Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Hat er es im Bereich Kremsmünsters auf der Jagd verwendet und hier als Geschenk gelassen? Jedenfalls verdankt es seine Entstehung demselben Meister, dem königlichen Messerschmied Hanns Sumersperger von Hall in Tirol, und demselben hochpolitischen Anlaß wie das Zeremonienschwert in der Wiener Schatzkammer und die garniturmäßig zugehörigen Prunkschwerter in der Wiener Waffensammlung und im Kopenhagener Nationalmuseum. Daneben steht noch ein Panzerhemd, das in seinen Proportionen und seinem Schnitt ganz offensichtlich der spätgotischen Kostümmode entspricht. Die Eingangswand setzt chronologisch fort mit zwei Ständern mit Auflagehaken, die ganz den alten Vorbildern entsprechen, wie sie bildlich die Zeugbücher Kaiser Maximilians I. in Wien überliefern. Zwischen ihnen steht ein Halbharnisch oder Harnasch (Abb. 19), Nürnberger Arbeit um 1550-1560, Typus der Rüstung eines Anführers von Fußvolk, den sehr wohl ein Offizier der Stiftsverteidigung getragen liaben konnte. Auf dem einen Hakengestell ruhen die Schlachtschwerter der äbtlichen Garde um 1575 (das 19. Jahrhundert erfand für diesen Waffentypus der Doppelsöldner den Namen Zweihänder oder Bidenhänder; Abb. 14, rechts vorne). Auf dem rechten Gestell liegen gebündelt die entsprechenden Helmbarten einer Leibwache. Es ist erstaunlich zu bemerken, wie jedes dieser Stücke aus dem Gebrauch auf dem Boden des Stiftes erwachsen ist und wieviel heimisches Erzeugnis aus dem engsten Umkreis dieses uralten Eisenschmiedegebietes vertreten ist. So offen der Blick der Besteller war, wenn es sich darum handelte, das zuverlässigste an Rüstzeug jeweils aus Süd- oder Mitteldeutschland und Ober italien, aus Spanien oder aus den Niederlanden zu beschaffen, so auffallend ist doch die Bedeutung, welche die ständigen Beziehungen zu den entsprechenden Handwerksmeistern nach Steyr und Wels, Linz und Bad Hall haben. Zwei von etwa zwei Dutzend Helmbarten eines festen Tj^pus (Abb. 20) tragen neben der Jahreszahl 1585 das Wappen und den Namen des damaligen Abtes Erhard Voit (regiert 1571-1588). Dadurch ist nicht nur die ganze Serie datiert, sondern durch gleichzeitige Zahlungsbelege auch die Herkunft dieser Kriegswaffenreihe, ja sogar ihr Meister: Pankraz Taller im nahen Hall-Pfarrkirchen, und dazu noch seine Meistermarke festgestellt. Dies stellt einen ganz einzigartigen Fall dar. Die schönen originalen Eschenschäfte tragen zudem den Brandstempel des Ebers, das ist das Wappentier des Stiftes, als Besitz vermerk, Beweis für die Gewachsenheit der Sammlung. Man wird ihm später ebenso auf den Gewehren des Stiftes aus dem 18. Jahrhundert begegnen. Über den Schlachtschwertern sind die Sturmhauben, über den Helmbarten die Morione der Mannschaften zusammengefaßt. Die Südwand zeigt in fortschreitend chronologischer Folge drei Paare von schweren Schwerttypen des späten 16. Jahrhunderts (Abb. 15, links im Hintergrund): für Reiter und Fußknechte, ferner sogenannte Schiavonas nach dalmatinisch-venezianischem Muster, dazu geordnet weitere heimische Helmbarten der gleichen Zeit. Es folgen die Haken- und Wallbüchsenrohre mit ihren Daten 1575, 1590 und 1591, also aus den Perioden der Äbte Erhard Voit und Johannes Spindler, dessen Monogramm ein Rohr trägt. Daran reihen sich die Luntenschloß-Musketen samt Ladstöcken, Auflegegabeln und Luntenspieße mit den zugehörigen Schützenhauben, und vor allem den vielen seltenen Patronenbandelieren. Die Musketen tragen die Marke der Stadt Suhl in Thüringen, die damals das ganze Reich belieferte, und sind wahrscheinlich mit einer Zahlung von 1621 zu verbinden. Hat diese Ausrüstung der Stiftsverteidi gung offenbar in den Bauernkriegen von 1625/26 gedient, so die anschließenden Steinschloßgewehre mit ihren Kremsmünsterer Eberbrandstempeln Generationen später in der schweren Türkenkriegszeit. Drei Wandfelder veranschaulichen also die Schießwaffenausrüstung dreier Jahrhunderte. An der Westwand (Abb. 14, im Hintergrund) entspricht eine alternierende Folge von drei Wandstreifen und drei Fensterleibungen mit Pultvitrinen in geschichtlichem Fortschreiten der Wehrentwicklung vom späten 16. bis zum 18. Jahrhundert. Die Wände zeigen in Reihen den Massenbedarf des Kriegers, des Fußvolkes wie der Reiterei: die langen Piken und Fußknechtschwerter, die schweren Nürnberger Rundschilde der Rundtartschierer des frühen 17. Jahrhunderts; die Zischäggen (Sturmhauben von öst lichem Typus), Reiterpistolen und -karabiner, Pferdegebisse und Solinger Reiterdegen des hohen 17. Jahr hunderts; Pistolen und Gewehre mit mediterranen (sogenannten Miguelet-) Schlössern, türkischen Läufen, französischen Schaftformen, die Schlösser und Schäftungen von spanischer oder neapolitanischer Herkunft - in dieser Mischung Zeugnis der Lage Österreichs um die Wende zum 18. Jahrhundert, mit seinen spanisch-süditalienischen dynastischen Beziehungen und seinen Türkenkriegen.

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