der beiden verwandten Handschriften, des Millenarius und des Cutbercht, kommt er zum Ergebnis, daß beide auf gemeinsame Vorlagen zurückgehen, die innerhalb der spätantiken Tradition im Räume von Ravenna zu suchen sind. Damit wird das Ergebnis der Textuntersuchung bestätigt, das ebenfalls nach Oberitalien gewiesen hat. Die bisher behauptete ,,insulare" Herkunft stimmt weder für den Text noch für die künstlerische Ausstattung. Die sachlichen Ausführungen werden durch das Abbildungsmaterial in überzeugender Weise unterstützt. Da Kremsmünster in der Buchmalerei, in der Paläographie und in der Textgeschichte des Millenarius sowohl mit Mondsee als auch mit Salzburg enge Beziehungen aufweist, untersucht Holter auch die Mondseer und Salzburger Buchmalerei des 8. und 9. Jahrhunderts. Die beiden wichtigsten Zeugnisse der Mondseer Buchmalerei des 8. Jahrhunderts sind schon seit langem fern von ihi*er Heimat und wurden erst in jüngerer Zeit als Werke der Mondseer Schreibschule erkannt. Es handelt sich um den ,,Psalter von Montpellier", der um 780 in Mondsee entstanden ist, und um ein aus derselben Zeit stammendes Evangeliar, von dem jedoch nur Fragmente erhalten sind, teils in Nürnberg (40 Blatt), teils in New York (18 Blatt). Es ist erstaunlich, auf welcher Höhe die Schreibkunst von Mondsee in dieser frühen Zeit steht, aus der auch noch einige Belege vom Anfang des 9. Jahrhunderts beigebracht werden. Innerhalb der Salzburger Buchmalerei unterscheidet Holter für die Zeit des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahr hunderts mehrere Gruppen: die sog. ,,Arngruppe", das sind Handschi'iften, die in ihrer Schrift und in ihrem Schmuck völlig mit dem Stil von St. Amand übereinstimmen, von wo Arn nach Salzburg gekommen ist. Es liegt die Vermutung nahe, daß diese Bücher entweder in St. Amand selbst geschrieben wurden oder daß Arn von dort Schreiber mit nach Salzburg genommen hat. Der Schrift nach und auch im Stil der Malerei steht der Cutbercht-Codex innerhalb der Salzburger Handschriften isoliert da, seine Entstehung in Salzburg selbst ist jedoch gesichert, besonders auch durch den Vergleich mit dem Mil lenarius, mit dem er eine Text- und Bildvorlage gemeinsam benützt hat. Neben diesen St. Amander Handschriften und dem angelsächsisch aussehenden Cutbercht gibt es in Salzburg um die Jahrhundertwende zahlreiche Handschriften, die in der örtlichen Tradition geschrieben und geschmückt sind. Der Vergleich des Millenarius mit den Salzburger Handschriften der verschiedenen Gruppen zeigt, daß außer den textlichen und ikonographischen Beziehungen zum Cutbercht kein Zusam menhang mit Salzburg besteht. Als verwandte Handschrift wird zuletzt noch das sog. ,,Ingolstädter Evangeliar" untersucht, ein Fragment von 62 Blättern in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Holter kommt zum Ergebnis, daß dieses Fragment eher nach Salz burg weist als nach Kremsmünster bzw. Mondsee. Die kunstgeschichtliche Bedeutung des Millenarius faßt Holter zuletzt zusammen: Der Codex ist das ,,einzige, fast vollständig erhaltene Beispiel einer südostdeutsch-bayrischen, vorkarolingischen Kunsttradition, die von insularen und reichsfränkischeii Einflüssen so gut wie unberührt ist . . . ein wich tiges Denkmal für die Überlieferung und das Fortleben einer altitalienischen Handschriftengruppe''. Die ganze Publikation verdient die volle Anerkennung des Fachmannes; Text und Ausstattung sind so gehalten, daß auch ein Nichtfachmann das Buch mit Nutzen und Freude lesen kann. F. Unterkircher Justus Schmidt: Linz an der Donau. Aufnahmen von Hans Wöhrl. Deutscher Kunstverlag, München-Berlin 1959, 32 Seiten, 80 Tafeln und 12 Abb. im Text. Derselben Reihe wie der vorstehend besprochene Band gehört das Linzer Buch an, dessen Autor als bester Kenner und kunsttopographischer Bearbeiter der oberösterreichischen Landeshauptstadt aus seiner langjährigen Verbundenheit mit ihrem künstlerischen Erbe schöpft. So gewährt die Begegnung mit der Linzer Altstadt zugleich einen tiefen Einblick in die Kulturgeschichte des Landes, vom Frühmittelalter bis zu Adalbert Stifter, Ein reiches Material an alten Stadtansichten, darunter die Zeichnungen von Wolf Huber und Lukas van Valckenborgh, vermittelt dem Betrachter ein anschauliches Bild vom Werden und von der baulichen Vergangenheit der Stadt. Der Bestand an Linzer Kunstdenkmälern, der aller dings nur bis zum Ende des 18. Jahrhunderts berücksichtigt ist, wird — ein ebenso berechtigter wie glücklicher Gedanke — in harmonischer Weise ergänzt durch die Einbeziehung der barocken Stiftsbauten von St. Florian und Wilhering, die auch in den photographischen Aufnahmen des Bildteiles ent sprechend zur Geltung kommen. E. Doberer Georg Grüll: Das Linzer Bürgermeisterbuch. 2. erw. Auflage, Linz 1959, 166 Seiten Register, 38 Tafeln. Der nunmehr in der zweiten, erweiterten Auflage vorliegende Band gehört der Reihe von Sonderpublikationen zur Linzer Stadtgeschichte an, die das Stadtarchiv von Linz herausgibt. In seiner Zielsetzung und in der sorgfältigen Auswertung der Quellen, die der Name des Autors verbürgt, bietet das Buch wesentlich mehr, als sein Titel erwarten läßt: eine vom 13. Jahr hundert bis in die Gegenwart reichende Geschichte der Linzer Stadtverwaltung, die auch von allgemeiner rechts- und wirt schaftshistorischer Bedeutung ist und in neun ,,Zeitspiegeln" durch wertvolle topographische Hinweise bereichert wird. Der geistesgeschichtlich bemerkenswerte Band ist mit zahl reichen Abbildungen von Wappen, Siegeln, Grabsteinen und Insignien ausgestattet. Die Bildnisse der Bürgermeister begin nen mit dem Porträt von Johann Adam Pruner (1672—^1734), dem jüngeren Bruder des 1669 in Linz geborenen Barock baumeisters Johann Michael Pruner. E. Doberer Harald Keller: Salzburg. Aufnahmen von Walter Hege. Deutscher Kunstverlag, München-Berlin 1956, 44 Seiten, 80 Tafeln und 5 Abb. im Text. Mit diesem Band hat der Deutsche Kunstverlag begonnen, in die Reihe der von Burkhard Meier begründeten Bildbände auch die Monographien österreichischer Städte aufzunehmen. Damit ist nicht nur ein erfreulicher Schritt getan, sondern auch, wie bereits das Salzburger Buch erkennen läßt, eine wesentliche Bereicherung des topographischen Schrifttums gewonnen. Harald Keller gibt von Salzburg eine kenntnisreiche und durch die Einbeziehung alter Stadtansichten unterstützte Darstellung, welche die Entwicklung des Stadtbildes und seine entscheidende Prägung in Verbindung mit dem historischen Geschehen aufzeigt und durch anregende Vergleiche einzelner Denkmäler zu seinem Verständnis beiträgt. Einige fein emp fundene Hinweise auf die Bezüge zwischen Architektur und landschaftlicher Situation vermögen nicht ganz den Wunsch nach einer Interpretation des Stadtgebildes als Kunstwerk,
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