Im ganzen kann von dieser Arbeitstagung mit Fug gesagt werden, was leider nicht iur alle derartigen Unternehmungen gilt, daß sie für ältere und junge Mitarbeiter fruchtbar war, da die längere Pause seit dem letzten Treffen, während der die Arbeit allenthalben weitergeführt worden war, genügend Diskussionsstoff angehäuft hatte, wobei sich nun zeigt, wo die schwachen Punkte in Organisation und Forschung liegen. Die Tagung hatte sich schließlich mit den zwei zuletzt erschie nenen Bänden auseinanderzusetzen; Belgien I (J. Heibig, Les vitraux medievaux conserves en Belgique 1200-1500) und Österreich 1. Wenn die Autorin des österreichischen Bandes sich der nicht eben üblichen Aufgabe unterzieht, sich an dieser Stelle selbst mit ihrer Ai-beit auseinanderzusetzen, so kann sie ihre Ein stellung dazu nur in die Sätze kleiden, die der verehrte Hofrat E. Hainisch seinem Nachwort zur Kunsttopographie des Gerichtsbezirkes Lambach mitgegeben hat In gesteigertem Maße wird das Mißverhältnis zwischen dem Angestrebten und dem Erreichten bei dem Vorliegen des fertiggestellten Buches offenbar. Der Verfasser würde oft nichts lieber tun, als eine vernichtende Kritik seines eigenen eben erst der Öffentlichkeit übergebenen Werkes schreiben. Dieses tiefe Unbehagen gegenüber dem Geleisteten kann eine gute Frucht tragen, wenn der Verfasser sich in der Lage sieht, die zunächst nur bis zu einem Teilabschluß gediehene Arbeit weiterzuführen. Dann allerdings wird die Kritik nicht nur augenfällig gewordene Mängel festzustellen, sondern auch anscheinend Geglücktes eingehend zu prüfen haben." Eva Frodl-Kraft: ,,Die mittelalterlichen Glasgemälde in Wien", Corpus Vitrearum Medii Aevi, Österreich I, herausgegeben vom Institut für österreichische Kunst forschung des Bundesdenkmalamtes, Verlag Hermann Böhlau's Nachf., Graz-Wien-Köln 1962. 156 Seiten, 125 Textfig., 309 Abb., XXV Textabb., 8 Farbtafeln. Daß für den ersten Band des Österreichischen Corpus die mittelalterlichen Glasgemälde Wiens zur Bearbeitung gewählt wurden, lag aus arbeitstechnischen Gründen nahe, bot aber eine doppelte Schwierigkeit: einmal nehmen im Bestand Wiens die museal verwahrten Scheiben verschiedenster Provenienz (Österreichisches Museum für angewandte Kunst), die in Normalbänden nur als Annex zum gewachsenen Bestand auf scheinen, einen unverhältnismäßig breiten Raum ein. Die topographische Ordnung des Materials, die ohnedies im Hin blick auf die kunstgeschichtlichen Gegebenheiten gegenüber einer zeitlichen Darbietung im Nachteil ist, muß in solchem Fall als rein zufällige erscheinen. Dem gewachsenen lokalen Bestand hinwiederum, der sich fast ausschließlich aus den Resten der Verglasung der mittelalterlichen Hauptkirchen der Stadt, des Stephansdomes und der Pfarrkirche Maria am Gestade, zusammensetzt, hat die Zeit so übel mitgespielt, daß weder seine Qualität noch seine kunstgeschichtliche Bedeu tung mit wenigen Ausnahmen unmittelbar anschaulich wird. Von beidem aber hat eindringende Beschäftigung mit dem Material die Verfasserin überzeugt; sie glaubte deshalb dem Rekonstruktionsversuch in ikonographischer und formaler Hinsicht mehr Platz einräumen zu müssen, als dies vielleicht einer ganz strengen Auffassung der Corpus-Arbeit entspricht. In künftigen Bänden wird es sich empfehlen - wie dies auch den Bearbeitern der Österreichischen Kunsttopographie geraten wird - die Behandlung solcher Einzelprobleme so viel als möglich in Sonderpublikationen (Zeitschriftenauf sätzen) vorwegzunehmen. Dieser Weg wäre auch dann zu beschreiten, wenn bisher unpubliziertes umfangreiches Urkundenmaterial zu bearbeiten ist, wie das etwa in Nürnberg der Fall ist. Das Institut für österreichische Kunstforschung hat sich hei der Vorbereitung zweier Kunsttopographie-Bände mit einer Kompromißlösung beholfen: Die Regesten wurden m 50 bzw. 100 Exemplaren hektographisch vervielfältigt und gebunden den wichtigsten österreichischen und deutschen Bibliotheken mid Archiven übergeben. Das fragmentarische und entstellte Bild der Wiener Glas malerei, das zu seiner Ergänzung und Abrundung unbedingt einer erläuternden Einfühi-ung bedarf, brachte es mit sich, daß das kunstgeschichtliche Einleitungskapitel für die Ver fasserin große Wichtigkeit gewann. In dem Bewußtsein der akzessorischen Bedeutung eines solchen Kapitels in einem reinen Inventarwerk trachtete sie aber, seinen Umfang möglichst zu beschränken (von den insgesamt 20 Seiten beanspruchen die Abbildungen die Hälfte); mit dem Ergebnis, daß die mit fast schlagwortartiger Kürze angedeuteten Zu sammenhänge sich für den nicht mit der Materie vortrauten Leser wohl kaum zu einem hinlänglich klaren Gesamtbild zusammenschließen werden. Auch soll nicht verschwiegen worden, daß die Abstimmung und Gewichtsverteilmig zwischen den Einzeleinleitungen zu einer Gruppe von Glasgemälden und den einzelnen Fenstern einerseits und der kunstgeschichtlichen Gesamteinleitung andererseits, der Verfasserin außer ordentliche Schwierigkeiten bereitet und vielfache Um arbeitungen des Manuskriptes notwendig gemacht hat. Es wird dies deshalb erwähnt, weil vor allem die jungen Mit arbeiter wahrscheinlich den gleichen Unsicherheiten erliegen und gerade dabei der Hilfe des Redaktionskomitees bedürfen werden. Die grundsätzliche Crux jeder kunstgeschichtlichen Einleitung zu einem Corpus-Band ist zu selbstverständlich, um sie näher erläutern zu müssen: Sie dürfte eigentlich erst geschrieben werden, wenn das gesamte Corpus vorliegt. Aber es wird wohl kaum einen Autor geben, der ganz darauf verzichten wollte, die Früchte seiner Beobachtungen und Forschungen auch selbst darzubieten. Dieser Teil des Corpus-Bandes wird mithin not wendigerweise der am meisten zeitgebundene sein, man wird von ihm wohl eine Klärung, aber keine endgültigen Ergebnisse erwarten dürfen. Die Verfolgung der widrigen Schicksale, denen die Wiener Glasgemäldefolgen seit dem 17. Jahrhundert unterworfen waren, macht das ausführliche Zitieren zahlloser Belegstellen in der Lokalliteratur notwendig. Um den Text zu entlasten, hat die Verfasserin einen Weg gewählt, der, zwar nicht in den ,,Richtlinien" verankert, in ähnlichen Fällen vielleicht gangbar wäre: Die Zitate sind in Regestenform, fortlaufend numeriert, mit ausgeworfenen Jahreszahlen, an den Schluß des Bandes verwiesen. Dem Historiker sind damit die Fakten in knappster Form übersichtlich dargeboten. Was nun den Katalogteil des Bandes anbelangt, so muß bekannt werden, daß die einzelnen Angaben von verschiedenem dokumentarischen Wert sind. So etwa haben die Angaben über den Erhaltungszustand zum Teil wenig Wert: Die Floskel ,,stark patiniert" oder ,,schwach patiniert" z. B. sagt umso weniger, als Patina, d. h. Verwitterungsschichten, das originale Erscheinungsbild unterschiedlich beeinflussen können. Es wird da wahrscheinlich richtiger sein, die Art der bewirkten Veränderung, also in erster Linie die Transparenzminderung 6 Denkmalpflege
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