Studie zu dem Reiterporträt Theodor Aron de Bistras, eines Offiziers der ungarischen Garde. Auch hier wurde Krafft wahrscheinlich von den Reiterporträts von David und Gros angeregt. Pferde waren über haupt das Lieblingsthema Kraffts, und er bearbeitete sie gewissenhaft und mit gewohnter Sicherheit. Das Porträt des ungarischen Gardisten zeichnet sich durch außerordentliche Leichtigkeit aus, hei der durch einzelne Akzente des Weißen und Schwarzen die Form, der Stoff, die Bewegung und der Lebens ausdruck überhaupt meisterhaft in Erscheinung treten. Ein kleines Versehen in den Proportionen ver ringert nicht die Desinvolture dieser meisterhaften zeichnerischen Arbeit. Seinen Neigimgen gab Krafft auch in der Bildhauerei Ausdruck, und zwar in der Reiterstatue Kaiser Franz' I. und in einer weiteren Pferdestudie. Es war logisch für einen Klassizisten, daß er seine Lauf bahn damit abschließen wollte, sein Krmstwollen in einer für die Epoche typischen Disziplin zum Aus druck zu bringen: in der Bildhauerei. Derselbe Fall kommt noch hei einem Meister der Romantik vor, hei Gericault. Es bleibt uns noch übrig, den Ursprung dieser zeichnerisch-realistischen Elemente zu prüfen, die keine charakteristische Eigentümlichkeit von Fügers Klassizismus waren^®. Sie stammen aus dem Atelier Davids, aber wir möchten hier nochmals auf die Kunst von Gros hinweisen. Während seines Pariser Aufenthaltes vom 14. Mai 1802 bis zum 22. Juni 1804^® kopierte Krafft die Gemälde alter Meister für Lucien Bonaparte^', zu dem Gros schon früher Beziehungen hatte. Um 1800 hatte Gros das Porträt seiner ersten Frau Christine Boyer gemalt, wovon uns Studien und Farbskizzen erhalten sind. Später malte er nochmals Lucien und dessen Familie^^. Krafft muß zwei Gemälde von Gros gesehen haben, die ihn am meisten anregen konnten: die ,,Parade der Konsular-Garde", 1801 oder 1802 (Musee de Malmaison), und ,,Bonaparte besucht die Pestkranken von Jaffa" (1804); diese Bilder wurden wegen der Faktur, der Raumgestaltung und der dramatischen Stimmung, durch die mit dem Prinzip der klassizistischen Komposition in der Form des Basrelief aufgeräumt wurde, sehr geschätzt. Krafft kannte Gros wahr scheinlich persönlich. Wir erschließen dies aus seiner Beziehung zu Lucien Bonaparte und ganz besonders aus den charakteristischen Zügen seines Stils. Die ,,Parade der Konsular-Garde" stellt im wesentlichen dieselbe Lösung dar wie das Reiterporträt Erzherzog Karls: rechts vom Feldherrn befinden sich Soldaten in Naturgröße. Sie bedeuten da nicht nur Staffage, sondern das Funktionelle des Bildes, das später, zum Beispiel auf dem Gemälde ,,Napoleon bei Eylau", den Vorrang erhält. Bei Krafft werden die Soldaten später zu Bürgern. Gros sagt: ,,Imitez naivement ce que vous avec sous les yeux, cherchez bien le ton Sur la nature, et, quand vous avez pu le trouver sur votre palette, repetez-le sur la toile, ä sa place exacte, et sans y revenir. II vaut mieux regarder dix fois le modele et ne toucher qu'une fois l'oeuvre avec la brosse."^® Gros riet den Künstlern, die nach der Natur malten, das Modell genau aufzuzeichnen, bevor sie zum Pinsel greifen: er schätzte das Kolorit nicht, wenn es nicht schöne Formen ausdrückte®®. Diesen Geist und Vorgang treffen wir auch bei Davids Figuren. Wir sind der Meinung, daß Krafft in seiner Kunst diese Prinzipien Gros' fast buchstäblich anwandte. Jede von seinen Figuren wurde aufmerk sam gezeichnet, bevor sie ihren Platz auf dem Gemälde erhielt. Die naive Freiheit vor der Natur ermög lichte Krafft, jene Fülle und Verschiedenartigkeit von Typen mid Charakteren zu bilden, die seinen Werken den Stempel der Unmittelbarkeit und der lebendigen Überzeugungslcraft aufdrücken. Es besteht ein Unterschied zwischen den beiden Künstlern: Gros war eine fühlende, dynamische Natur, der Melancholie und Begeisterung unterworfen, Krafft dagegen war viel gesetzter, realistischer und weniger tragisch in den Widersprüchen zwischen der Malerei und seinem Lebenswege. Aber ilrre Arbeitsmethoden, ihr unmittelbarer, naiver Standpunkt gegenüber der Natur entstammt derselben Quelle - den realistischen Auffassungen Davids, dem Unterricht, an dem sich Karl Wilhelm Wach begeisterte. Wie man sieht, sind die Persönlichkeit und das Werk Peter Kraffts ziemlich kompliziert, und unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, machen sie einen bedeutend anderen Eindruck als die vereinfachte Herr Troll vertritt die Ansieht, daß Peter Krafft überhaupt kein Schüler Heinrich Fügers war. Troll, op. cit., S. 5. " Wie Fußnote 26. Lemonnier, op. cit., S. 40. Raymond Escholier, Gros, ses Amis, ses Kleves, Paris 1936, S. 19-20. Wie Fußnote 29.
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