Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

einzigen biblischen Darstellung wenig erzählt; fehlt aus dein an sich schon kurzen Wortlaut der Apostelgeschichte doch nahezu alles: die Stadtmauer, der Korb, das Herunterlassen, die Heimlichkeit, die nächtliche Stunde; geblieben ist lediglich das Schweben eines Heiligen an Stricken und sein Sitzen in diesen Stricken (sowie nach 2 Kor. XI, 33 das Herabkommen ,,aus einem Fenster"); es ist die ,,Art des Kindes", trotz aus geprägtem Tatsachensinn ,,sehr untatsächlich zu zeichnen" (S. 14). Überall wird ,,die ergänzend verwirklichende Phantasie der Kinder" erfordert. So wird uns klar, wieso unser Maler, der sichtlich von Spätantikem und Byzantinischem weiß (so hier gegen Grabar) und ebenso von irischer Stilisierung und nor dischem Ornament, mit dem Freimut des ,»Barbaren" (S. 21) Dinge schafft, die uns anmuten, als wären sie voraussetzungs loser Beginn (S. 13). Unter allem, was im letzten Jahrzehnt über St. Prokulus geschrieben wurde, rührt nichts so aufhellend an den entwicklungsgeschichtlichen Urgrund dieser Malerei wie die blitzlichtartigen Konfrontationen bei Hubert Schrade. Trotz allem aber bleibt bei näherer Einordnung der Malereien ein gewisses Unbehagen der Forscher merkbar. vSchaffrans Sonderwege zeigten zwar zur Evidenz, daß an Datierung vor 750 nicht mehr zu denken ist; eine Abgrenzung herauf und gegen die karolingische Renaissance unterblieb gleichwohl bisher und auch in den besiDi'ochenen Schriften der letzten Jahre. Kann man annehmen — so etwa müßte die Frage lauten daß die Maler von Mals und Naturns ungefähi' gleichzeitig am Werke waren? Dazu könnte es förderlich werden, von der gedanklichen Einheit der Gesamtkonzeption (Bau, Liturgie und Gemälde) auszugehen; es soll darum an anderer Stelle, in den Cludstlichen Kunstblättern 1950/4, versucht werden, den Wallfahrtscharakter aller Ausdrucksformen in Naturns auf die Zeit der letzten bayrischen Expansionsbestrebungen im Südräum etwa zwischen 770 und 780 zurückzuführen. Franz Juraschek Mittelalterliche Bildwerke im Oberösterreichischen Landesmuseum. Im Auftrage des Oberösterreichischen Musealvereines bearbeitet von Otfried Kastner und Benno Ulm, Mit Aufnalimen von Max Eiersebner unter Mitwirkung von Alois Killingsedcr. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1958. 68 Seiten, ein Titelbild und 212 Abbildungen. Die Herausgabe eines einen bestimmten Sammlungsbestand vollständig erfassenden wissenschaftlichen Katalogs ist in der letzten Zeit, welche den Trend zu guten Bildpublikationen mit Begleittexten nicht verleugnet, zu einer Seltenheit geworden^. Umsomehr ist es zu begrüßen, daß dies in der vorliegenden Arbeit, welche ihr Erscheinen mit dem Jubiläum des 125jährigen Bestandes des Oberösterreichischen Musealvereines ver bindet, geleistet worden ist. Die in 137 Katalognummern mit anschließendem Künstler-, Orts- und Hciligenregister behan delten 200 Plastiken spiegeln deutlich die Entwicklung und Verteilungsdichte der mittelalterlichen Kunstproduktion in Oberösterreich wider. Das vorgestellte Material zeigt, daß die Frühzeit, beginnend mit dem Rieder Kreuzigungsrelief (um 1050), nur in wenigen, 1 Vgl. die analoge Situation in Deutschland, dargelegt in der Besprechung des Katalogs der Niedersächsischen Landes galerie Hannover (Gert von der Osten), München, Verlag F. Bruckmann 1958, durch Hans Wentzel in: Das Münster, 12. Jg., 1959, Heft 1/2, S. 73 f. im einzelnen aber sehr qualitätvollen Stücken, zu denen das Mystikerkreuz aus dem Waldviertel (um 1330), die sog. Lorcher Anna Selbzweit (um 1300), die ,»schöne Madonna" aus Salzburg (nach 1400), das Kredenztischkreuz (um 1420) und der Innviertler Schmerzensmann (um 1440) gehören, vertreten ist. Erst ab etwa 1480 setzt die größere Bestandsdichte ein. Neben der überragenden Werkstattgruppe des Kefermarkters und den mit dem problematischen Namen Lienhart Astl in Zusammenhang gebrachten Werken sind es vor allem die Arbeiten des Lorcher Meisters, des Meisters der Pohlheimer Grabplatte in Wels, Gordian Guggs und des Meisters der Rauhenödter Marienkrönung, welche den Qualitätsschwerpunkt der Sammlung ausmachen. Otfried Kastner gibt in der Einleitung eine knappe, aber prägnante Übersicht über den mittelalterlichen Denkmäler bestand Oborösterreichs. Nach Sichtung des Materials werden die jeweils signifikanten Werke der Sammlung den Pinderschen Stilphasen der Spätgotik zugeordnet und somit hier sowie in dem von beiden Autoren gewissenhaft bearbeiteten Katalog der lohnende Versuch gemacht, die Fülle des Materials nicht nur zu beschreiben, sondern jeweils den kunstgeschicht lichen Ort der Einzelobjekte in ihren stilistischen Beziehungen zu Kunstwerken außerhalb des Museums zu bestimmen. Diese über die reine Bestandsorfassung und Darbietung hinausgehende wissenschaftlich fruchtbare Methode zeigt auch Benno Ulms Behandlung der gi-oßen spätgotischen Werk stätten Oberösterreichs. Zu den bisherigen Forschungs ergebnissen, betreffend den Kefermarkter Altar, liefert er dadurch einen wesentlichen Beitrag, daß u. a. auch weniger bedeutende Werke des Umraumes in kritisch gesichtete Beziehungen zu den verschiedenen an diesem Hauptwerk tätig gewesenen Händen gesetzt werden. Die Behandlung des Fragenkomplexes gewinnt dadurch an kunstgeschichtlicher Tiefe. Hand in Hand damit geht eine differenzierte Analyse des .Stilwandels am Altar selbst, wo Ulm, über die bisherigen Ergebnisse (besonders Gugenbauers) hinausgreifend, den Einbruch der mit der Person Gregor Erharts zusammen hängenden schwäbischen Stilqualitäten schon beim linken Altarflügel aufweist. Ferner bemüht sich Ulm, wahrscheinlich zu machen, daß die Werkstatt des Kefermarkter Hauptmeisters zumindest zeitweise im Mühlviertel — wohl in Freistadt — ihren Sitz gehabt hat. Er kommt zu diesem Schluß eben durch die Möglichkeit der Zuordnung einer Reihe von Werken, die durch die Oberrauhenödter Marienkrönung ihren zeitlichen Ab schluß erfährt - ein Phänomen, das z. B. bei Fächer, der als ständig außerhalb Ansässiger keine direkte Auswirkung in Oberösterreich hatte, nicht zu finden ist. Das sog. Astl-Problem versucht Ulm von dem für den Künstler des Altars in Anspruch genommenen, jedoch nicht gesicherten Namen zu lösen, eine Tendenz, die letztlich von der grundlegenden Arbeit K. Holters^ ihren Impuls empfängt. Dabei wird wieder eine stilistische Zuordnung des einschlägigen Museumsbestandes zu den auch hier feststellbaren verschiedenen Händen angestrebt. Das von M. Eiersebner unter Mitarbeit von A. Killingseder angefertigte Bildmaterial kann als sehr gut bezeichnet werden. Vor allem fällt die Geschlossenheit des Bildspiegels angenehm auf. Hingegen sollen einige drucktechnische Mängel der Reproduktion nicht unerwähnt bleiben; vgl. etwa Abbildung 185-187 mit 188-191. N. Wibiral ^ Der Bildschnitzer von Gmunden, in: Chi'istl. Kunstbl., 93. Jg., 1955, Heft 2, S. 56-61.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2