Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

27. Das Wohnzimmer Franz Grillparzers nach der Wiederherstellung im Historischen Museum der Stadt Wien (Lucca Chmel, Wien) zu sehen ist. Die Fensterpölster sind original, die Fenstervorhangerln aus Etamin erneuert - man kann sie bei Franz Alt und bei Spieß nocb sehen, bei Rudolf Alt sind sie nicht mehr da. Die Beleuchtung der beiden Zimmer ist in den Horizontkammern eingebaut (Abb. 19), das Vorzimmer ist unbeleuchtet. Neonröhren und Reflektoren sind unsichtbar angebracht und erwecken den Eindruck abendlichen Sonnenlichts. Es ist ein gedämpftes Licht, in dem die Gegenstände undeutlich werden, und der Raum mehr als Ganzes in Erschemung tritt. Am 5. Juni I96I konnte die wiederhergestellte Wohnung zusammen mit der neueingerichteten Schau sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts der Öffentlichkeit übergeben werden. Die Wiederherstellungs arbeiten hatten ein halbes Jahr gedauert, die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 115.000 Schilling. Der Berichterstatter, der mit der Leitung der Arbeiten betraut war, hatte das Glück, vorzügliche und für die Aufgabe begeisterte Mitarbeiter zu finden. Als unentbehrlicher Gehilfe erwies sich Georg Weiß, ein jmiger, handwerklich begabter Facharbeiter des Museums. Die Begeisterung ist notwendig, sie verleiht jenes Fingerspitzengefühl und jene, man möchte sagen nachtwandlerische Sicherheit, die zur Erfüllung eines solchen Vorhabens unabdingbar erforderlich sind. Bedeutung Die Wohnung Grillparzers steht im Museum, aber sie sollte nicht als Museumsstück betrachtet werden. Sie ist eine Gedenkstätte, und so mag es auch von den meisten Besuchern empfunden werden, die nicht ohne Ehrfurcht eintreten. Grillparzer hat in diesen Räumen fast ein Vierteljahrhundert lang gelebt, was bei ihm träumen, denken und leiden hieß. Gewiß hat die auf ungewöhnliche Art verpflanzte und wiederhergestellte Wohnung an Wirklichkeitscharakter eingebüßt. Manches davon wird sie für das tiefere Empfinden mit der Zeit wiedergewinnen. Karl Glossy hat 1900 die Wiederherstellung für proble matisch gehalten, er meinte sogar, der ,,Pietätswert" sei schon durch die nachmalige Benützung beein-

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