Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

von Fenstern, Klappläden und Pflanzen, die Ruhe und Ein fachheit, die von der alten Bauweise ausgeht. Übersichtlich und gesetzmäßig sind die Siedlungsgrundrisse, deren klare Konzepte die Luftaufnahme zeigt. ,,Straßen und Wege sind funktionsbedingt angelegt und wirken nie maßstablos; Lastenstraßen, an denen die Scheunen liegen, ermöglichen die straffe Abwicklung jeglichen Verkehrs und bilden zugleich Freiräume des gemeinschaftlichen Lebens. Jedes der kleinen, ebenerdigen Häuser mit seinein abge schlossenen Hofraum ist Symbol des Lebens in der Familie", so schreibt der Wiener Stadtplaner in seiner Einführung und weist damit in eine neue Richtung: diese einfachen, beschei denen Siedlungen sind Vorbild für die weitere Entwicklung des Haus- und Städtebaus in unserer Zeit. Damit eröffnet das Buch eine, seine wichtigste Dimension, es will die Begeg nung vermitteln mit einer humanen Baugesinnung. Nicht nur Denkmal zu sein, ist die Hauptaufgabe des Buches, sondern es soll als Vorwurf und Vorbild der modernen Architektur dienen und ein Ansporn sein zur Lösung ihrer dringenden Probleme. A. Schmeller Floridus Röhrig: Miniaturen zum Evangelium von Heinrich Aurhaym (Handschrift Nr. 4 der Klosterneuburger Stiftsbibliothek). Klosterneuburger Buch- und Kunst verlag 1961 (= Klosterneuburger Kunstschätze, Band I). 40 Seiten, 22 Farbtafeln. Der Reichtum der österreichischen Stifte an Werken mittel alterlicher Kunst ist zwar allgemein bekannt, aber nur wenige kennen davon mehr als bei Führungen durch die Stifte oder bei Ausstellungen gezeigt werden kann. Das gilt besonders für die Werke der Buchmalerei, die ihrer Natur nach zu den verborgensten Kunstschätzen gehören, da sie selbst bei Aus stellungen nur immer zu einem kleinen Bruchteil dargeboten werden können. Im vorliegenden Band wird eine dieser Hand schriften geöffnet und 22 von den insgesamt 98 Bildinitialen einer deutschen Evangelienharmonie werden in Farben reproduziert. So wird dem Leser ein Bilderbuch vorgelegt, das ihm einen Einblick in das Werk eines österreichischen Buch malers aus der Zeit ,,bald nach 1410" gewährt. Die typo graphische Gestaltung des Bandes gestattet es, daß zu den Bildern jeweils der zugehörige Evangelientext beigegeben wird - die beste Beschriftung für die Bilder. Das Bändchen ist aber mehr als ein bloßes Bilderbuch. Denn der Verfasser gibt dazu eine ausgezeichnete Monographie über den Meister der Bilder, der bisher in der Kunstgeschichte als ,,Illuminator Erzherzog Emsts des Eisernen" bekannt war. Von den sieben Handschriften die er in der Zeit von 1399 bis um 1420 illuminiert hat, ist die Klosterneuburger Evangelien harmonie das weitaus umfangreichste Werk. Wir erfahren auch etwas über die Person des deutschen Bearbeiters, des Heinrich von Mügeln, eines sehr gebildeten Dichters, der am Hofe Kaiser Karls IV. in Prag und bei Herzog Rudolf IV. in Wien tätig war. Die Farbreproduktionen, von der Druck- und Verlagsanstalt Weisermühl in Wels hergestellt, vermitteln eine gute Vor stellung vom Original. Das Bändchen, das sich als erstes in einer Reihe von Publikationen über die Klosterneuburger Kunstschätze vorstellt, ist eine ausgezeichnete Einleitung zu dieser Reihe, deren folgende Bände schon angekündigt sind. F. Untebkircher Heribert Sturm: Egerer Reliefintarsien. München, Verlag Robert Lerche, 1961 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, Band 13). 280 Seiten, 5 Farbtafeln, 107 Schwarz weißabbildungen auf Kunstdruckpapier. Mit diesem Buch hat ein besonders reizvolles Gebiet des Kunst handwerkes seine erste zusammenfassende Darstellung gefun den: das Gebiet der sogenannten ,,Egerer Reliefintarsia". Das Spezifikum dieses Derivates der normalen Marqueterie ist die Kreuzung der Technik der Einlegearbeit mit jener der Reliefschnitzerei; die Erzeugnisse, die in dieser Kombinationstechnik hergestellt wurden, sind Tableaux kleineren oder mittleren Formates mit Darstellungen zumeist figuralen und szenischen Charakters, die aus verschiedenfarbigen, teils ebenen, teils flach reliefierten Furnier- bzw. Holzstücken zusammengesetzt sind. Diese Tableaux wurden hauptsächlich als Füllungen für Kabinettschränke, Kästchen, Spielbretter und ähnliche Kleinmöbel verwendet. Ihren Namen verdankt die Technik dem Umstand, daß sie, soweit wir wissen, an scheinend ausschließlich von Kunstschreinern des Egerlandes ausgeübt wurde. Die Zeit ihrer Blüte war die zweite Hälfte des 17. und die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die bisherige einschlägige Literatur enthielt nicht viel mehr als einige allgemeine Äußerungen zu dieser Technik und einige recht knappe Angaben über die wenigen bekannt gewesenen Meister. Nun bringt das hier besprochene Buch eine außer ordentliche Mehrung des urkundlichen und gegenständlichen Materiales. Der Verfasser, ehemals Leiter des Egerer Stadt archivs, hat auf Grund seiner seinerzeitigen archivalischen Vorarbeiten einerseits eine sehr genaue und ausführliche Geschichte der in diesem Zusammenhang in Betracht kommen den Egerer Kunsttischlerfamilien dargeboten, und andererseits hat er, in einem nach Standorten angeordneten Katalog, die verschiedenen heute noch greifbaren Arbeiten dieses Hand werkszweiges zusammengestellt. Der Wissenszuwachs, den dieses sympathische, mit der Sachlichkeit des Historikers geschriebene Buch vermittelt, ist ein sehr beträchtlicher. Aus den Materialien des Kataloges verdient hervorgehoben zu werden die schöne Gruppe Egerer Intarsien, die der Sammler E. W. Pasold in Langley, Buckinghamshire, zusammenge bracht hat. Es sei dem Rezensenten gestattet, an dieser Stelle eine Beob achtung mitzuteilen, die für die Frage der Entwicklungs geschichte der Egerer Intarsia vielleicht nicht gänzlich un erheblich ist. Es gibt, auf der Basis eines anderen Materiales, ein genaues Parallelum zur Egerer Reliefintarsia: das ist der sogenannte Relief-commesso aus Halbedelsteinen. Ein Reliefcommesso ist ein Mosaik, welches zum Teil aus furnierdünnen, zum Teil aus reliefierten Halbedelsteinplättchen zusammen gesetzt ist. Wie die Egerer Reliefintarsia aus der normalen Holzintarsia deriviert, so deriviert der Relief-commesso aus dem normalen, planen ,,Florentiner Mosaik". Einer der frühesten erhaltenen Relief-commessi ist ein um 1619/20 in Florenz entstandenes Tableau mit der Darstellung des Großherzogs Cosimo II., welches sich heute in der Argen teria des Palazzo Pitti in Florenz befindet. Nun ist es aber bemerkenswert, daß gleichzeitig, nämlich im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts, auch in der kaiserlichen Hofwerkstatt in Prag derartige Relief-commessi hergestellt wurden (und zwar von Ottavio Miseroni und seiner Werkstatt). Es soll nun keineswegs behauptet werden, daß zwischen der an und für sich seltenen und durchaus höfischen Gattung des Relief-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2