Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

zahlen spielen ja für sein Gesamtproblem, nur eine untergeord nete Rolle und werden kaum genannt.) Was er in diesem Sinne etwa zu den burgundischen Reliefs des 12. Jahrhunderts oder zu einigen nordfranzösischen des 13. sagt, trifft m. E. durchaus zu und bestätigt, damit die prinzipielle Richtigkeit seines Konzepts. Die wesentlich ahistorische Fragestellung aber, die dem So-Sein eines Phänomens viel größere Aufmerksamkeit schenkt als seinem geschichtlichen Werden, übersieht dann doch wieder einige nicht unwichtige Aspekte. Da der Rezensent seinerseits sich vor allem mit gotischen Reliefs befaßt hat, seien wenigstens zu M.s einschlägigem 4. Kapitel einige An merkungen gestattet. So wäre etwa zu überlegen, ob der ,,Gruppenraum'h wie er hier als Spozifikum einiger Reimser Reliefs gesehen wird, nicht genetische Vorstufen in älterer Archivoltenplastik (etwa am Chartreser Querhaus) hat. In diesem Zusammenhang wäre auch auf Amiens ausführlicher einzugehen gewesen, als in einer einzigen, wiewohl umfang reichen Anmerkung möglich war. Auch dürften die klein formatigen Reliefmedaillons in den Sockelzonen von Paris West und Amiens West schon Raumvorstellungen ausgebildet haben, die später ungerahmt und in größerem Format ver wirklicht wurden. Bedauerlich scheint ferner, daß sich M. die Möglichkeit entgehen ließ, das Stephanstympanon von Paris Süd mit seiner jüngeren Replik in Meaux (ebenfalls am Süd portal) analysierend zu vergleichen. Die von M. in ihrer Bedeutung zutreffend gewürdigten Reliefs von Auxerre West konnten zwar im Rahmen einer so umfassenden Studie gewiß nicht hinsichtlich aller chronologischen Probleme untersucht werden, doch wäre hier wenigstens ein Hinweis auf die zu vermutenden Zeitunterschiede wünschenswert gewesen. Und schließlich vermißt man eine Auseinandersetzung mit J. Jahn, dessen Arbeit (Kompositionsgesetze französischer Reliefplastik im 12. und 13. Jahrhundert, Leipzig 1922) nur ein einziges Mal (Anm. 189) flüchtig zitiert wird. Die viel positivistischere Einstellung Jahns zu seinem Problem mag für M. unergiebig gewesen sein, und Ähnliches gilt wohl auch für die Studien von Focillon (L'art des sculpteurs romans, Paris o. J.) und Baltrusaitis (La stylistique ornamentale dans la sculpture romane, Paris 1931), die ansonsten für das zweite Kapitel heranzuziehen gewesen wären. Einwände dieser Größenordnung wird freilich jeder Spezialist gegenüber einer Arbeit mit so weitgestecktem Rahmen machen können, ohne daß damit deren eigentlicher Wert herabgesetzt sein soll. Abschließend scheint €)s daher wichtiger, die sehr bedeutende geistige Leistung des Verfassers noch einmal zu betonen — eine Leistung, die zwar mehr kunstphilosophischer als kunsthistorischer Art ist, daher das Material keineswegs vollständig erschlief3t und auch in der sprachlichen Formu lierung gelegentlich zu Widerspruch herausfordert, in der Interpretation der Hauptwerke aber Vorzügliches leistet und vor allem so viel grundsätzlich Neues ausspricht, daß eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihren Haupt- und Neben gedanken für jedes weitere Forschen über mittelalterliche Bild kunst unumgänglich wird. G. Schmidt Franz Unterkircher: Inventar der illuminierten Hand schriften, Inkunabeln und Frühdrucke der Öster reichischen Nationalbibliothek, 2. Teil, Wien 1959 Mit besonderer Freude begrüßen wir das Erscheinen des zweiten Teiles des Inventarwerkes der Bestände unserer National bibliothek, den ebenso wie den ersten, der Leiter der Hand schriftensammlung Dr. F. Unterkircher verfaßt hat. Was wir über die Bedeutung dieses Werkes anläßlich der Begegnung mit dem ersten Teil festgestellt haben^, gilt auch diesmal in vollem Umfang. Vielleicht sogar ist die Bedeutung noch höher einzuschätzen, weil Bestände erfaßt werden, die, wie das nicht allzu umfangreiche Literaturverzeichnis erkennen läßt, noch weit weniger bekannt sind als der abendländische Teil der Sammlung. Es sind die griechischen, slawischen, hebräischen und die orientalischen Handschriften, die sich wieder in die Hauptsprachongruppen arabisch, persisch und türkisch unter teilen. Dazu die äthiopischen, armenischen, georgischen, koptischen, syrischen, einige chinesische und indische Hand schriften, schließlich die mexikanischen, die von einem Begleiter Maximilians von Mexiko gesammelt worden sind. Überdies inventarisiert der Band jene kleineren HandschriftenGruppen, Inkunabeln, Frühdrucke und späteren illuminierten Drucke, die sich, wie dies im Vorwort ausgefülu't wird, schwer in ein einheitliches System bringen lassen. Die vorzügliche innere Organisation des Bandes, die nach Zeit, Ländern, Orten und Namen angelegten Register lassen den Benützer diese Schwierigkeiten jedoch kaum ahnen. Wir bewundern die organisatorische wie die wissenschaftliche Arbeit, die in diesem Werk zum Ausdruck kommt und gratulieren dem Verfasser und der Gencraldirektion der Österreichischen National bibliothek als Herausgeber zu dieser außerordentlichen Leistung. Den Wunsch, daß die andei'en großen Bibliotheken dem Vorbild folgen mögen, haben wir bereits geäußert; wir sprechen ihn neuerdings in der Überzeugung aus, daß die in Wien gewählte Form des Inventares an Zweckmäßigkeit kamn übertroffen werden kann. AV. Frodl Salzburger Museuiu Carolino Augusteum: Jahresschrift 1958. Salzburg 1959. Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1959, herausgegeben vom Stadtarchiv der Stadt Linz. Linz 1959 Zum Jahreswechsel treffen, gepflogenheitsmäßig, Jahres schriften und Jahrbücher ein, in denen von der wissenschaft lichen Arbeit in den Bundesländern berichtet wird. Das Salzburger Museum Carolino Augusteum gibt in gewohnt minutiöser Ausführlichkeit Rechenschaft über die 1958 geleistete Arbeit. Unter den Beiträgen sind wiederum die von Martin Hell sehr beachtenswert: Neue römische Grabstätten in Salzburg; Ein gallo-römischer Eisenschlüssel mit Bronzegriff aus Salzburg. Überragend an Bedeutung ist jedoch — wie derum — der Aufsatz von Franz Fuhrmann: Studien zur gotischen Plastik in Salzburg. Er unternimmt nicht weniger, als einige auch schon in die Literatur eingegangene und wohl bekannte Salzburger Kunstwerke als — Fälschungen zu ent larven. Fuhrmann beginnt realistischerweise damit, Irrtümer und Verwechslungen einzeln und behutsam zu entwirren, die der eil gros-Stilkunstgeschichte unterlaufen sind und die sogar Prorainente zu peinlichen Fehlurteilen und Fehlschlüssen verleitet haben. Die einmal aufgespürte Fährte ließ Fuhrmann weitere Fälschungen reihenweise entdecken. Die ,,Einbuße", die Fuhrmann somit ,,verschuldet", kann er jedoch wett machen: durch die geglückte Zuschreibung eines Reliefs an Andreas Lackner, die methodisch mit Hilfe einer konse- ^ Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, XI.Jg., 1957, S. 93.

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