Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Ignaz Zibermayr: St. Wolfgang am Abersee. Seine Legende und ihr Einfluß auf die österreichische Kunst. Horn, N.-Ö. 1961, Verlag Ferdinand Berger, 136 Seiten mit 6 Bildtafeln. Wie bei seinem Hauptwerk ,,Noricum, Bayern und Österreich" legt der weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannte Gelehrte auch mit dieser Studie die zweite verbesserte Auflage einer früheren Arbeit vor^. Der Titel ist etwas variiert, der Gegenstand und die Kapiteleinteilung sind jedoch die gleichen. Zum Unterschied von der Erstauflage ist dem Text eine knappe Inhaltsübersicht der einzelnen Kapitel vorangestellt. Sie erübrigt eine Wiedergabe des ohnedies schon seit 40 Jahren zum geschichtlichen und kunsthistorischen Bildungsgut gehörenden Gegenstandes^. Handelt es sich doch um das Standardwerk zur Wolfgang-Ikonographie mit wichtigen Er gebnissen füi' die allgemeine sowie Bau- und Kunstgeschichte von Mondsee, St. Wolfgang am Abersee und Kefermarkt. Der Autor hat die seit der Erstauf läge erschienene wissenschaftliche Literatur eingearbeitet. Auf dem Gebiet der Ordensgeschichte tritt die Gorzer Reform als geistige Heimat Wolfgangs und Ramwolds an die Stelle Clunys. Die Erkenntnis wird der bahn brechenden Arbeit K. Hallingers verdankt, deren Ergebnisse übrigens auch für die Kunstgeschichte bedeutsam zu werden versprechen®. Die Reformen von Fruttuaria (12. Jh.) und von Melk (15. Jh.) folgen. Letztere ist der Grund dafür, daß der Pacheraltar Maria und nicht dem Heiligen geweiht wurde, dessen erst seit dem 14. Jh. nachweisbare Legende damals der Mittelpunkt emer blühenden Wallfahrt war. Eine weitere Neuerung ist die Aufnahme der von Zibermayr andernorts entwickelten und nicht unwidersprochen ge bliebenen These^ von der zeitlichen Priorität des kolumbani schen Systems im bayrischen Gebiet, wonach auch die ersten Mönche von Mondsee irischer Art gewesen sein sollen und erst ab Karl dem Großen Benediktiner daselbst nachweisbar sind. Reiche Früchte bringt die Arbeit, schon in der ersten Auflage, auch auf kunstgeschichtlichem Gebiet. Um nur wenige heraus zugreifen : Der Streit um die Anerkennung des Beiles als Wahrzeichen des Heiligen zeigt die fallweise Abhängigkeit der Attribute bildung von kirchenpolitischen Ereignissen, eine Feststellung, die geeignet ist, der ikonographischen Forschung historische Tiefe und Relief zu geben. Zur Baugeschichte von St. Wolfgang und Mondsee wird wichtiges Material beigebracht, so z. B. die Bestimmung der Lage der Marienkapelle in Mondsee und im Zusammenhange damit die Aufzeigung einer interessanten Parallele zur hier befindlichen doppelgeschossigen Anlage von Sakristei und Bibliothek in der ,,sacristia duplex inferior et superior" zu Lambach, deren Vorhandensein an der gleichen Stelle nördlich des Presbyteriums durch die Quellen und bau geschichtliche Untersuchungen gesichert ist®. N. WiBIRAL Ekrem Akurgal: Die Kunst Anatoliens. Von Homer bis Alexander. Berlin 1961. 350 Seiten, 265 Abbildungen, 28 Figuren, 7 Farbtafeln, Zeittafel, Karte^. Vorgeschichte und Archäologie haben in Kleinasien in den letzten Jahrhunderten Außerordentliches geleistet. Es liegt in der Natur des riesigen, stellenweise noch immer schwer zugänglichen Landes und in der geradezu unermeßlichen Zahl der vielschichtigen Siedlungs- und Fundstätten, daß die Forschung Schwerpunkte gebildet hat, zwischen denen weite geographische und zeitliche Räume liegen, die sie noch nicht hat erschließen können. Diese Methode hat freilich zu glänzen den Erfolgen geführt, an denen in steigendem Maß auch die türkischen Gelehrten wichtigen Anteil haben. Fast unser gesamtes Wissen über das Volk und die Staaten der Hethiter und die Kenntnis ihrer Monumente ist im Verlauf eines knappen halben Jahrhunderts buchstäblich aus der Erde gehoben worden®. Neben der Hethiterforschung, der bis heute eine sensationelle Note anhaftet, werden die übrigen, längst zur Tradition gewordenen kleinasiatischen Unternehmungen europäischer und amerikanischer Institute fortgeführt, werden dem alten Wissen um die Stätten in Pergamon, Ephesos, um nur diese zu nennen, Jahr um Jahr neue Erkenntnisse hinzu gefügt oder neue Vorhaben in Angriff genommen (z. B. Commagene). Die türkische Archäologie ist an vielen dieser Arbeiten beteiligt, oder hat selbständige und erfolgreiche Unternehmungen eröffnet, wie etwa in Side an der klein asiatischen Südküste, dessen erste fiüchtige Verzeichnung die österreichische Expedition unter Graf K. Lanckoronsky besorgt hat®. Die starke Überlagerung der frühen griechischen Siedlungen durch die hellenistischen und vor allem durch die römischen Jahrhunderte bringt es mit sich, daß diese zunächst den Gegenstand der Forschung zu bilden haben. So kommt es, daß gerade der für die Entstehung der abendländischen Kultur so bedeutungsvolle Zeitraum, der zwischen der ägäischen Wanderung und dem Beginn des Hellenismus liegt, bisher schlecht weggekommen ist. Er umfaßt immerhin nahezu ein Jahrtausend und birgt mit der homerischen Dichtung, dem Beginn des philosophischen Denkens und der jonischen Stil komponente in der Kunst eine der stärksten Wurzeln für den Aufschwung des Griechentums im 5. Jahrhundert. Ekrem Akurgal (Ordinarius für Archäologie an der Universität in Ankara) hat das frühgriechische Material gesammelt, durch eigene Ausgrabungen bereichert und durch Untersuchung der übrigen Kunstgebiete Anatoliens ein Gesamtbild von der künstlerischen Produktion Kleinasiens gewinnen können, das die Buntheit der Erscheinungen, die Überschneidung und Überschichtung autochtoner, östlicher und westlicher Bezie hungen auch für diesen Zeitabschnitt bestätigt. Zum ersten Mal werden hier an Hand der Funde und Denkmäler, unter eingehender Schilderung der historischen Umstände und ^ Die St. Wolfgang-Legende, ihr Entstehen und Einfluß auf die österreichische Kunst, in: 80. Jahresbericht des Ober österreichischen Musealvereins, Linz 1924, S. 139—232. ® Knappe Inhaltsangabe in der Besprechung von P. Gradauer in: Christ. Kunstbl. 1/1962, S. 28f. ® Besprechung von D. Großmann in: Zeitschrift für Kunstgesch. 20, 1957, S. 296ff. ^ Siehe zuletzt W. Neumüller—K. Holter, Der Codex Millenarius, Graz-Köln 1959, S. 61 ff., 183. ® P. Schmieder, in: Mitt. d. Centr.-Comm. XI, 1866, S. 23; K. Holter, in: Österr. Kunsttop. XXXIV, 1959, S. 86f. ^ Die alten Beziehungen, die die österreichische Altertums- und Kunstgeschichtsforschung mit Kleinasien verbinden (freilich sind sie nur in Ephesos lebendig geblieben), veranlassen uns, Publikationen zu vermerken, die wesentliche und neue Bei träge zur Kenntnis der Kunst dieser Gebiete leisten. ® Grabungsbeginn 1906 durch Hugo Winckler in Boghazköy. Die erste zusammenhängende Darstellung über die ,,Kunst der Hethiter" hat kürzlich E. Akurgal in einem prächtigen, mit Aufnahmen von M. Hirmer ausgestatteten Band (München 1961) gegeben. ® Städte Pamphiliens und Pisidiens, Wien 1890.

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