gelegte, polychrome Glasfäclen mit dazwischengeschossenen Weißfäden in "wellenförmigem Verlauf (Basel, Kunsthistor. Museum, Christopherus 1510). Die Malfarbe (Gr. Frenzel), gemeinhin auch ,,8chwai'zlot" oder ,,Braunlot" genannt, besteht in mittelalterlicher Zeit aus einem leicht schmelzbaren Gemenge von feingestoßenem Kali- oder Natron-Farbglas, dem zwecks Verringerung des Schmelzpunktes häufig Bleioxyd beigemengt ist, und einer fein gemahlenen, nicht schmelzenden Färbesubstanz: Kupfer oxyd, Eisenhammerschlag oder Zinn. Je nach Art der chemi schen Zusammensetzung, der Reaktion auf den jeweiligen Farbglasträger und der künstlerischen Anwendung (deckende, halbdeckende, lasierende Malweise) kommt der Malfarbe Bedeutung im Sinne von ,,Farbe" und ,,Nichtfarbe" zu. Bei geringer Konzentration der Pigmente erscheint das Lot in Durchsicht farbig; bei starker Konzentration (z. B. einein pastos aufgetragenen Kontur) wird das Lot untransparent und erscheint mithin in Dui'chsicht schwarz. In der Romanik, Früh- und Hochgotik lassen sich drei deutlich voneinander geschiedene Farblote konstatieren: Schwarz, Braun, Grau grün, die vom Glasrnalei- in verschiedener künstlerischer Absicht verwendet wui-den. Im frühen. 15. Jahrhundert gesellen sich zu diesen ,,klassischen" Kontur- und Übei-zugsloten echte Überzugsfarben, die hinsichtlich ihres künstlerischen Anwendungsbereiches, nicht aber glastechnisch, etwa dem Silbergelb gleichkommen, indem einzelne Partien durch vorderseitige oder rückseitige Belegung farbig behandelt werden können: Sepia, Rostbraun, Olivgrün, Grün, Eisenrot. Das 16. Jahrhundert steht im Zeichen der Erfindung neuer Malmaterialien, die sich in Zusammensetzung und Technik wesensmäßig von den bis dato bekannten unterscheiden. Es ist die hier nicht näher zu behandelnde umfangreiche Gruppe der transluziden Emaillefiüsse und Schaumfarben. EXKURS: Silbergelbverwendung auf Blau-Grün-Rot- und Violett-Gläsern in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (nach Lafond). Die Bemalung (E. Frodl-Kraft)^ Innenseite: Schon die frühesten erhaltenen mittelalterlichen Beispiele (.Kopf aus Weißenburg) zeigen die gleiche Zerlegung der Be malungen in ein zeichnerisches Gerüst aus deckenden Linien und in mehr oder minder transparente Halbton-Lagen, die bis zum Ende der mittelalterlichen Glasmalerei grundsätzlich gültig bleibt. Keineswegs ist eine zunächst rein lineare, zeichnerische Technik erst im Lauf der Entwicklung durch Schattierung bereichert worden; zwischen Zeichnung und Lasuren besteht, wie oben schon von Dr. Frenzel ausgeführt, kein Unterschied in der Zusammensetzung des Malstoffes selbst, sondern nur ein Unterschied in der Konzentration des Pigments. Einwurf Prof. Grodeeki: ,,In den französischen Glasmalereien der Romanik liegt keine Zweiteilung, sondern eine Dreiteilung der Schichten vor (vgl. Abb. 105-108)^. Sie bauen sich vom optischen Eindruck her folgendermaßen auf: 1. Deckender Konturstrich 2. Halbdeckende, etwas breiter aufgetragene Untermalung bzw. Ergänzung des .Konturstriches 3. Flächenhafte Schattierung." Dieser halbdeckende Kontur-Begleiter verdient, wenn auch seine Funktion, Schatten anzudeuten (vgl. Abb. 105), und die Art seines Auftrages ihn unter die übrigen Halbton-Lagen einreiht, besondere Beachtung. Ihm, und nicht dem Kontur strich, der erst nachträglich darübergesetzt wird, obliegt nämlich die Aufgabe, pi'imär das struktive Gerüst des Bildes festzulegen, wenn auch der endgültige optische Eindruck ihn zu einer bloßen Begleitung entwertet. Der tatsächliche Maivorgang verläuft also genau im umgekehr ten Sinn der oben gegebenen, aus dem optischen Eindruck abgeleiteten Reihung: 1. Flächenhafter ,,Wasserton": Abb. l()7a (Premiere couche, recouvre tout le verre, et a ete ,,enlevee", essuyee dans les parties qui resterent...) 2. Etwas stärker deckende, halb flächige, halb lineare StrukturZeichnung: Abb. 107b (Deuxieme couche posee au pinceau: eile donnait le modele de la forme; eile se trouve toujours sous le ,,trait".) 3. Deckende Konturzeichnung: Abb. 107c (Troisieme couche, en epaisseur posee au dessus de certaines parties de la deuxieme couche, pour dessiner la forme.) Dieser Einblick in die Technik der mittelalterlichen Glasmalerei löst sie zugleich aus ihrer Isolierung und läßt die Brücke erkennen, die zu einer anderen Gattung, nämlich zur mittel alterlichen Wandmalerei hinüberführt: Auch dort legt eine mit breiterem Strich und in heller Farbe (meist ocker oder olivgrün) geführte Zeichnung, die im definitiven Eindruck als Schattenbegleitung des Konturs stehenbleibt, zunächst das struktive Gerüst fest, dem schließlich die dunkle Strich zeichnung die endgültigen Akzente verleiht. Es ist wichtig festzuhalten, daß auch in den nachromanischen Jahrhunderten, in denen in der Glasmalerei das mehr oder minder lineare Schattengerüst ganz in einer flächigen Halb tonschattierung aufgegangen ist, diese erste Halbtonlage dessen struktive Funktion übernommen hat (Abb. 109, 110). Wie Abb. 109 deutlich macht, liegt der schwarze erhabene Konturstrich eindeutig über dem Halbton. Der Ausdruck ,,Lasuren", der oft für diese Halbtonlagen gebraucht wird, ist deshalb, zumindest für die erste Lage, irreführend. Freilich können zur Vertiefung der Schatten über dem ersten Halbton noch weitere, stäiLer deckende Lagen aufgetragen werden. Diese zunächst vielleicht befremdliche Abfolge der Arbeits gänge leuchtet sofort ein, wenn man sich die technischen Vor aussetzungen der Arbeit vergegenwärtigt : Der ,,Wasserton" wird in verhältnismäßig flüssiger Lösung aufgebracht, bis zum Konturstrich wird die Konsistenz der Farbe immer ^ Vgl. auch die Ausführungen in ÖZKD 1960, S. 79-81; vor allem aber das ausgezeichnete Kapitel: ,,La peinture" von J.-J. Gruber, in: Le Vitrail fran^ais, 1958, S. 63-70. Verfasserin dankt Prof. L. Grodeeki für die briefliche Präzi sierung seiner in Erfurt gegebenen Hinwelse, die die Grundlage dieser Darstellung bildet, und für die Anfertigung der instruk tiven Zeichnung, auf der unsere Abb. 106 und 107 aufbauen.
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