Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

ein neuzeitliches Kunstwerk gültig sind. Das heißt, daß der Streifzug durch die gesamte Welt der Kunst und durch ihre Zeiträume sehr wohl gerechtfertigt ist, weil gerade dadurch die Bedeutung, die der naturkundlichen Komponente bei allen Erhaltungsmaßnahmen zukommt, ins rechte Licht gesetzt werden könnte. Für den Chemiker ist jeder Kunstgegenstand, woraus er auch gemacht sei, aus welcher Zeit oder Gegend er stamme, in erster Linie ein Objekt seiner naturkundlichen Forschung. Eine nicht recht begreifliche Systemlosigkeit, die zwar nicht in der Disposition des Buches, wohl aber in der Darstellung in Erscheinung tritt, hat jedoch den Verfasser in unseren Augen um das positive Ergebnis seiner mühevollen Arbeit gebracht. Die Arbeit eines in der Wissenschaft tätigen Menschen besteht nicht zuletzt darin, Wissen zu ordnen, um OS zugänglich, übertragbar und anwendbar zu machen, und so wui'de auch ein Buch wie dieses gewiß zu keinem anderen Zweclv geschrieben, als das 8pezialwissen eines gelehi'ten Autors nutzbar wei'den zu lassen, sei es für Archäologen und Donkmalpfleger, sei es für Chemiker. Es ist uns bewußt, wie leicht man sich bei ungünstiger Be urteilung einer Arbeit zumal dann ins Unrecht setzt, wenn man Beispiele aus dem Gesamt Zusammenhang hebt, um an ihnen die Mangel zu demonstrieren. Leider bleibt nichts übrig, als diesen wenig angenehmen Weg zur Begründung der oben getrof fenen Feststellungen einzuschlagen und einiges anzumerken. Kapitel IV handelt über ,,Gesteine und Werkstoffe". Es ent hält ein Verzeichnis von Natursteinen, Kunststoffen (darunter auch Zement, Beton, Mörtel), Schmucksteinen, Metallen und Legierungen und beschäftigt sich auch mit Farbstoffen, Holz, Papiei', Faserstoffen und der Färberei. Die Auswahl ist gewiß unter dem Gesichtspunkt getroffen worden, die (wichtigsten? alle? oder einige?) Kohstoffo aufzuzählen, die in der bildenden Kunst Verwendung finden. Wenn nun das Buch für Archäo logen, Bautechniker und Denkmalpfleger bestimmt ist, wäre es zweckmäßig gewesen, nach der Beschreibung des »Steines bzw. Stoffes \ind der jeweiligen (übrigens nur gelegentlich angegebenen) Beständigkeit gegenüber äußeren Einflüssen jene Angaben zu machen, welche die Verbindung zwischen der Gesteins- und Werkstoffkunde einerseits und der Archäologie, Bautechnilc und Denkmalpflege andererseits herstellen. Aber auch wenn das Buch den Chemiker anregen und ihm neue Kenntnisse vermitteln soll - dann erst recht —, hätte diese Beziehung gezeigt werden müssen; denn ein Verzeichnis der Rohstoffe ohne solche Hinweise dürfte für Chemiker kaum Neues enthalten. Auch Kapitel V ,,Über die Aufbauart der festen Stoffe" sagt über diese Beziehung, die herzustellen das Buch beansprucht, nichts aus. Leider ist auch Kapitel VI ,,Über Schäden und ihre Entstehung", das eine Art Kernstück des Buches sein könnte, üi dieser Hinsicht wenig ergiebig. Aufschlußreich erscheint uns der in das Kapitel eingefügte Beitrag von G. Degelius ,,Über Verwitterung von Kalk- und Dolomitgestein", wenngleich auch hier die Querverbindung zum Thema fehlt. Schade, daß J. A. Hedvall das über zwanzig Jahre alte Buch H. Hörmanns, Methodik der Donkmalpflege, München 1938, entgangen ist; das darin enthaltene Kapitel über ,»Ursachen des Verfalles" scheint mir für Archäologen wie für Chemiker noch immer an regender zu sein. ,,Zur Frage der Konservierung und Restau rierung" ist Kapitel VII überschrieben. Der Verfasser be schäftigt sich darin eingehend mit einem seiner Spezialgebiete, der Behandlung von ,»kranken" Gläsern (freilich nur mit seinen eigenen, nicht mit anderen Methoden); ferner führt er eine Menge einschlägiger Literatur an (aus der bekannten Arbeit von F. Rathgen, Die Konservierung von Altertums funden, Berlin 1915 und 1924, wird z.B. das Inhaltsverzeichnis abgedruckt; desgleichen aus H. J. Plenderleighs, The Conservation ofAntiquities and Works of Art, Treatment, Repair and Rostoration, Oxf. Univ. Pr. 1957, auf das näher einge gangen wird). Schließlich gibt er Auskünfte zum Teil im Origi naltext wieder, die er brieflich bei verschiedenen Laboratorien, Museen, Instituten und Restauratoren eingeholt hat. Das ist alles überaus dankenswert, und wir können uns die mühselige Arbeit, den Wust der Korrespondenz vorstellen, die das Unternehmen mit sich gebracht hat. Aber, die wissens werten Einzelheiten gehen unter im Fluß der Plauderei, und man gewinnt den Eindruck, als hätte der Verfasser mit Rück sicht auf den Urnfang des Buches nachträglich die Über leitungen zwischen einzelnen Sätzen ,,was ich noch sagen wollte..., da fällt mir übrigens noch ein, daß..." usw. aus dem Manuslcript hei-ausgestrichen. So angenehm diese Art der Darstellung für den Leser eines wissenschaftliche Tatsachen und Erkenntnisse verarbeitenden Werkes mitunter sein kann, so scheint sie uns nur statthaft, wenn die innere Organisation des zu behandelnden Themas so klar zu erkennen ist, daß auch der Wortsehleier sie an Deutlich keit nichts verlierenläßt. Haben wir gerade von einem Vertreter der Naturwisseiischaften jene Systematik erwartet, die in die Wirrnis der Restauriei'Lings- und Erhaltungsprobleme wenigstens eine gewisse Ordnung hätte bringen können, so muß man durch die Lektüre des Buches eher zur Auffassung gelangen, der Verfasser habe (abgesehen natürlich von seinen persönlichen Arbeitsgebieten) mitgeteilt, was er ,»zufällig" in Erfahrung bringen konnte. Der dilettantenhafte Charakter des Buches wird dadurch besonders aufdringlich. Der Eindruck steigert sich noch bei Durchsicht des Kapitels III, ,,Über den Zustand bedeutender Denkmäler". Wenn man, um seine Thesen zu entwickeln, die Kunstwerke der ganzen Erde und aller Zeiträume heranzieht und verspricht, über den ,»Zustand bedeutender Denkmäler" zu referieren, so muß dem Bericht ein bestimmter Maßstab zugrunde gelegt werden. Er wäre an sich durch den Begriff ,»bedeutend" bereits gegeben, er könnte aber, der naturkund lichen Tendenz der Arbeit gemäß, auch an dem Begriff ,.Zustand" gewonnen werden. Weder das eine noch das andere ist der Fall. Die Überschrift schwebt über dem Kapitel wie die Leuchtschrift über dem Geschäftslokal eines Unternehmens, das in eine andere Straße übersiedelt ist und dabei außer ein paar Ladenhütern auch vergessen hat, die Reklame abmon tieren zu lassen. Mit bewunderungswürdigem Fleiß hat hin gegen der Verfasser in diesem Kapitel zusammengetragen, was er über die Organisationen der Museen, der Denkmalpflege, der archäologisch-wissenschaftlichen Institutionen und deren Arbeitsprogramme, der Restaurierwerkstätten, über den Charakter der Restaurierungen usw. in den einzelnen Ländern auf Grund von ,,eigenen Betrachtungen und brieflichen Mit teilungen" in Erfahrung gebracht hat. Leider haben diese Quellen nicht ausgereicht, um die jeweils charakteristische Art der Organisationen, die jeweils besondere Situation, geschweige denn die typischen. Denkmäler und die sich daraus ergebenden Fragen der Erhaltung und Restaurierung im Text ei'kcnnoji zu lassen. Die Informationen, die dem Verfasser zur Verfügung standen, waren überdies gelegentlich auch fälsch.

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