Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

und Amerikas, insbesondere aber italienische Kollegen, mit wertvollen Beiträgen teilnahmen; sie ist allein durch sein in die Hunderte von Arbeiten gehendes wissenschaftliches Werk verzeichnis für das geistige Profil des Jubilars von entschei dender Wichtigkeit; die weltberühmte Academia di Belle Arti in Venedig erwählte ihn zum Academico d'Onore, welcher Auszeichnung zuvor lediglich die ausländischen Kunst historiker Berenson und Voss teilhaftig wurden. Eine Reihe weiterer wissenschaftlicher Gesellschaften folgten diesem Beispiel, die dem nun Verewigten in seinem letzten Lebensjahre die Gewißheit gaben, den richtigen Weg gegangen zu sein. Sein Andenken als das eines höchst geschätzten Österreichers in Ehren zu halten, ist seinen Wiener, österreichischen, europäischen, aber auch amerikanischen Freunden und Kollegen nur eine selbstverständliche Verpflichtung. Karl Garzarolli BUCHBESPRECHUNGEN Wilhelm Messerer: Das Relief im Mittelalter. Gebr. Mann, Berlin 1959. Die Grundidee, zu der sich das vorliegende Werk bekennt, sieht im mittelalterlichen Relief ,,nicht die besondere An wendungsform einer Anschauung, (sondern) die unmittelbare Formwerdung von Kräften und Wesenheiten"; Relief sei dieser Epoche nicht eine ,,als Aufgabe vorgegebene Kunstgattung", sondern ,,exemplarische Äußerung der den Zeitstil prägenden Potenzen" (S. 159). Dieser Gedanke wird nun von M. an einer Beispielreihe dargelegt, die von der Karolingerzeit bis zu Donatello reicht. Bei diesem (vorbereitet durch krisenhafte Erscheinungen noch des 14. Jahrhunderts) vollzieht sich die ,,Loslösung der Raumanschauung von der Reliefform", womit das Ende des mittelalterlichen als eines ,,primären" Reliefs gekommen ist und nur noch das,,Kunstrelief" weiterbesteht. Eine Untersuchung des,,Reliefstils" — er ist,,Thema der Arbeit als die Problematik derjenigen stilistisch bedeutsamen Eigen schaften, die an Reliefs besonders hervortreten" (S. 18) — muß also wichtige Erkenntnisse über mittelalterliche Kunst im allgemeinen liefern. M. spricht mit Recht von einer ,,Schlüssel stellung" des Reliefs, und tatsächlich gehören die Ausblicke auf zeitgenössische Baukunst und Malerei, die sich aus seinen Analysen fallweise ergeben, mit zum Anregendsten des ganzen Buches. An ihnen wird allerdings auch fühlbar, daß die gewollte Beschränkung auf das Relief (und dessen daraus sich ergebende Überbewertung) Gefahren birgt; ja vielleicht muß hier der einzige prinzipielle Einwand laut werden, der gegen diese in anderer Hinsicht wahrhaft imposante Arbeit vor zubringen ist. Denn bei aller Anerkennung der qualitativen und quantitativen Bedeutung des Reliefs für die mittelalterliche Kunst bleibt die Frage erlaubt, ob ,,Reliefstil" wirklich ein primäres Phänomen ist, oder ob er nicht doch besser als die Resultierende aus jeweils gültigem Figurenstil und jeweils möglichem Raumkonzept zu verstehen wäre. (Man müßte, gewissermaßen als Gegenprobe, überlegen, ob für die Ent wicklung vom 15. bis zum 19. Jahrhundert der ,,Malereistil" ein wissenschaftlich fruchtbarer Begriff sein könnte, oder ob die herkömmliche Aufspaltung nach Kategorien, wie Figur, Raum, Komposition usw., leistungsfähiger ist.) Gewiß ist ,,Raum" für die Kunst des Mittelalters etwas geistig und materiell andereS' als für die der Neuzeit - aber darf dieses Anders-Sein dazu führen, Raum primär als ,,Grund" bzw. als Relation zwischen Grund und Figur zu sehen? Eine Erörterung dieses zentralen Problems würde freilich den hier gegebenen Rahmen sprengen, und so sei nur noch ange deutet, daß ,,Grund" für M. stellenweise viel mehr ist als eine formale Kategorie: An ihm und durch ihn hindurch werden metaphysische Kräfte wirksam. Nicht immer sind die dies bezüglichen Formulierungen ganz eindeutig, denn dem doppel ten Wesen des ,,Grundes" (als immanente Form und trans zendente Aussage) entspricht die Beschreibung seiner Quali täten mittels einer Terminologie, die nicht objektiv definiert, sondern gleichnishaft beschwört. Hier wird stellenweise aus der Sprache heraus gedacht wie sonst nur in den Schriften einzelner Mystiker oder neuester Philosoj^hen. Was dadurch an Inten sität der Mitteilung für den Einzelfall gewonnen wird, geht an Objektivität und Gemeinverständlichkeit verloren. So gesteht der Rezensent, daß sich ihm manche Formulierungen M.s trotz ernstem Nachdenken nicht erschlossen haben — beispielshalber die offenbar sehr wichtige Feststellung, daß im Marientod von Straßburg Süd der Grund in einer besonderen Weise ,»be ansprucht" werde (S. 94). Allerdings ist M.s ein wenig spröde Sprache zugleich so dicht und oft auch wieder so ti'effsicher, daß man ihr gerne Bewun derung zollt. Ihre Fähigkeit, auch noch subtilste Gedanken über formale Tatbestände irgendwie ins Wort zu fassen, macht einzelne Werk-Interpretationen zu wahren Moisterleistungen: so etwa die Deutungen der Hildesheimer Bronzetür, der Plastik von Autun, des Mitteltympanons von Chartres West oder der Kanzelreliefs der Pisani. In anderen Fällen wird wohl auch des Guten ein wenig zu viel getan, so daß M.s Deutung die vom Künstler gewollte Wirkung an Subtilität noch übertreffen dürfte. Im großen gesehen aber liegt hier gewiß die Hauptleistung des Buches. Die hartnäckige Untersuchung des Formbestandes der Einzelwerke und die Kompromißlosigkeit, mit der dieser zum Maßstab der Begriffsbildung gemacht wird, räumt mit vielem auf, was bisher unschärfer gesehen und formuliert worden war. So ist etwa die Ablehnung des weithin eingebürgerten Begriffs vom ,,Kastenraum" hochgotischer Reliefs (Anm. 179) gewiß berechtigt; M.s eigene Beschreibung des entsprechenden Phänomens (S. 77) prägt zwar kein ebenso handliches Schlag wort, wird aber den Tatsachen in viel höherem Maße gerecht. (Sehr gut auch die Rückschlüsse auf gotische Buchmalerei in Anm. 173; etwas zu summarisch, aber bedenken.swert, die Interpretation der gotischen Gewändestatue als ,,Figur vor Grund" und daher dem Relief wesensverwandt.) Doch müssen auch hier Einzelhinweise genügen — eine Aufzählung aller Anregungen, die wir M. verdanken, könnte viele Seiten füllen. Es bleibt noch die Frage nach der im engeren Sinne historischen Verwertbarkeit von M.s Erkenntnissen. Gelegentlich zieht der Verfasser aus seinem Entwicklungsbild des ,,Reliefstils" Schlüsse auf kontroverse Datierungen oder zumindest auf ein ,,früher" oder ,»später" einzelner Werke. (Genauere Jahi'es-

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