Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

1961. Obwohl dieses Gesetz gegenüber dem ,,VoorIopige Monumentenwet", das wir seit dem Kriege hatten, in vieler Hinsicht einen Rückgang bedeutet, ist damit die Position der niederländischen Denkmalpflege geregelt. Das Gesetz bestimmt die Anlage eines Inventares, in dem alle für den Schutz in Betracht kommenden Denkmäler erfaßt werden, die dann ohne Genehmigung der zuständigen Instanz nicht abgebrochen und nicht verändert werden dürfen. Der Eigen tümer eines Denkmals, das unter Denkmalschutz gestellt wird, kann dagegen Berufung einlegen. Die Aufstellung des In ventares stellt zur Zeit eine große Belastung des Rijksdienstes dar und es ist noch nicht vorherzusehen, welche Maßstäbe bei der Stattgabe einer Berufung gegen die Aufnahme in das Inventar gelten werden. Wie weit kleinere Baudenkmäler, wie Stadt- und Dorfhäuser, in der Zukunft durch das ,,Monumentenwet" geschützt sein werden, ist zur Zeit auch noch nicht zu übersehen. Das ,,Monumentenwet" ist das Endglied der Entwicklung der Staatlichen Denkmalpflege, die damit nach einer Wachs tumszeit von beinahe hundert Jahren einen deflnitiven Status bekommen hat und den Kinderschuhen entwachsen ist. Dies scheint der Beginn einer neuen Periode zu sein, einer Periode, in der viele Einsichten und Traditionen von früher eine Fort setzung finden werden, wobei sich aber eine umfangreiche neue Aufgabe abzeichnet: der Schutz und die Restaurierung des kleinen Baudenkmals in großem Ausmaße. Diese Seite der Denk^nalpflege kannte die Vergangenheit nicht, es ist eine neue Aufgabe für einen Zeitraum, in dem sich mehr verändei't als je zuvor. Es ist eine Aufgabe, die gerade für un.ser Land mit seiner bürgerlichen Kultur und seiner dichten Bevölkerung von besonders großer Wichtigkeit ist. Unser Bestand an Denk mälern zeichnet sich nicht durch eindrucksvolle Kathedralen oder große Schlösser aus, alle Maße und Verhältnisse sind klein und intim. Die Denkmäler unseres Landes im eigentlichen Sinne sind die vielen alten Städte in ihrer oft noch so stim mungsvollen unberührten Ganzheit. Wir haben nun die schwierige Aufgabe, diesen Besitz, der größtenteils den Krieg unversehrt überstanden hat, auch durch die Jahre von Frieden und Hochkonjunktur zu lotsen und den gerechtfertigt-en Forderungen einer neuen Zeit anzupassen. K. Meischke EIN UNBEKANNTES PORTRÄT VON GREGORIO GUGLIELMI Gregorio Guglielmis Oeuvre hat durch die Zerstörung eines der drei Deckenbilder in der Großen Galerie von Schönbrunn während des Krieges^ und durch den Brand der ehemaligen Wiener Universitätsaula, dem das von ihm gemalte Deckenbild im Festsaal zum Opfer fiel, schwere Einbußen erlitten. Wenn jetzt ein bisher unbekanntes Werk seiner Hand auftaucht, so bedeutet das zwar keinen Ausgleich für das Verlorene, ergänzt aber unsere Kenntnis dieses bedeutenden Meisters nach einer anderen Richtung hin, denn als Bildnismaler war Guglielmi bisher nur durch zwei Stiche nach Selbstbildnissen bekannt^, während Originalporträts nicht nachgewiesen werden keimten. Guglielmis Porträt des Chevalier de Saxe (Abb. 42) stammt aus dem Besitz des ehemaligen sächsischen Königshauses. Das Bild, 1,42 X 1,10 m groß, ist links unten mit gelber Lasurfarbe signiert: ,,G. Guglielmi fecit 1754". Der Name des Dargestellten war auf dem ursprünglichen, im letzten Krieg verloren gegangenen Rahmen vermerkt®. Johann Georg Chevalier de Saxe war ein Sohn Augusts des Starken und der Gräfin Lubomirska. Als General hat er an allen drei Schlesischen Kriegen teilgenommen und bei Hohenfriedberg und bei Kesselsdorf die sächsische Kavallerie kommandiert. Er er reichte nicht die militärische Bedeutung seines berühmten Halbbruders, des Marschalls von Sachsen, doch bewies er durch seine Reformvorschläge nach Abschluß des Sieben jährigen Krieges eine klare Einsicht in die Notwendigkeiten, ^ Josef Zykan, Deckengemälde des Gregorio Guglielmi in Wien und ihre Wiederherstellung, in: Österreichische Zeit schrift für Denkmalpflege, IV, 1950, S. 14ff. ® Paul E. Messinger, Gregorio Guglielmi. in: Künstler-Lexikon Thieme-Becker, Bd. XV, S. 254. ® Das Bild gelangte kurz vor dem zweiten Weltkrieg als Leih gabe des Vereins Haus Wettin in das Dresdner Armeemuseum. Zur Zeit befindet es sich im Institut für Denkmalpflege, Dresden. Die künftige Unterbringung ist noch unbestimmt. die sich aus der damaligen Situation ergaben. Er starb 1774 im Range eines Generalfeldmarschalls. Als Ritter des Malteser ordens blieb er unvermählt. Auf dem Bilde Guglielmis ist die Ähnlichkeit mit seinem Vater unverkennbar, wenn auch bei dem damals 54-jährigen nicht mehr so ausgesprochen, wie auf einem um 1735 von Louis de Silvestre gemalten Porträt (früher im Dresdner Residenzschloß): die gleiche kräftige Nase, die gleiche nicht sehr hohe und etwas zurückfliehende Stirn, vor allem die gleichen buschigen dunklen Augenbrauen. Guglielmi malte den Chevalier nicht wie Silvestre in Uniform, sondern in Hofkleidung: weiße goldgestickte Weste, grau violetter, ebenfalls mit reicher Goldstickerei bedeckter Samt rock, schwarze Hosen. Am hellblauen Ordensband hängt der polnische Weiße-Adler-Orden, dessen Devise: ,,Pro Fide, Rege et Lege" auf dem auf den Rock aufgestickten Stern zu lesen ist. Das weiße Malteserkreuz auf der Brust ist zur Hälfte vom Ordensband verdeckt. Das Bildnis macht den Eindruck einer ungeschminkten Wirk lichkeitswiedergabe. Die Haltung, obwohl im Rahmen des Konventionellen bleibend, ist die des befehlsgewohnten Soldaten. Die Gesichtszüge von kräftigem Inkarnat sind scharf, fast hart modelliert und gleichen darin denen der Kaiserlichen Generäle auf Guglielmis Deckenbild ,,Österreich im siebenjährigen Krieg" in der Großen Galerie zu Schönbrunn. Die Details der Stickerei sind bis ins Kleinste ausgeführt, die Unterschiede des Stofflichen, Samt, Seide, Tuch und Stickerei, scharf charakterisiert. Trotzdem bleibt der Gesamteindruck geschlossen. Die farbige Abstimmung von Grauviolett und Goldgelb, Hellblau und Weiß untereinander wie zu dem Grau der Hintergrundarchitektur ist meisterhaft. Das Bildnis ist den Leistungen Guglielmis in der Monumentalmalerei eben bürtig. Es läßt nicht vermuten, daß es ein Zeugnis der erfolg losesten Zeit seines Schöpfers war.

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