Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Teil der Darstellungen in der abendländischen Kunsf® ist durch das Fehlen der Eltern charakterisiert. Wir finden sie vereinzelt, so z. B. im Codex Egberti^^, auf dem Buchdeckel des Codex Wittekindeus'*® und vor allem in der byzantinischen und byzantinisch beeinflußten Kunst^®. Tatsächlich kommt die Komposition mit den rechts hinzutretenden Eltern im Ms. gr. 74 der Pariser Nationalbibliothek^' der Lambacher Szene am nächsten, wenn von der Überhöhung Christi und dem Fehlen der Architektur in der byzantinischen Streifenerzählung abgesehen wird. Elemente östlicher Ikonographie sind ja für die ottonische Kunst belegt; dies gilt unter anderem auch für den Codex EgbertP®, der u. E. das nächste abendländische Vergleichsbeispiel für die Lambacher Szene bringt. Wie weit die Fragmente in der Sylvesterkapelle zu Goldbach in der von J. Wilpert^® vorgeschlagenen und Lambach nahekommenden Weise zu ergänzen sind, kann hier nicht beurteilt werden. Nordturmjoch, Nordwand, westlich des derzeitigen Einganges, oben (Fig. V, Abb. 5): Johannes der Täufer, kenntlich an seinem härenen Gewände, steht, eine offen herabhängende Rohe, die keine Spur einer Beschriftung aufweist, in der Linken haltend, zentral im Bild und weist mit seiner Rechten auf den seitlich hinzutretenden Heiland. Gegenüber befinden sich Männer verschiedenen Alters, der vorderste mit einem Buch. Die Szene ist mit Ausnahme einiger nicht wesentlicher Fehlstellen vollständig und wurde rechts durch ein nicht mehr vorhandenes, jedoch in seinem Leibungsrand noch ausnehmbares romanisches Fenster (analog dem im Südturm gegenüberliegenden) begrenzt. Zweifellos handelt es sich hier um den aus den Evangelien bekannten Hinweis des Johannes auf Jesus. Die betreffenden Stellen der Synoptiker (Matth. 3,1-12; Marc. 1,1-8; Luc. 3,1-18) reichen für die Bilder klärung nicht aus, da Jesus anwesend ist, wovon lediglich Joh. 1,26-27 spricht. Dargestellt ist das erste Zeugnis Johannes des Täufers für den Herrn, wie es von dem Evangelisten Johannes (1,19-28) berichtet wird®". Der Täufer legt es vor den von den Juden gesandten Priestern und Leviten ab und Christus, der sein öffentliches Wirken beginnt, erscheint hier, vorerst noch unerkannt, zum ersten Male vor der Menge. Eine ähnliche Komposition mit zentraler Stellung des Täufers zwischen Christus, der hier bereits in Begleitung von Jüngern gegeben wird, und den Juden zeigt das Johannesevangeliar des Parisinus grec. 74®^. Die streng frontale Stehfigur - ein Typus, der in der ottonischen Kunst unter byzantinischem Einfluß eine besonders akzentuierte Ausprägung erhält®^ - findet sich da wie dort. Erwähnenswert ist auch ein hinsichtlich Haltung und Typus eindrucksvoller Vergleich des Lambacher Johannes mit dem des Missionsreliefs in Großbirkach bei Ebrach, welches unter dem Abt Wolfherus von Münsterschwarzach entstanden ist. Er war der Vorgänger jenes Ekkebert von Gorze, der von Schwarzach aus das 1056 gegründete Lambacher Kloster besiedelte®®. Swarzenski, Regensburger Buchmalerei, S. 142, Taf. XXV, Abb. 64 (Münchener Perikopenbuch, Cim. 179); id.. Die Salzburger Malerei von den ersten Anfängen bis zur Blütezeit des romanischen Stils, Leipzig 1908—1913, 8. 84, Taf. LIII, Abb. 163 (Peri kopenbuch von St. Erentrud); A. Boeckler, Das goldene Evangelienbuch Heinrichs III., Berlin 1933, S. .56, Abb. 114, 171 (Escorialensis und Epternacensis). *''' Fr. X. Kraus, Die Miniaturen des Codex Egberti in der Stadtbibliothek zu Trier, Freiburg i. Br. 1884, Taf. XVII: die Eltern treten von links hinzu. A. Boeckler, Der Codex Wittekindeus, Leipzig 1938, Taf. I., wo die rechte Figur wohl Maria sein dürfte. Die Elfenbeinplatten sind nicht zugehörig, ebda., S. 11. H. Omont, Facsimiles des miniatures des plus anciens manusorits grecs de la Bibl. Nat. duVI.-XI. sieole, Paris 1902, pl. XXXV (Pariser Homilieneodex); E. Dobbert, Zur byzantinischen Frage, in: Jb. d. preuß. Kunsts. 15, 1894, S. 140 (S. Angelo in Formis). "" H. Omont, Evangiles aveo peintures byzantines du Xle siede, II, Paris s. a., pl. 98 (oben). A. Boeckler, Das goldene Evangelienbuch Heinrichs III., S. 61 u. Anm. 1; zu den von Boeckler erwähnten Szenen schlagen wir noch folgende vor: Taf. XVI, XVII, XVIII, LIV bei Kraus; sie enthalten u. E. ebenfalls östliche ikonographische Elemente. Ph. Schweinfurth, Das goldene Evangelienbuch Heinrichs III. und Byzanz, in: Zeitschr. f. Kunstg. 10, 1941/42, S. 42ff., bes. 58ff. Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert, II., Freiburg i. Br. 1916, S. 774f., Fig. 344. A. Masseron, Saint Jean Baptiste dans Tart, Arthaud 1957, pp. 77ff.; L. Reau, op. cit., II/l, Paris 1956, pp. 450f. Omont, Evangiles II, pl. 143 (unten); vgl. auch E. D. Sdrakas, Johannes der Täufer in der Kunst des christlichen Ostens, München 1943, S. 38ff. W. Messerer, Zur byzantinischen Frage in der ottonischen Kunst, in: Byzant. Zeitschr. 52, 1959, Heft 1, S. 341f.; id., Gestalt und Geschehen im ottonischen Byzantinismus, in: Christi. Kunstblätter 4, 1959, S. 124ff. J. M. Ritz, Bayerische Kunstgeschichte II, 1931, S. 30f., Abb. 13; K. Hallinger, Gorze-Kluny I, Rom 1950, S. 321 u. Anm. 6, 329ff.

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