117. Ardagger, Margaretenfenster, erste Hälfte dos 13. Jahrhunderts, Stifter Heinrich. Die Damaszierung des Gewandes ist auf der Außenseite gemalt (BDA, W. Wellek) Hydratisierung der obersten Molekülsohicht. Mit fort schreitender Einwirkungszeit geht dieser Vorgang langsam in die Tiefe. Erfolgt jetzt eine Einwirkung von Wasser, und hierzu genügt bereits die Abscheidung von Tau, so werden Glasteile, vor allem Alkalien, aus der hydratisierten Schicht gelöst und entweder fortgeführt oder nach Verdampfen des Wasserfilmes konzentriert, so daß diese Alkalilauge ihrer seits auf das Glas einwirken und die Zersetzung begünstigen kann. Schließlich dürften auch diese Alkalien einmal gelöst und fortgeführt werden, so daß eine oberflächliche dünne Kieselgelschicht hinterbleibt. Bei fortschreitender Zersetzung entstehen dann dünne Schichten von wasserhaltiger Kiesel säure, die das Irisieren bzw. Blindwerden der Scheiben bewirken" {Abb. 119; vgl. auch: Originalteile, Speyer, Dom, Ende 12. Jh.). Dieser ersten Abspaltung horizontaler Schichten folgt im weiteren Verlauf eine zweite Phase der vertikalen Zerglasung: Um Fremdkörpereinsohlüsse (Glasverunreinigung, ungeschmol zene Sandkörner, Luftbläschen), entlang mechanischer Ver letzungen der Glasoberfläche (Kratzspuren), entlang rauher Partien der Bemalung oder aus welchen Gründen sonst auch immer bilden sich an der angewitterten Oberfläche des Glases zahlreiche winzige Korrosionsherde, die sich im Laufe der Zeit durch konzentrische Heraussprengung von Glasteilen zu kraterförmigen, mit bloßem Auge sichtbaren ,,Näpfchen" ausweiten (Abb. 120—123). Gewöhnlich sind diese kleinen kraterförmigen Vertiefrmgen des ,,Lochfraßes" 1 bis 2 mm stark. Ihr Inneres ist mit zersetzter Glassubstanz ausgefüllt und erzeugt bei Durchsicht kleine dunkle unscharfe Flecken (Abb. 121, 122). Unter dem Mikroskop zeigen diese Korrosions herde neben dem bereits erwähnten konzentrischen Abbau einzelner Glasschichten zahlreiche Korrosionskanäle, die, wie die Wurzeln emes Baumes, radial die angrenzende Glasmaterie durchziehen (Übergang zum Flächenfraß), um sie schließlich total zu zersetzen (Flächenfraß). Als Rückstand bleiben dann auf den Gläsern mehr oder minder kräftige Schichten von ,,Wetterstein" oder ,,Wetterkalk" zurück, die ein Glas gemälde bis zur völligen Unkenntlichkeit entstellen können (z. B. Nürnberg, St. Sebald, Grundherrenfenster, um 1385). Infolge der Zersetzung beträchtlicher Schichten des Glases - bei Gläsern der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts kami die Stärke oftmals um ein bis zwei Millimeter dezimiert sein — zeigt die ursprünglich glattglänzende Oberfläche des Glases nun ein grobkörniges Aussehen von der Wirkung eines Matt glases (Abb. 119). Als Folge dieser Flächeukorrosion, die sich verständlicherweise vorwiegend auf der Rückseite auswirkt, tritt zunächst einmal eine beträchtliche Minderung der Transparenz ein, die gelegent lich bis zur völligen Entstellung oder Schwärzung eines Glas gemäldes führen kann (z. B. Nürnberg, St. Martha, um 1390). Weiterhin werden durch den Korrosionsbelag wesentliche Farbveräudermigen nach Gelb bis Braun bewirkt, die sich besonders empfindlich bei allen hellen Farben und der Violett skala äußern. Überfanggläser — besonders, wenn der Überfang außen liegt — sind von diesen nachträglichen Veränderungen des originalen Erscheinungsbildes durch Flächenkorrosion in besonderem Maße betroffen. Ein ehemaliger Rotüberfang kann beispielsweise heute als reines Weißglas in Erscheinung treten. Mit Farbveränderungen ist auch bei allen übrigen einoder mohrschichtigen Überfanggläsern zu rechnen, besonders wenn diese, wie gerade im 14. Jahrhundert, polychrom zusammengesetzt sind. Nachhaltiger als beim Glas selbst sind die Auswirkungen für die Bemalung. Verh.vltnis zwischen Verwitterung und Bemalung (E. Frodl-Kraft) Olas-Außenseite: In den seltensten Fällen präsentiert sich die mit Bemalung versehene Außenseite eines Glasgemäldes so intakt, wie die Abb. 113 und 123a zeigen: Die bemalten Partien des Glases erscheinen nämlich hier im Gegensatz zu den blank belassenen und glänzenden Teilen matt, wobei aber ihre Oberfläche nicht rauh, sondern ebenfalls glatt ist. Ebenso selten überzieht die Verwitterungsschicht gleichmäßig bemalte und unbemalte Teile (vgl. Abb. 119). Viel häufiger ist dagegen folgendes Bild: bemalte und unbemalte Stellen heben sich zwar deutlich voneinander ab, aber nicht entsprechend ihrer ursprünglichen Erscheinung, sie unterscheiden sich vielmehr nur durch den verschiedenen Grad oder die verschiedene Art der Ver witterung, der beide unterliegen. Die drei theoretisch möglichen Varianten im Verhältnis des Erhaltungszustandes beider Partien lassen sich auch tatsächlich an den Denkmälern nachweisen: 1. Bemalung intakt, unbemaltes Glas verwittert (Abb. 122, 124) 2. Bemalung verwittert, unbemaltes Glas intakt (Abb. 121) 3. Bemalung und unbemaltes Glas zeigen verschiedene Formen und Grade der Verwitterung (Abb. 123b, c, 126).
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