verschiedenartige Gruppen einfügte, die der ,,Schlacht bei Aspern" Dynamik und Lebendigkeit ver leihen - trotz dem konventionellen Kompositionsschema mit dem Feldherrn auf dem weißen Pferd in der Mitte des Gemäldes. Hier dringt das Gefühl für Lebendigkeit durch die Formen der klassizistischen Manier hindurch. Die Künstlernatur Kralfts, gerichtet auf die realistische Betrachtung der Gegen stände, bewältigt allmählich die Form und den Inhalt. Diesen Sinn für taktile Werte nahm auch die zeit genössische Kritik wahr, welche hervorhebt, daß Kraffts Figuren zu plastisch aussähen, wenn sie länger betrachtet werden. Der Autor der Kritik, Aloys Weissenbach, erldärt das durch die sachkundige An wendung der Perspektive'. Die weitere Entwicklung dieser Neigmrgen zeigt das Gemälde ,,Der letzte Ausfall des ungarischen Leonidas, Grafen Nicolaus Zriny, aus dem brennenden Sigeth am 7. September 1566" (1824)®. Das Gemälde ist heute zerstört, aber die Kritik jener Zeit hat seine Werte klar hervorgehoben: ,,So wie die Composition glücklich und großartig genannt werden mag, so ist es nicht minder die Technik der Aus führung. Die reiche, kunstsinnig geordnete Abwechslung der Trachten, der Farbenschmuck in den einzel nen Theilen, die schöne Zeichnung, alles trägt dazu bey, dem herrlichen Bilde entschiedenen Werth zu verleihen. Mir ist durchaus keine Annäherung, kein Anklang an jene Manier der Altdeutschthümeley, welche uns an vielen, sonst ehrenwerthen Schöpfungen der neuesten Malerschule so störend entgegentritt, bekannt. Überall zeigt sich Wahrheit und Schönheit der Form, bey Kraftfülle und geistreicher Tiefe in der Composition. Keine verrenkten Leiber, keine Froschbeine stören den Eindruck. Alles athmet Wahr heit, und jenen Adel der Kunst, welcher ferne von jeder Bizarrerie, die Effecte nur in der Wahrheit der Darstellung sucht und findet. Der Contrast zwischen dem stürmenden Drängen der erbitterten Kämpfer auf Leben und Tod und der Ruhe der Natur, der heiteren blauen Luft und dem stillen Gewässer ist echt künstlerisch gedacht und ausgeführt."® Ludwig Hevesi wies auf Rubens als Vorbild, dessen sich Krafft hier bedient haben solP". Aber seine Urteile und sein Lob sind ziemlich kärglich. Die Verbindmig mit Ruhens ist dagegen nicht nur ein Zufall. Rubens diente noch einem Meister jener Zeit als Vorbild, den wir nur erwähnten, dessen Werk uns jedoch den Vergleich mit Krafft aufzwingt. Das war Antoine Gros. Wollte man koloristische Vorbilder suchen, so wären dies nur die Werke Rubens'. Es ist klar, daß Krafft die Bilder Rubens' nicht nur in Paris, sondern auch in Wien sehen konnte. Aber die Verbindung mit Rubens bestand seit Watteau besonders stark in der französischen Malerei: sie erfüllte das ganze 18. Jahrhundert. Gros nahm sie als etwas Organisches an, als eine Kontinuität, die zur Tradition geworden war. Außerdem empfing Gros besondere Anregungen beim Betrachten der Gemälde des Rubens in Rom und Genua, wo er die österreichische Belagerung durchgehalten hatte. Auch David war stark am Kolorismus interessiert^'. Krafft mußte also nicht viel suchen, um das zu finden, was seinem künstlerischen Temperament entsprach, welches ohne Zweifel dem Kolorit zugeneigt war. Bei der Beurteilung der historischen Gemälde zwingt sich dem Kritiker Weidmann der Vergleich mit Le Brun auf, welcher als Meister der monumentalen Kriegs malerei galt (,,Les battailles d'Alexandre"); aber Krafft ging in seiner Auffassung der Kriegsmalerei darüber hinaus, seine Kirnst sprengte den Rahmen des barocken Kompositionsschemas. Es ist inter essant zu bemerken, daß auch die französische Kritik Vergleiche zwischen Gros mid Le Brun anstellte, indem sie Gros an die Schule Le Bruns verwies, bei der er ,,die Kenntnisse der Verteilung von Licht und Dunkel und der Perspektive" finden könnte (anläßlich der Beurteilung des Gemäldes ,,Schlacht hei Abukir", ISOfi)'^. Die Kritik Weidmanns ist für uns auch in einer anderen Hinsicht bezeichnend. Die Kunst Peter Kraffts ist darin klar von der Malerei der Nazarener geschieden. Es ist interessant, den Stil Kraffts gegenüber ' Aloy.s Weissenbach, Über das am 18. Oktober im k. k. Invalidenhause zu Wien aufgedeckte Gemälde: Die Schlacht von Aspern von Peter Krafft. In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 1819, 1114, 1125. ® P. C. Weidmann, Die Ausstellung der neuesten Gemälde Peter Kraffts. In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, 1825, 497-501. ' A. a. O. (Fußnote 8), S. 497. " Ludwig Hevesi, Österreichische Kunst im 19. Jahrhundert, 1. Teil, 1800-1848, Leipzig 1903, S. 20. Die Replik des Gemäldes ,.Napoleon auf dem St. Bernhard", gemalt für den spanischen König Karl IV., vor einigen Jahren gefunden und im März 1955 in Rom ausgestellt (,,Ausstellung der französischen Malerei"), übertrifft durch ihren Glanz und ihr Kolorit alle Bilder Davids, die ich bisher sehen konnte. 11 H. Lemonnier, Gros, Paris, o. J., S. 35f.
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