Strzygowski®®. Nirgends ist aber unseres Wissens die Darstellung in so radikaler Weise allein auf die Theophanie der Taufe oder, besser gesagt, auf die Theophanie nach der Taufe angelegt, wie in Lambach. So betrachtet, wird das Einhüllen des Körpers Christi durch die Tücher haltenden Engel, welche bei der Taufe abwartend zur Seite standen, verstehbar: im Augenblick des Offenbarwerdens des Gottes in Christus soll seine irdische Körperlichkeit zurücktreten, eine künstlerische Interpre tation des Theophaniethemas, die ihre literarische Parallele etwa in der symbolischen Ausdeutung der drei Epiphaniegeschenke in der siebenten Homilie Hrabans von Fulda hat: ,,Sed istorum triplicium munerum triplex significatio continetur: in thure obtulerunt Christo Dei honorem; in auro, regiam dignitatem; in myrrha corporis sepulturam."^' Im Oblationstext der Magierspiele sind diese Gedanken aufgenommen. Die Position sowie die Schriftrolle Johannes des Täufers geben endlich die Möglichkeit zur Bezugnahme auf eine bestimmte Evangelienstelle. Es sind nicht Matth. 3,16 und Marc. 1,10, die den Taufakt zwar von der Theophanie trennen, jedoch unmittelbar vorangehen lassen, noch ist es Luc. 3,21-22, der die Theo phanie, wie die meisten künstlerischen Darstellungen, während der Taufe erfolgen läßt, sondern es ist die Stelle bei Joh. 1, 32-34, welche hier dargestellt ist: ein weiteres Zeugnis des Täufers für Christus-Gott, bei welchem Johannes nicht taufend gegeben wird, sondern von der Theophanie spricht®®. Bei der Betra chtung der Szene rechts vom Baum wird man durch das zweite sehr merkwürdige Vorhanden sein der Taube über Christus zu der Vermutung gedrängt, daß beide Szenen in irgendeinem Sinnzusam menhang zueinander stehen könnten. Die hier vorgelegte Deutung geht von der Annahme aus, daß es sich bei den vier schattenhaft ausnehm baren Tieren um Lämmer bzw. Schafe handelt. Eine Interpretation als Rehe müßte in den Bereich der Paradiesesflußdarstellungen®® führen und hätte auch bei weitester Auslegung zu diesem Gegenstand kaum Aussicht auf eine akzeptable Deutung unserer Darstellung. Dies gilt wohl auch für die Varianten des Themas mit Schafen, sowohl in der Spätantike®® als auch etwa auf dem Fresko mit der Darstellung des Himmlischen Jerusalem in S. Pietro in Civate, welches auf Apoc. 22, 17 Bezug nimmt®i. Das Fehlen des für den Gegenstand so essentiellen Wassers oder wenigstens seiner Personifikation sowie das Vor handensein der Taube in Lambach müßten bei einer Einordnung in diese Zusammenhänge wohl sehr zu denken geben. Die nächstliegende Deutung ist die des Guten Hirten. Jedoch verbietet auch hier das Vorhandensein der Taube die bloße Annahme eines der seit frühchristlicher Zeit geläufigen Typen®^. Trotzdem wird bei der Lambacher Darstellung eine besondere Ausformung des Gedankenkreises um den Guten Hirten anzunehmen sein. Die bis in die letzte Zeit vertretene Ansicht, daß dieses Thema in der romani schen und gotischen Kunst nicht existiere®®, muß aufgegeben werden. Das eindrucksvollste Beispiel der Monumentalnialerei knapp nach der Jahrtausendwende dürfte das Apsisfresko in S. Vincenzo a Galliano®^ sein. Falls die Lesung von 1831 der Inschrift auf dem Buche in der Linken Christi stimmt, hat diese ,,Maiestas", unter Weglassung der Schafe, auf den Hirten nach Ez. 34, 22-25 und Joh. 10,11 alludiert. Op. cit., S. 44f., Taf. X/6; S. 48, Taf. XllI/1; S. 63, Taf. XX/:>. Migne, P. L. 110, ool. 18; zur allegorischen Exegese in den Schriften Hrabans sowie zu seinen Entlehnungen vgl. J. B. Hablitzel, op. cit., y. 12ff.; E. de Bruyne, Etudes d'esthetique medievale I, Brügge 1946, pp. 339ff'. Vgl. Er. Tillmann, Das Johannesevangelium, Bonn 1921, S. .6211'.; die den Taufakt erzählenden Synoptiker werden vorausgesetzt und alles auf das Wesentliche, d. i. die Offenbarung Gottes, konzentriert. Hiezu:E. Sohlee, Die Ikonographie der Paradiesesflüsse, Leipzig 1937, S. 30 ff.; es sei bemerkt, daß auch die viel naturalistischere Spätantike stilisierte Darstellungen von Lämmern kennt, die mit ihren hohen und schlanken Beinen zu Verwechslungen mit Rehen Anlaß geben könnten; vgl. M. G. Carli, II ,,Buon pastore" nelle oatacombe di Priscilla, in: Miscellanea Giulio Bclvederi, Gitta del Vatioano 1954, Fig. 2 in j). 340. P. A. Fevrier, Les quatre fleuves du paradis, in: Riv. di Archeol. crist. 1956, pp. 179ff.; dazu tav. XII/4, XVII/1, XXXIX, CXXXXIX bei G. Wilpert, I sarcofagi cristiani antiohi I, Roma 1929. R. Salvini, loo. cit., Abb. in p. 631; Deutung bei E. Sohlee, op. cit., S. 103. J. Wilpert, Die Malereien der Katakomben Roms, Preiburg 1903, S. 231 f.; H. Leclercq, sub Pastcur, in : Diot. d'Arch. ehret, et de liturgie XIII/2, Paris 1938, cd. 2272ff.; Th. K. Kempf, Christus der Hirt, Rom 1942, S. 5ff.; A. Legner, Der gute Hirte (LukasBücherei zur ohristl. Ikonographie XI), Düsseldorf 1959, S. lOff. H. H. Bergner, Der gute Hirt in der altehristlichen Kunst, Berlin 1890, S. 44; Künstle, op. cit. I, S. 402; Reau, op. cit. II/2, p. 34; dagegen A. Legner, op. cit., S. 19ff. mit Beispielen. G. Ansaldi, Gli affresehi della Basilica di S. Vincenzo a Galliano, Milano 1949, p. 27, tav. XVI—XVIII; R. Salvini, loc. cit., p. 604.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2