von Nutzen sein kann (Original-Ei-gänzung, historisierende Verneuung, Fälschung, nachträgliche Veränderungsorscheinungen). Für weiterreichende, kunsthistorisoh bedeutsame Schluß folgerungen (z. B. Hüttenverbindungen, Scheidung ver schiedener Ateliers) oder einen sj'stematischen Abriß über die Entwicldung der Glastechnik reichen die bisher vorliegenden Beobachtungen noch nicht aus. Die nachfolgende Zusammen stellung von Einzelbeobachtungen an französischen, öster reichischen und deutschen Glasgemälden dient daher lediglich dem Zweck, nachzuweisen, daß nicht zu jeder Zeit jede beliebige Glasart möglich ist. So unterliegt beispielsweise die Glasstärke bei Farbgläsern des 12. Jahrhunderts erheblichen Schwankungen. Das Maxi mum liegt etwa bei 5-7 mm. Gegenüber Verwitterungs erscheinungen haben sich diese Gläser relativ resistent erwiesen. Die zur Glasfärbung verwandten Metalloxyde unterscheiden sich kaum von denen späterer Epochen (Kupfer oxyd, Eisenoxyd, Manganoxyd, Kobaltoxyd, Kupferoxydul, Antimon, Bleiweiß, Zinn u. a.). Unterschiedlich ist jedoch der technische Vorgang der Glasfärbung. Während die Gläser des 13. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 14. Jahr hunderts vorwiegend massiv gefärbt sind (Abb. 104a; Aus nahme: Rot, das zu allen Zeiten als ein- oder mehiläches Überfangglas hergestellt wurde), lassen die frühen Gläser unter dem Mikroskop häufig einen schichtenförmigen Aufbau erkennen, der gelegentlich aus bis zu 27 fein übereinandergelagerten Häutchen bestehen kann; gewöhnlich sind es dreibis fünffache Überfanggläser (Rot, Gelb, Grün, Rotviolett) mit dazwischengelegten, grünstichigen Weißschichten nach dem Schema: a-b-a-b-a (Abb. 104 b-e). Parbkombinationen treten nicht auf. Bei dreischichtigen Gläsern liegt die recht starke Farbschicht meistens innen (Abb. 104o). Technisch unterscheidet sich die Herstellung dieses Schichtenglases nur dadurch von der geläufigen Überfangtechnik, daß der ausgeblasene Glaszylmder nicht einmal, sondern entsprechend mehrmals in eine sehr dünnflüssige Färb- und Weiß-Schmelze getaucht wurde. Eine eindeutige Erklärung für die kompli zierte Färbetechnik in der Frühzeit läßt sich nicht geben; vermutlich zwangen schmelztechnische Schwierigkeiten zu diesem Verfahren (Unreinheit der Rohstoffe, die bei den langen Läuterungszeiten eine gezielte Farbgebung erschwerten, ja oftmals sogar unmöglich machten). Eine Variante dieses Schichtenglases bildet das noch um 1300 (Eßlingen) gebräuchliche Hafenmischglas (vornehmlich Rot), das im Schnitt keine Horizontalschichtenbiklung zeigt, sondern eine unregelmäßige Schrägäderung, die dem Glas bei normaler Durchsicht eine ungemein lebendige Strukturierung verleiht (Lausanne, Rose, Abb. 104f). Wie der Name besagt, handelt es sich um eine Glasmischung zweier Hafenschmelzen (z. B. Rot und Weiß) noch vor Tauchen der Pfeife. Eine Kombination zwischen beiden stellt das ebenfalls sehr lebendig wirkende Schiohtenmischglas dar, das durch wechselseitiges Tauchen des halbausgeblasenen Glaszylinders in eine Weißschmelze und eine vorgemengte Rot-Weiß-Sohraelze entstanden ist. Im Mikroskop lassen nur die Weißschichten einen kontinuier lichen Verlauf erkennen; die eingesprengten Rotschichten variieren erheblich in Verlauf und Stärke, überlagern einander hier, brechen dort unvermittelt ab (Abb. 104k). Das 13. Jahrhundert steht im Zeichen eines allgemeinen Hochstandes der Technik. Die durchschnittliche Glasstärke liegt bei 3 bis 5 mm; extreme Schwankungen innerhalb der einzelnen Gläser bilden eine Seltenheit. Dank der vorzüglichen Glasqualität zeigen die Gläser innen wie außen eine seidig matte bis glattglänzende, nur schwach angewitterte Ober flächenbeschaffenheit. Die Korrosionserscheinungen be schränken sich vorwiegend auf die der Außenbewetterung zugewandte Seite und treten hier in Form von kleinen, kraterförmigen Vertiefungen entlang der Halbtonbemalung auf, können sich aber in ungünstigen Fällen (Erfurt, Barfüßer kirche) bereits zu partiellen Flächen ausfressungen ausgeweitet haben, die ihrem äußeren Ersehe immgsbilde nach geradezu wie Farbausschliffe anmuten. Die Farbskala dieser Epoche setzt sich fast ausnahmslos aus massiv gefärbten Gläsenr weit gehend übereinstimmender Farbigkeit zusammen. Als einziges neues Überfangglas tritt zu dem üblichen Rotüberfang der bis dahin stets massiv gefärbte Inkarnatton Hellviolett auf Weiß (gebräuchlich bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts). Diesem allgemeinen Hochstand in der Technik folgt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein gewisser Tiefpunkt. Charakteristisch für die Zeit bis 1400 ist die Verwendung eines sehr ,,weichen" Glases mittlerer Stärke, das sich auf Grund seines hohen Alkaligehaltes (Schmelzpunktverringerung!) gegenüber atmosphärischen Einwirkungen als sehr anfällig erwiesen hat. Besonders die Außenseiten zeigen schwere Korrosionsschäden (Flächenfraß mit starkem Korrosionsbelag, der häufig den völligen Transparenzverlust eines Glases be wirken kann: z.B. in Erfurt, Domchor; Köln, Domchor; Nürnberg, St. Sebald - Abb. 119, St. Martha). Vielerorts bildete die mangelhafte Beständigkeit der Fenster dieser Zeit bereits im 15. und 16. Jahrhundert den Anlaß zu umfassenden Renovierungen oder völligen ,,Verneuungen" (Ulm, Münster chor; Nürnberg, St. Sebald). Parallel mit der Verschlechterung der Glasqualität im 14. Jahr hundert läuft eine zweite, positive Entwicklung, der der Wert einer gezielten Glasveredlung beizumessen ist. In dem Bestre ben, die beschränkte, aus nicht farbstichfreien Lokalfarben bestehende hochgotische Farbskala dem veränderten Zeit geschmack anzupassen, entstehen in diesem Jahrhundert zahlreiche bis dahin unbekannte ,,Mischfarben", die nicht nur ihrem äußeren Erscheinungsbilde nach, sondern auch technisch diesen Namen zu Recht tragen; es handelt sich um polychrom angelegte nuancenreiche Mehrschichten- und ÜberfangGläser: Blau-Violett-Blau; Rotviolett-Blau-Rotviolett; Violett auf Grün; Rot auf Grün; Rot auf Blau; Rot auf Gelb; Rot violett auf Weiß; Blau auf Weiß oder Hellgrün; Gmn auf Weiß u. a. Mehr oder minder zufällig durch die Herstellung des Glases bedingte Schwankungen in der Stärke — und damit auch in der Farbigkeit (z. B. verlaufendes Rot von Hellrot nach Intensivrot, Abb. 1041) — wurden vom Künstler vielfach geschickt ausgenutzt, um die Plastizität eines Körpers zu unterstreichen (Klosterneuburg, Kreuzesauffindrmg; Ardagger, Margarethe; Nürnberg, St. Lorenz, Zug durch das Rote Meer). Als weitere Beispiele der Glasveredlung, die bereits in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auftreten, sei hier noch auf den Rotausschliff (Abb. 104 1) und den vornehmlich in Öster reich und Frankreich begegnenden Farbschmelz verwiesen, bei dem auf einen Farbglasträger dünne nebeneinander gelegte farbige Glasfäden aufgeschmolzen wurden (z. B. in Klosterneuburg; Wien, St. Stephan, Maria am Gestade; Nürnberg, St. Sebald, Abb. 104m). Um 1400 tritt neben das gebräuchliche stark alkalireiche ,,Weichglas" ein sehr dünnes und ,,hartes" Bleiglas, das
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