geistigen Entdeckungsgeschichte, die epoohenweise auf geblättert wird. Die frühesten Besucher - noch mit dem Blick des ,,anoien regime" - beschreiben ein barockes Fest in Kittsee, sie reisen wie der deutsche Patriot E. M. Arndt von Schloß zu Schloß (1798) und haben nur ein Auge für die Esterhäzysche Pracht, für die Grenadiere des Fürsten und die herrlichen Südfrüchte in den Gewächshäusern. Auch im Jahi-e 1807 ist ein ,,reisender Nordländer" hauptsächlich vom Eisenstädter Schloß fasziniert — es muß ein unglaublicher Kontrast gewesen sein, das exotische Prachtstück neben dem ,,armseligen Städtchen" inmitten einer ,,morastigen Gegend". Selbst verständlich ist der reisende Marquis de Laborde voll des Lobes über den klassizistischen Umbau nach Plänen von Charles Moreau. Doch langsam wandelt sich der Blick, neue Besucher sind für andere Dinge aufgeschlossen. So beschreibt der Reise]ournalist F. Sartori 1807-1809 den Neusiedler See, die Steinmassen im St. Margaretner Steinbruch, Bräuche des ,,gutmütigen" Land volks und die Steinkohlenförderung. Der Nürnberger J. A. Klein zeichnet nun - statt der Schlösser - Burg und Ruine, Forehtenstein und Landsee, das zwölf Jahre später von dem archäolo gisch interessierten Literaten Joseph E. Scheiger ausführlich beschrieben wird (1826), womit uns die Kenntnis des damaligen Bauzustandes vermittelt ist. Die eigentliche Entdeckung des Burgenlandes aber geschieht im Biedermeier, wenn auch die Anfänge landeskundlicher Beschreibung in das Jahr 1778 zurückgehen. Vorerst erlebt man das Burgenland stimmungshaft, subjektiv; von dem schwärmerischen Dichter Zacharias Werner stammt der Spruch auf der restaurierten Frauensäule in Pinkafeld, M. v. Schwind unternimmt mit Freunden eine fröhliche Fahrt zum Neusiedler See, Nikolaus Lenau dichtet am Leithastrand, Schubert sucht Haydns Grab auf. Es beginnt die Zeit der Fußwanderer, die mit Schreibstift oder Pinsel die Landschaft abmalen. Anton Ritter von Perger, der für die Zentralkommission arbeitete, hielt Forchtenstein fest, Schnorr von Carolsfeld den Neusiedler See, und für die Schriftsteller ist es obligat, dem Rundblick vom Rosaliengebirge einen Hymnus zu widmen: Scheiger, A.Krickel, J. V. Häuf1er; F. C. Weidmann, der schon Eisenbahnreisender ist (1837), besitzt bereits historisches Interesse für Forchtenstein und zählt dessen Inventar detailliert auf. Auf originelle Art und mit der Postkutsche reist 1836 ein Engländer, John Paget, durch das Land, schildert Esterhaza, so wie wir heute Laxenbm'g schildern müssen, nämlich verfallen, und hält die Restau rierung von Forchtenstein, dieses Beispiels einer ,,Mischung aus Asiatik und Gotik", für wünschenswert. Wenn auch in diesem Grenzland kein literarisches Zeugnis vom Range der Groteske Clemens von Brentanos ,,Von mehreren Wehmüllern und den ungarischen Nationalgesichtern", die an der ungarischkroatischen Grenze spielt, entstanden ist, so danken doch einige literarische Dokumente ihre Anregung dem Burgenland. Vermerkt sei nur noch J. N. Vogls romantische Fahrt über den See und Grillparzers Tagtraum in Tatzmannsdorf. Im Naclrmärz wendet sich das Interesse ganz der Sachbesehreibung zu. Hier ist vor allem das Werk des Karl Frei herrn von Czoernig, des Gründers der ZK. für die Erhaltung der Kunst- und historischen Baudenkmale, zu nennen, der in seiner Ethnographie das Grenzland ausführlich berücksichtigt. Der Vedutenmaler J. V. Reim sollte nicht vergessen werden. Und mit den Sammlern von Fakten aus Mundart und Brauch tum, K. F. Schroer und P. R. Sztachovics, mit dem bahn brechenden Artikel von Moritz A. Ritter von Becker ,,Die Heanzen" 1862 beginnt die Volkskunde, die mit den Namen Anton Hermann, Gottlieb Haberlandt, Joh. R. Bünker und mit dem des großen Hausforschers Anton Dachler verknüpft ist. Das verdienstliche Buch von L. Schmidt ist eine wertvolle Bereicherung der Burgenlandliteratur. A. SCHMELLER Leopold Kretzenbacher: Die Seelenwaage. Zur religiösen Idee vom Jenseitsgericht auf der Schicksalswaage in Hoch religion, Bildkunst und Volksglaube. Buchi'eihe des Landes museums für Kärnten, geleitet von Gotbert Moro. Klagen furt 1958 Die Arbeit, zu der sich der den Bemühungeii der Denkmalpflege sehr verbundene Verfasser durch die zahlreichen mittelalter lichen Fresko-Darstellungen des Seelenwägers St. Michael in kärntnerischen und steirischen Kirchen hat anregen lassen, scheint mir gerade für den denkmalpflegerischen Bereich der Kunstgeschichte von besonderem Wert zu sein. Der Konser vator hat sich ja vielfach mit Denkmälern der Plastik und Ma lerei zu beschäftigen, deren Bedeutung weniger in ihrem künst lerischen, als vielmehr in ihi'em kulturgeschichtlichen und volkskundlichen Wert gelegen ist, weil in ihnen auf die kürzeste und einprägsamste Formel gebracht war, was die Gedanken der Gläubigen aller Stände besonders bewegte. Und so, wie dem Volksglauben nach die andächtige Betrachtung eines Christoph bildes den Gläubigen an demselben Tag vor einem jähen Tod zu bewahren vermochte, so mag die Verehrung des hl. Michael für die Todesstunde selbst dem Gläubigen Zuversicht verliehen haben. Die genaue Kenntnis der geistigen allgemeinen Voraus setzungen, die zur Bevorzugung bestimmter Darstellungen in bestimmten Zeiten und geographischen Gebieten geführt haben, wird umso wertvoller, als die übrigen Begleitumstände — Künstler, Auftraggeber — zumeist in die Anonymität des mittelalterlichen Kunstschaffens gehüllt zu sein pflegen. Die Kunstgeschichte würde es als Gewinn buchen müssen, wenn durch die Volkskunde auch andere Themen in so gründlicher Weise bearbeitet würden, wie dies im vorliegenden Fall Leopold Kretzenbacher getan hat, der den Bogen von der Antike bis ins 19. Jahrhundert spannt. W. Fbodl Der Sankt-Annen-Altar des Wolf Huber. 20 farbige Tafeln mit einem Geleitwort, herausgegeben von Erwin Heinzle. Insel-Verlag (Bücherei Nr. 700), Wiesbaden 1959 Gegenstand des ansprechenden Bändchens sind die Tafeln des 1521 vollendeten Feldkircher Annenaltars, von dem das große Beweinungsbild der Schreinrückseite noch in der Stadtpfarr kirche von Feldkirch erhalten ist, während sich die zugehörigen, 1953 in Bregenz aufgefundenen Flügel heute (als Dauerleihgabe der Familie Bührle) im Kunsthistorischen Museum in Wien befinden. Erwin Heinzle, Autor der zum 400. Todestag Wolf Hubers (1485—1553) erschienenen Monographie, gibt in dem Geleitwort eine treffende Charakterisierung des Meisters und der Stellung seines Hauptwerkes in der Tafelmalerei der Donauschule. Mehr als die nur teilweise gelungene farbige Wiedergabe befriedigt die Wahl der vergrößerten Ausschnitte mit Hintergründen von Landschaft oder Interieur, in denen die hohe malerische Qualität und die manieristischen Bildelemente überraschendoffenbarwerden. E. Dobebeb
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