NEUE WEGE DER DENKMALPFLEGE IN DER TSCHECHOSLOWAKEI Man kann sagen, daß die Denkmalpflege der Tschechoslowaki schen Republik, namentlich in der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen, sich im allgemeinen nach Alois Riegls und Max Dvofäks Prinzipien entfaltet hat. Diese Entwicklung ist allerdings darauf zurückzuführen, daß die gesellschaftliche Struktur der Vorkriegsrepublik einen solchen Zustand zuließ. Nach dem zweiten Weltkriege übernahm der Staat auf Grund der Konfiskationsdekrete des Präsidenten der Republik (Nr. 12/1045 und Nr. 108/1945 GBl.) und auf Grund der Konflskationsverordnungen des Slowakischen Nationalrates (Nr. 104/1945, Samml. d. Slov. Nationalrats) unter anderem auch eine große Menge von unbeweglichem und beweglichem Eigentum. Die Verwaltung dieser Kulturwerte wurde auf Grund des Gesetzes vom 16. Mai 1946, Nr. 137/1946, den Nationalen Kommissionen für die Verwaltung des staatlichen Kultureigentums in Prag und Bratislava übertragen, welche damit bedeutende konfiszierte Kulturdenkmäler wie vor allem Burgen und Schlösser mit ihren Sammlungen und kulturellen Einrichtungen übernahmen, um sie fachlich zu verwalten. Die Nationalen Kulturkommissionen übernahmen in der darauffolgenden Zeit allmählich Burgen, Schlösser und andere Kulturwerte in Staatseigentum. In den westlichen Teilen des Staatsgebietes wurden auf diese Weise nach und nach 131 Burgen und Schlösser der I. Kategorie übernommen. Heute werden sie auf Grund des neuen Gesetzes (Nr. 22/1958 GBl. vom 17. April 1958) und auf Grund des Gesetzes des Slo wakischen Nationalrates vom 29. August 1958 etappenweise in die Verwaltung der Nationalausschüsse der Kreise bzw. anderer Organe oder Institutionen überführt (Abb. 14). Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß das Gesetz über die Kulturdenkmäler vom 17. April 1958 Nr. 22 GBl. in der Geschichte der tschechoslowakischen Denkmalpflege einen bedeutungsvollen Meilenstein darstellt. Dieses Gesetz legt den Begriff Kulturdenkmal eindeutig fest. Unter Kulturdenkmal versteht man danach einen Kulturwert, der ein Dokument der historischen Entwicklung der Gesell schaft, ihrer Kunst, Technik, Wissenschaft und anderer Gebiete der Arbeit und des Lebens des Menschen darstellt; unter Kul turdenkmal versteht man ferner ein erhaltenes historisches Milieu von Siedlungsgemeinschaften und architektonischen Komplexen oder einen Gegenstand, der zu bedeutungsvollen Persönlichkeiten und zu den Ereignissen der Geschichte oder Kultur Beziehung hat. Als Kulturdenkmal wird auch eiir Komplex von Kulturwerten und Gegenständen betrachtet, wenn auch einige unter ihnen nicht als Kulturdenkmäler anerkannt werden können. Bereits in der Präambel dieses Gesetzes wird darüber gespro chen, daß die Kulturdenkmäler wegen ihrer kulturpolitischen Bedeutung erhalten, fachlich verwaltet, gesellschaftlich zweck mäßig benützt und den Werktätigen zugänglich gemacht werden sollen, damit sie zu einem bedeutenden Bestandteil des Kultur- und Wirtschaftslebens der sozialistischen Gesell schaft werden. Schon dieser Satz an sich definiert das Programm der Denkmalpflege auf breiter Grundlage und übergibt ihr als Patengeschenk eine ernste Aufgabe, nämlich die Kultur denkmäler ,,zu einem bedeutenden Bestandteil des Kulturund Wirtschaftslebens der sozialistischen Gesellschaft" zu machen. Das Gesetz betont diesen Grundsatz auch durch weitere Bestimmungen (§1, Absatz 3), so z. B., daß es jeder manns bürgerliche Pflicht ist, der Denkmalpflege behilflich zu sein. Diese Pflicht bezieht sich laut § 23 auch auf alle Organe der Staatsverwaltung. Bereits in der Begründung der Gesetzesvorlage wird auf die sehr verbreitete Ansicht hinge wiesen, daß die Denkmalpflege im ganzen Lande nur eine aus schließliche Angelegenheit der Zentralorgane der Denkmal pflege darstelle; es wird dabei festgestellt, daß diese Organe aber keine Möglichkeit haben, alle Kulturdenkmäler in gutem Zustand zu halten. Daraus ergibt sich die Wichtigkeit des durch das Gesetz verankerten Grundsatzes, daß die Kulturdenkmäler ,,zu einem bedeutenden Bestandteil des Kultur- und Wirt schaftslebens der sozialistischen Gesellschaft" werden sollen; das Gesetz wird dadurch zu einer Grundlage, die den Kultur denkmälern in der heutigen Gesellschaft eine gebührende Stellung verschafft und der Denkmalpflege neue Wege eröffnet. Das Gesetz bekämpft in klaren Worten die so oft und rück sichtslos zur Geltung gebrachte Ansicht, daß unsere Zeit mit der Vergangenheit nichts Gemeinsames habe, daß das Inter esse der heutigen Menschen zur Lösung der zeitgenössischen Probleme geführt und der Blick des Menschen in die Zukunft gerichtet werden solle. Das Gesetz hat den Grundsatz eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es auf dem Gebiet der Kulturorscheinungen keine Kluft zwischen Vergangenheit und Gegen wart gibt, sondern daß es vielmehr wichtig ist, den notwendigen mrd unerläßlichen logischen Zusammenhang und die untrenn bare Verbindung der Vergangenheit mit der Gegenwart zu betonen, und daß eben diese Verbindung der Vergangenheit mit der Gegenwart, die das Gedächtnis der Generationen bildet, nicht nur ein wesentliches Merkmal, sondern sogar den eigentlichen Sinn der menschlichen Kultur im allgemeinen darstellt. Das ist der ,,Geist des Gesetzes" über die Kultur denkmäler, und dies sind auch Grlmde, warum die Kultur denkmäler von diesem Gesetz als ein bedeutungsvoller Bestand teil des Kulturlebens der heutigen Gesellschaft betrachtet werden. Das Gesetz führt diesen Gedanken aber noch weiter aus, indem es die Kulturdenkmäler auch als einen bedeutenden Bestandteil des Wirtschaftslebens der sozialistischen Gesell schaft erklärt. Dadurch korrigiert dieses Gesetz eindeutig die sehr verbreitete irrige Ansicht, daß die Kulturdenkmäler in der sozialistischen Gesellschaft einen Luxus und eine wirt schaftliche Last darstellen. Dadurch bekämpft es gleichzeitig die Meinung, daß die Kulturdenkmäler bloß durch die Beträge aus dem Kulturbudget finanziert werden sollten. In dieser Hinsicht verschafft das neue Gesetz eine Besserung, indem es im § 8 im Absatz über die Instandhaltung der Kulturdenkmäler die Besitzer verpflichtet, diese Denkmäler in gutem Zustand zu erhalten. Der bereits erwähnte Gedanke des Gesetzes, daß die Kulturdenkmäler zu einem entscheidenden Bestandteil des Wirtschaftslebens der sozialistischen Gesellschaft werden sollen, ist vor allem in dem Sinne aufzufassen, daß sie eine Quelle von bedeutenden Arbeitsmöglichkeiten und Tätigkeiten
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