Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

139. Neuberg, Stiftskirche, östliches Gewöibefeld des Mittelschiffes nach der Freilegung (BDA Wellek) iL\ ■ 'S®«.-' ' ■'S,,- V 4- ; --p ':3k% 140. Neuberg, Stiftskirche; der Chor wähi'end der Freilegung der Architekturglieder (Landeskonservator Steiermark) wölben in Anlehnung an das mittelalterliche Rankenwerk fortgesetzt. Die Steinumrandungen der Sessionsnischen im Chor zeigen das intensive Rot der Arkaturen (Abb. 135, D). Die Wände sind mit einem dünn aufgezogenen, weißlich eingestrichenen Verputz versehen. Es stellt sich also heraus, daß den zwei wesentlichen Bau perioden auch zwei zugeordnete Phasen der Polychromierung entsprechen: die, der allgemeinen Haltung des 14. Jhs. ent sprechend, nicht sonderlich kräftige Rotfärbung mit weißer Fugenteilung an den Architekturelementen unterhalb der Kapitellzone und eine sehr ausgeprägte Rotschlämme in den Arkaturen oberhalb der Kapitelle, also an jenen Teilen, die im 15. Jh. vollendet wurden. Man hat sich also im zweiten Bau abschnitt unter Friedrich III. nur ungefähr an das vorhandene, angeschlagene Farbschema gehalten, im übrigen aber dem eigenen Zeitgeschmack, einer derberen und robusteren Farbig keit, freien Lauf gelassen. Noch deutlicher tritt diese Haltung im zweiten Joch von Osten des nördlichen Seitenschiffes in Erscheinung, wo nur — wie Proben an einigen Stellen ergeben haben — die Stege der schweren Scheidbögen rot gefärbt sind, während das übrige Profileinen Ocker-Farbton zeigt (Abb. 135, E). Auch am Podest im Chorraum, der schon im Mittelalter errichtet wurde (Mittelschiff, zweites und drittes Joch von Osten), finden sich unter der illusionistischen Balusterbemalung des frühen 17. Jhs. zwei mittelalterliche Malschichten: blaßroter Grund mit weißer Quaderteilung (14. Jh.) und darüber weißer Grund mit roter Quaderung (zweite Hälfte des 15. Jhs.; Abb. 135, F). Erst das Barock hat den Kirchenraum mit einer alle Teile über ziehenden Tünche vereinheitlicht. Zur Debatte standen nun folgende Restauiderungsmethoden: 1. Freilegung der Polychromierung, wie sie unter der decken den Tünche zutage tritt. 2. Belassung und Ausbesserung des derzeitigen, barocken Endzustandes. 3. Polychromierung der gesamten Architekturteile im Ton der Pfeiler, also im Sinne der Entstehungszeit des 14. Jhs. 4. Gänzliche Entfernung aller Farbschlämmen und Freilegen der bloßen Steinoberfläche. Der letztgenannte Weg muß ausscheiden, da er nur von ästhetischen Gesichtspunkten geleitet ist und einen Zustand schaffen würde, der nie existiert hat. Auch die unter Punkt 3 aufgezeigte Methode trägt hypo thetischen Charakter und will ein Ergebnis erzielen, wie es vermutlich im Sinne der ersten Erbauer gelegen war - das es Jedoch tatsächlich nie gegeben hat. Man müßte also Formen des späten 15. Jhs. (gekehlte Rippen) mit der farbigen Haltung des 14. Jhs. versehen und folgerichtig auch den spätgotischen Rankendekor und die bemalten Schlußsteine entfernen. Einer Wertschätzung des ,,historischen Wachstums" einer Raumausstattung und der durchaus richtigen Beurteilung einer durch mehr als zweihundertjährigen Bestand gerecht fertigten Beibehaltung des derzeitigen, überlieferten Zustandes trägt die unter Punkt 2 genannte Methode Rechnung. Gegen sie spricht der Umstand, daß die architektonische Struktur des gotischen Bauwerkes durch den einheitlichen Farbüberzug doch empfindlich beeinträchtigt ist. Diese Erkenntnis liefert das zur Probe freigelegte nordöstliche Joch (vgl. Abb. 140). Zum ande ren ist es auf Grund einer hinter dem Seitenaltar von 1668 am Pfeiler vorhandenen Rotschlämme erwiesen, daß dieWeißigung

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