Charakteristischerweise nahm Kletzl die Konsolpropheten des Singertors in seinen Aufsatz ,,Zur Parier plastik" a\if und bezeichnete ihre Köpfe als ,,Derivate der Prager Prsemyslidenköpfe"^'. Es war unaus bleiblich, daß die Bildhauer dieser älteren Wiener Werkstatt, die zur Ausstattung des vergrößerten Doms hinzugezogen wurden, sich mit den Absichten der ,,Hofwerkstatt" auseinandersetzten. Die absichtsvolle Bewegtheit der Königsfiguren, in denen das bei allen Habsburgerstatuen vom Dom wiederholte und abgewandelte Motiv des vom Mantel schalenartig hinterfangenen Körpers aufgenommen wird, bestätigt einen solchen Kontakt. Wie sich der Name Rudolfs IV. mit den JStifterportalen des .Doms verknüpft, so repräsentieren uns die Minoritenportale das plastische Hauptwerk aus der Regierungszeit seines Vaters, Albrechts II. des Weisen, dessen Persönlichkeit sogar in einer direkten Beziehung zu ihnen stellt^*®. Zwischen beiden Gruppen von Portalskulpturen, die — in jeder Hinsicht voneinander unabhängig und verschieden — zu den Gipfelleistungen deutscher Trecentoskulptur zählen, liegen nur etwa fünfzehn Jahre. Als die künst lerischen Zielsetzungen der Minoritenwerkstatt von den neuartigen Absichten der Bildhauer der Statuen im Nikolaus-Chor der Michaelerkirche"'^'-' und der Fürstentore bereits überholt waren, muß diese ältere Werkstatt noch eine beträchtliche Bedeutung gehabt haben, wie die Chorstatuen der Stiegen-Kirche bezeugen. Daß es möglich ist, diese vier Sludpturengruppen in einem Zusammenhang zu nennen, beleuch tet die Lebendigkeit und die Vielfalt der Mfiener Steinplastik der Zeit um 1350-1370, deren besondere Situation von der Spannung zwischen starker Traditionsbezogenheit und großer Aufgeschlossenheit für Neuerungen bestimmt ist. Kltitzl, a. a. O., S. 141. 1)D Toteubut4i der Minoritenkircho wird ein Ki'atur Jacobiis von Paris. Beichtvater Albreehts .1.1., als Bi'bauer der ,,porta piilchra" genannt. 8. hierzu Kieslinger, a. a. O., S. 105. O. Deinus, Der Meister der Michaeler Plastiken, Österreichische Zeitsclirift für Kunst und .DenktnalpOege, VII, 1953, S. Iff. VORBEMERKUNG DER REDAKTION Der folgende Aufsatz ist der erste einer Reihe, welche die Aufmerksamkeit auf das Wiedererstehen der Sammlungen des Stiftes Kremsmünster lenken soll. Im nächsten Heft wird Dr. E. Neumann über die Kunstkammer berichten. Bküno Thomas DIE NEUAUFSTELLUNG DER RÜSTKAMMER IM STIFT KREMSMÜNSTER, O.Ö. Jedes der alten österreichischen Ordensstifte stellt, was seine Architektur, seine Lage in Natur und Landschaft betrifft, einen gewachsenen Organismus von ausgeprägter Eigenart dar. Nirgends kommt das, auf die knappste Form gebracht, so konzentriert und greifbar zum Ausdruck wie in dem Jahresband für 1961 des Notrings der österreichischen wissenschaftlichen Verbändet Ähnlich gilt es für die in Jahrtausenden erwachsenen Sammlungen Tind Kunstschätze unserer Stifte. Allerdings hat die Aufhebung so manchen Klosters, haben Abverkäufe unter widrigen Umständen unwiederbringlich höchste Werte zerstört oder in alle Winde zerstreut. Bis in die großen Museen der Vereinigten Staaten sind Hauptstücke gelangt. Immer noch beliefern jedoch die Stifte sämtliche Kunst ausstellungen, die Österreich aus seiner großen Vergangenheit heraus veranstaltet, mit Leihgaben aus der karolingischen Ära bis zum Barock. ^ ÖstoiToichischo. Ordensstifte, Notring-Jahrbuch 1961, Wien 1961. Darin der .Beitrag itbor Kreinsinünstcr vom KuvStos der Kunstsammlungen, Univ.-Doz. Dr. P. Willibrord Neumüller, S. 62-66, 2 Tafeln.
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