwerkes und die Auflager der Kellergewölbe. Bei den Häusern der Sterngasse war zunächst eindeutig zu sehen, wie die Ziegelgewölbe von unten her ganz beliebig (der Geologe würde sagen ,,diskordant") in den römischen Estrich bzw. in die Trümmer- und Brandschichten einge schnitten waren und so auf den ersten Blick ihr jüngeres Alter bewiesen (Abb. 157, 158). 1 Lüeratiir: A. Kieslinger, Die Steine von St. Stephan, Verlag Herold, Wien 1949. - Ders., Romanische Profanbauten in Wien. Österr. Zeitschrift f. Kunst und Denkmalpflege VI, 1952, S. 82-88. — Ders., Der Bau von St. Michael in Wien und seine Geschichte. Jb. d. Vor. f. Go^schichte der Stadt Wien, X, 1953. S. 1—74. — A. Neumann, Ausgrabungen und Funde im Wiener Stadtgebiet 1948/49; ebenso 1949/50; ebenso 1950. Veröffentlichungen d. Histor. Museums d. Stadt Wien, Heft 1-3, Wien 1951-1955.
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