Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Das Vorzimmer, dessen Bemalung nicht überliefert ist, wurde weiß getüncht, mit grauem Sockel und ebensolchen Abschlußlinien. Den Ausblick in den Hof und in die Spiegelgasse hat Rudolf Alt deutlich genug festgehalten. Diese Prospekte wurden auf Dämmplatten gemalt, die in den Horizontkammern befestigt sind. Dem Anstrich von Türen und Penstern ist eine Untersuchung der darauf befindlichen Farbschichten vorangegangen. Es wurden drei bis vier Farbschichten festgestellt. Der vierte Anstrich, eine ziemlich flüchtige braune Anfärbelung, stammte offenkundig von den Instandsetzungsarbeiten des Jahres 1940, der dritte, wie aus sicheren Indizien geschlossen werden konnte, von den Nachbewohnern. Maßgeblich war also die zweite Farbschichte, ein stumpfes graues, manchmal auch gelbliches Weiß; nur die Ein gangstür war beidseitig nußbraun gestrichen. Dementsprechend wurde von Museumsfacharbeiter Josef Torda alles neu gestrichen, nachdem, wo notwendig, die zerstörte Farbe bis auf das Holz abgebeizt worden war. Verwendet wurde Zinkweiß mit Beimischung von grauer oder gelber Farbe, und Standöl statt der heute gebrauchten Harzlacke, ganz nach alter Art, so daß wieder das gleiche stumpfe Weiß erzielt worden ist. Der Fußboden wurde nach Untersuchung der reichlich vorhandenen Farbreste mit rostbraunem Bodenlack gestrichen. Im Wohnzimmer wurde der weiße schwedische Kachelofen auf den im Plan verzeichneten, übrigens auf dem Fußboden deutlich erkennbaren alten Platz gesetzt. Auch der Ofen der Bibliothek ist in allen Teilen vorhanden; auf seine Aufstellung mußte leider verzichtet werden, da die Ofennische, wie erwähnt, jetzt Ausgang ist. Die vorgefundenen Lusterhaken, die - wenigstens zu Grillparzers Zeiten - nie einen Luster getragen haben, wurden im Mittelpunkt der Plafondrosetten montiert. Der Türglockenzug ist in allen Teilen ursprünglich und wie ehedem angebracht, man kann die Glocke läuten. Auch der Glocken zug im Wolmzimmer, der vom Lehnstuhl beim Schreibtisch und vom Bett aus betätigt werden konnte und das Hausmädchen herbeirief, ist in der ursprünglichen Form erneuert worden^®. Inzwischen war der Hausrat überprüft und instand gesetzt worden. Die Möbel wurden von den erfahrenen Tischlern des Museums, Ferdinand Löw und Ludwig Klaschka, hergerichtet: behoben wurden, unter sorgfältiger Wahrung der Gebrauchsspuren, nur die Schäden, die Transporte und Lagerung verursacht haben. Den Bösendorfer Flügel hat der Restaurator der Musiksammlung des Kunsthistorischen Museums, Karl Stefan, wieder vollkommen spielbar gemacht. Sofa und Bettüberwurf wurden sorgfältig ausge bessert und gereinigt, überhaupt jeder Gegenstand iir monatelanger Arbeit entstaubt, gereinigt oder entrostet, allenfalls vorsichtig ergänzt^". Die Einrichtung der wieder hergestellten Räume war nach alldem ein reizvolles Spiel. Freilich gibt es auch hier Fragen. Im Nachlaß fanden sich acht Stühle, aber auf den Abbildungen sind immer nur fünf zu sehen. Wo standen die übrigen drei ? Wo das zweite Steh pult, das im Nachlaß vorgefunden worden ist^^ ? Die Aufstellmrg der Möbel erfolgte mit großer Genauig keit an Hand der Abbildungen. Bei den kleineren Dingen des Hausrats ist ohne Pedanterie vorgegangen worden. Ein und den anderen Fingerzeig gaben Beschreibmigen von Besuchern^^. Die vollständig vor handene Bibliothek ist nach den Angaben des Nachlaßinventars emgeordnet worden^®. In den Fenstern wurden die Faltvorhänge aus Markisendrell erneuert, mit Schnurzug, wie er bei Kanitz und Franz Alt Die Wiederherstellung war nicht einfach, weil mit Ausnahme einiger Seilkloben nichts von den Teilen des Glockenzuges vor gefunden wurde, und die Abbildungen hier ziemlich undeutlich sind. Schließlich fand sich unter der Lupe bei Rudolf Alt eine die Wandabschlußleiste entlang laufende haarfeine Linie, offenbar der Draht des Glockenzuges, und so konnte man ihn nach Erneuerung der grünen Kordeln und der Messingrosetten, die den einfachen Hebelmechanismus abdecken, ganz in der alten Art wieder anbringen. Er kann allerdings nicht betätigt werden, weil die — vorhandene - Glocke weggelassen werden mußte. Bei Franz Alt hängt die Zugschnur hinter dem Lehnstuhl herab, bei Rudolf Alt hinter dem Bett. Bei Spieß sind beide Zugschnüre zu sehen. Zum Beispiel war es nicht einfach, etwa einen Korbflechter zu finden, der zwei Biedermeiersessel in der alten Art — waagrecht — senkrecht — einzufiechten gewillt war. Backmann, a. a. O., S. 174f., vermutet es auf Grund einer Bemerkung Dedekinds, a. a. O., S. 40, im benachbarten Wohn zimmer der Schwestern Fröhlich, dem sogenannten ,,Klavierzimmer''. 22 Vgl. Gespräche I/S. 303, 373; IV/S. 135f., 190; V/S. 23ff., 26f., 71, 102, 304; VI/S. 18f. Ferner Dedekind, a. a. 0., S. 27, 29; L. A. Frankl, Zur Biographie Franz Grillparzers, Wien 1883, S. llf.; M. v. Ebner-Eschenbach, Meine Erinnerungen an Grillparzer, Berlin 1916, S. 17ff., S. 34. 22 Karl Weiß hatte Kasten für Kasten aufnehmen lassen, separat die Bücher auf dem Schreibtisch und auf dem Stehpult. Gewissermaßen um den Aussagewert Rudolf Alts zu prüfen, wurden die Bücher auf dem Schreibtisch erst an Hand seiner Darstellimg aufgereiht und dann mit dem Verzeichnis verglichen: nur zwei Bücher mußten umgestellt werden! Eine ähnliche Be stätigung ergab sich, als der Rasierspiegel am Fensterkreuz aufzuhängen war: dort, wo nach umständlicher Lokalisierung der Nagel eingeschlagen werden sollte, fand sich, unter dicker Farbe verborgen, der alte Nagel.

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