seits und ihre Haltung andererseits sowie schließlich auch der Ort des Bildes im Zyklus sprechen dagegen. Im Zusammenhange mit dem darüber befindlichen Testimonium Johannes d. Täufers läge es nahe, auch an eine Szene aus dem Themenkreise um seine Geburt zu denken, etwa Zacharias am Wochenbett Elisa beths der eine Frau assistiert®®. Aber auch hier wäre schwer zu erklären, wieso nur Zacharias nimbiert und außerdem seine betagte Frau (Luc. 1,7) so jugendlich dargestellt ist. Die nach Ort der Darstellung und nach ihrem Sinngehalt im Gesamtzusammenhang u. E. am ehesten entsprechende Deutung des Fragments scheint die Auferweckung der Drusiana durch Johannes den Evangelisten®® zu sein. Nach der Fassung des Melitotextes der apokryphen Johannesakten®" kehrt der Evangelist betagt aus der Verbannung in Patmos nach Ephesos zurück und gibt seiner verstorbenen Anhängerin Drusiana, die man gerade zu Grabe trägt, das Leben wieder. Christus wird dabei als der eigentliche Erwecker angerufen. Der nimbierte Greis wäre demnach Johannes d. Evangelist®^, der, auf Drusiana weisend, ihr befiehlt aufzustehen; die vom Tode Erwachte ist halb aufgerichtet und wird von einer Assistenzfigur gestützt. Rechts wären etwa weitere Begleitfiguren aus dem Begräbniszug zu denken. Der offizielle Kult dieses Heiligen setzt bereits in frühchristlicher Zeit ein und ist um 40() besonders in Oberitalien verbreitet®^. In einer Notker®® zugeschriebenen Sequenz werden seine Wundertaten ,,Jesu nomine" besungen. Die apokryphen Texte seiner Lebensgeschichte müssen relativ früh in die kirchliche Kunstübung Eingang gefunden haben, jedenfalls vor der Abfassung der Legenda aurea. Der monu mentalste Zyklus ist wohl in der Johannesscheibe der Kathedrale zu Chartres erhalten. Inhaltlich sind diese Darstellungen auf den apokryphen Melitotext bezogen, der in Ghartreser Lektionaren des 10. bis 12. Jahrhunderts erhalten ist®'' und anläßlich des Festes des Evangelisten am 27. Dezember gelesen wurde. Auch die Darstellung der Drusianaerweckung im Anselm der Bodleiana®®, etwa aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, ist hier zu erwähnen. Dieses Thema ist somit wohl auch Ende des 11. Jahrhunderts in Lambach möglich. Mit der Anrufung des Heilands wird das Wunder zu einem Testimonium für Christus®® durch Johannes d. Evangelisten, wie es die darüberbefindliche Darstellung mit Johannes d. Täufer ist. Die Szene fügt sich also dem Grund gedanken des bis jetzt erkennbaren Bestandes ein. Dem Johannes wird durch den Gründer des Stiftes 1089 jener Altar im Erstbau der Kirche geweiht ,, . . . quod secundum a principali (Marienaltar) locum obtinef'®', und seinem Evangelium kommt, wie gezeigt worden ist, eine Schlüsselstellung bei der Deutung der dargestellten Szenen zu. Endlich bestätigen das Lambacher Exemplar des Martyrologium Hieronymianum (Abschrift, entstanden wahrscheinlich unter Abt Pabo, 1167—1194) sowie das aus derselben Zeit stammende Nekrologium mit Heiligenlralendar®®, daß man in Lambach des Evangelisten vom 27. Dezem ber bis zur Oktav gedacht hat. Z. B. im Perikoponbuch von St. Ei-oiitrad, München, Olm. 1,5903; Hwarzonski, Salzlmi'g(3r Malerei, Taf. LIX, Abb. 188. Den Theinenkreis gibt es auch in der karolingischen Monumentalmalerei, in der Joh. d. Täufer geweihten Kirche zu Münster in Graubünden; vgl. Birchler, loc. cit., ,S. 214f. Künstle, Ikonographie 11, ,S. 34.5; Reau, op. eit. III/2, pp. 716f. H. A. Lipsius, Die apokryphen .Apostelgeschichten I, Braunschweig 1883, S. 466, Anm. 1. Der Melitotext und nicht die gnostisohe Elemente enthaltende Abdiaserzählung ist dann in die Legenda aurea der 2. Hälfte des 13. Jhs. eingegangeTi; zu 8.466, Anm. 1, vgl. S.409 und 457fl'. sowie R. Benz, Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine, Heidelberg s. a., S. 67. Der Greisentypus des Johannes ist der Kunst des 10. und 11. Jhs. durchaus geläufig. Vgl. z. B. Kraus, Codex Egberti, Taf. VI; E. H. Zimmermann, Die Fuldaer Buchmalerei, S. 7, Taf. IXb (Cod. 141 der Univ. Erlangen); G. Richter und A. Schönfelder, Sacramentarium Fuldense saec. X (Quellen u. Abhandlungen zur Geschichte der Abtei und der Diözese Fulda IX), Fulda 1912, Taf. 13; Swarzenski, Regensburger Buchmalerei, Taf. XXIII, Abb. 59 (Perikopenbuch in München); E. F. Bange, Eine bayerische Malerschule des XI. und XII. Jahrhunderts, München 1923, S. 155. V. L. Kennedy, The Haints of the Canon of the Mass (Studi di antichitä cristiana XIV), Gitta del Vatieano 1938, pp. 65, 103. Analecta Hymnica medii aevi (hg. von Blume u. Bannister), LIII, Leipzig 1911, S. 276. Y. Delaporte, E. Houvet, Les vitraux de la Cathedrale de Chartres, Chartres 1926, Textb. I60ff., Tafelb. I, 10-12, die DrusianaIcgende in Taf. 11. Ms. Auct. D. 2, 6, f. 176. Taf. 19a bei O. Päoht, The illustrations of St. Anselm's prayers and meditations, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 19, 1956, pp. 69ff., bes. 76. Zu den Totenerweckungen als Signa der herrscherlichen Macht Christi seit frühester Zeit vgl. Kl. Wessel, loc. cit., col. 124. " Vita Adalberonis, ed. von I. Schmale-Ott, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstiftes Würzburg VIII, Würzburg 1954, S. 34 f. A. Eilenstein, Die Benediktinerabtei Lambach in Österreich ob der Enns und ihre Mönche, Linz 1936, S. 23; später im Cod. CXXXI der Stiftsbibliothek zusammengebunden: fol. 94r—v (Martyrologium unter 27. Dez.), fol. 153r (Oct. S. Johannis a. unter 3. Jänner). H. Fichtenau, Neues zu den Lambaeher Nekrologien, in: MÖIG 59, 1951, S. 416ff. Die Entlehnung des Codex hat S. Gnaden B. Oberndorfer, Abt des Stiftes Lambach, liberal gestattet.
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