Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

an der Ruinenstätte befindliche ungeheuer große Steinlager zu sein und ohne eine genaue Vermessung durchgeführt zu haben. Zur Herstellung eines solchen Verzeichnisses aber fehlen jüngere Fachleute. Ein publizistisches Organ für Kunst- und Denkmalpfiege ist im Lande derzeit noch nicht vorhanden, und es ist nur zu hoffen, daß ein solches doch einmal geschaffen wird. Dieser Mangel kann teils mit dem dialektischen Charakter der israelischen Volksseele erklärt werden, die weniger Verständnis für visuelle Schönheit, also für bildende Künste, für technische Errungenschaften oder Probleme der Denkmäler hat, sondern vielmehr für Literatur, Musik und für das gesprochene Wort empfänglieh und darauf durch jahrtausendelange Vererbung seelisch eingestellt ist. Die in der Denkmalpflege ausgeführten Arbeiten finden hie und da in dem offiziellen Organ der Sektion für Altertümer (Atiqot) Aufnahme, in dem die Arbeit sehr kurz erwähnt wird und leider nur in hebräischer Sprache, wodurch der Weg zu ausländischen Fachkollegen versperrt ist. Die Anzahl der Monumente und die fast täglich sich aus ihrer Pflege und Erhaltung ergebenden Probleme würden die Schaffung eines selbständigen Organs, wie ein solches in fast allen zivilisierten Ländern vorhanden ist, unbedingt recht fertigen, umsomehr, da in einem solchen periodisch erscheinen den Heft diejenigen kleineren Denkmäler ihre dokumentarische Festlegung finden könnten, die infolge einer unaufhaltsamen Entwicklung in Stadt und Land wie auch aus finanziellen, aus technischen oder sonstigen Gründen nicht zu erhalten sind, infolge ihres künstlerischen, historischen oder sonstigen kulturellen Wertes aber zumindest und unbedingt doku mentarisch der Nachwelt überliefert werden sollten. Die Monumente in Israel sind sehr zahlreich und mannig faltig. Innerhalb der Staatsgrenzen, die ein Gebiet von rund einund zwanzigtausend Quadratkilometern umfassen (also ca. um ein Drittel kleiner als Österreich), sind - nur in großen Zügen erwähnt - bis jetzt folgende Arten von Monumenten bekannt und der Pflege bedürftig: Vorgeschichtliche Höhlen mit Ablagerungen (Stratifikation). Siedlungen und Kultstätten, Dolmen und Gräber. Siedlungen und Kultstätten der Bronzezeit, Altarbauten, Gräber usw. Palast- und Festungsbauten der israelischen Königszeit (Eisenzeit), Tore, Türme, Mauern, Zisternen usw. (Denkmäler dieser Epoche sind im Vergleich zu anderen Epochen am schwächsten vertreten). Aus der hellenistischen Zeit Höhlen mit innerer Architektur, Industriebauten (Öl- und Weinpressen), Grabpyramiden, Grabhöhlen, Siedlungen usw. Römische Mauern, Tore, Türme und Tunnels; Wasserkanäle, Wege, Brücken, Aquädukte, Landstraßen und Meilensteine; Weinpressen, Glasgießereien und Metallschmelzanlagen; Bäder, Nymphäen und Wassersperranlagen; Häfen, Hippodrome und Theater; Tempel, Kolumbarien und Nekropolen; Synagogen mit anschließenden Siedlungen aus der römischen Kaiserzeit usw. (Abb. 139-142). Altchristliche und byzantinische Kirchen und Klöster, Synagogen der ersten Judenchristen, Synagogen der byzanti nischen Epoche, Palastbauten und Bäder; Ölpressen usw. Bauten der früharabischen Zeit bis zum 18. Jahrhundert; Paläste, Bäder, Moscheen mrd Medressen; Brunneu, Gräber und Friedhöfe, Karawansereien usw. (Abb. 145-151). Städte der Kreuzfahrer, Burgen, Festungen, Tore und Türme; Brücken, Zisternen und Hallenbauten; Hafenanlagen, Wälle, Kirchen usw. (Abb. 147). Grabbauten jeder Art und aus allen Epochen (Abb. 143, 144). Neun als Gesamtdenkmäler anzusehende, noch heute bewohnte und fünf entvölkerte Städte (Abb. 145, 146). Wenn man die Menge der bereits sehutzbedürftigen Monu mente betrachtet und bedenkt, daß — nur um ein vergleichendes Beispiel anzuführen — in der Lombardei, die ein Flächenmaß von neuntausend Quadratkilometern, also ein um etwa zwei Fünftel kleineres als der Staat Israel besitzt, allein für die Pflege der Monumente fünfzig technische Beamte zur Ver fügung stehen (Soprintendente ai Monumenti: Prof. Luigi Crema), so wird erst klar, in welcher Lage sich die Denkmal pflege in Israel befindet. Zu dem eben gezogenen Vergleich des Denkmalwesens mit dem der Lombardei soll noch erwähnt — und damit eines der Hauptprobleme der israelischen Denkmalpflege berührt werden -, daß in der Lombardei vorwiegend solche Arten von Monumenten vorhanden sind, die von privaten Personen oder von Institutionen benützt werden. Das Prinzip, daß der beste Schutz der Monumente ihre Benützung ist, hat sich bereits längst bewahrheitet und wurde allgemein anerkannt. Nun haben aber die Wohnhäuser der Altstadt in Jaffa und Akko die Anwendung dieses Prinzips büßen müssen. Die jahrhundertealten Wohnhäuser dieser Städte, die von der arabischen Bevölkerung im Jahre 1947 verlassen wurden und die bis dahin alljährlich vor dem Herannahen der Regen periode von den Frauen sorgfältig ausgebessert, die flachen Dächer mit Kalkmörtel frisch ausgegossen und nach der Regenzeit wieder getüncht wurden, sind nach der Flucht der Bewohner von moralisch auf einer sehr niedrigen Stufe stehenden, aus afrikanischen Ländern stammenden neuen Immigranten besiedelt worden, die arbeitslos in den in der Nähe liegenden modernen Vierteln herumlungerten, keinen Wohnzins zahlten und keinen Finger zur Erhaltung der Häuser, in welchen sie wohnten, rührten. Die staatliche Verwaltung der verlassenen Güter konnte, ohne Miete ein zunehmen, die nötigen Reparaturen nicht vornehmen, und so wurden diese Häuser, eines nach dem anderen, baufällig und waren sogar in der Regenperiode durch Einstürze die Ursache mehrerer Unglücksfälle. So verschwanden und verschwinden noch heute allmählich die Gassen, Gäßchen und pittoresken Winkel dieser Altstädte; denn wie bekannt, haben die Hänser der mittelalterlichen Städte gemeinsame Feuermauern oder stützen sich gegen seitig. Nach der Evakuierung der Bewohner zogen die städti schen Bauämter vor, statt einzelne Häuser zu stützen, ganze Straßenzüge abzureißen. Die weiteren Probleme der noch bevölkerten antiken Städte Israels wurden durch die von der UNESCO im Jahre 1954 eingesetzte Kommission für Vorschläge zur Lösung der Probleme antiker Städte, an deren Arbeiten der Autor selbst als Mitghed teilnahm, eingehend behandelt. Die Ergebnisse wurden, sehr bedauerlicherweise, teils wegen Budgetmangels, teils aus Interesselosigkeit der Regierung nicht veröffentlicht, aber auch nicht beachtet, und die Vorschläge der Kommission können durch die inzwischen durchgeführten planlosen Verbaunngen nicht mehr verwertet werden. Außer diesem oben erwähnten, in der Denkmalpflege für Israel sjieziflschen Problem gibt es noch andere, die auch

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