93. vStift Kremsmünster, Kunstkammer; Charotte, Horn, viertes Viertel des 18. Jahrhunderts (BDA, I. Kirchhof) des Oberösterreichischen Landesmuseums, Akademische Konservatorin Frau Gisela de Somzee, die schon bisher im Rahmen des Möglichen helfend eingegriffen hat. Dem berechtigten Wunsche nach Lieferung eines Überblickes über die Schätze der Kremsmünsterer Kunst kammer kann im Rahmen dieses Berichtes nur in äußerster Knappheit entgegengekommen werden^®; die genaue Darstellung dieser Sammlung wird Sache eines erst zu erarbeitenden wissenschaftlichen Kataloges sein. Immerhin möge im folgenden eine Auswahl der wichtigsten Gegenstände vorgeführt werden. Aus dem Bestand an Gold- und Silberschmiedearbeiten verdienen in erster Linie hervorgehoben zu werden: ein ausgezeichneter getriebener Deckelpokal mit der Darstellung der Geschichte des ägyptischen Joseph, bei dem es sich möglicherweise um eine Arbeit des augsburgischen Goldschmiedes Peter Winter handelt (Abb. 86)^^, ferner ein schöner, aus dem frühen 17. Jahrhundert stammender Straußenei-Pokal (Abb. 87)1® sowie zwei süddeutsche Kokosnuß-Pokale des späten 16. oder frühen 17. Jahrhunderts (Abb. 88)1®. Ein Steingutgefäß mit einer vergoldeten Silberfassung von 1605, das in den Inventaren der Sammlung als ,,antik" geführt wird, ist in Wirklichkeit ein Erzeugnis der sogenannten Loschitzer Keramik des 15. Jahrhundertsi''. Aus der Gruppe der kleinformatigen Gegenstände der Metallkunst mögen Erwähnung finden; die beiden goldenen Gnadenpfennige Kaiser Ferdinands II., die in Gold emailfassungen der kaiserlichen Hofwerkstatt montiert sind (Abb. 89), ferner eine gravierte Silberplatte Eine erste Übersicht über die Bestände der Kremsmünsterer Kunstkammer lieferte Hermann Ubell: Die Kunstkammer des Stiftes Kremsmünster, in: Kunst und Kunsthandwerk, 13, 1910, S. 374ff. An diesem Pokal haftet die Tradition, daß er auf Grund eines zwischen dem Propste Georg von St. Floi'ian und dem Abte Johannes Spindler von Kremsmünster geschlossenen Abkommens im Jahre 1598 von St. Florian nach Kremsmünster gekommen sei. Der stilistische Befund widerspricht jedoch dieser Tradition, die wahrscheinlich auf ein anderes, vielleicht nicht mehr exi stierendes Objekt zu beziehen ist. Der Pokal trägt ein augsburgisches Beschauzeichen und eine Meistermarke PW, die der Meistermarke 613 entspricht, die Rosenberg dem Goldschmied Peter Winter (vermählt 1651, gestorben 1702) zuordnet. Jedenfalls handelt es sich bei diesem Pokal wohl kaum um eine Arbeit des 16., sondern um eine Arbeit des mittleren oder späteren 17. Jahrhunderts. Am Fuß dieses Pokales befinden sich zwei Punzen, die noch nicht aufgelöst werden konnten. Die Fassung des einen der beiden Kokosnuß-Pokale ist mit der Marke eines Meisters HW (in liegendem Oval) bezeichnet. Sehr verwandte Becher gibt bzw. gab es in der Sammlung Figdor, auf Burg Kreuzenstein, in der Sammlung der Grafen Trapp auf der Churburg, im Franzensmuseum in Brünn und anderwärts. Vgl. Walcher von Molthein, Beiträge zur Geschichte mittel alterlicher Gefäßkeramik, in: Kunst und Kunsthandwerk, 13, 1910, S. 80f. und S. 406, Abb. 6, 7 und 75. Dei- Kremsmünsterer Becher stammt aus der Mineralien- und Petrefakten-Sammlung des Linzer Landesrates Roger von Rutershausen, die im Jahre 1782 vom Stifte Kremsmünster erworben wurde; die in den Boden des Bechers flüchtig eingeritzte Zahl 2595 ist die Nummer der Sammlung Rutershausen. Rutershausen hatte den Becher angeblich in Enns erworben; die ebenfalls in die Bodenfläche ein gravierte Bezeichnung ,,WOLFF RAIDT 1605" ist eine Besitzerinschrift. 2 Denkmalpflege 77
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