Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

136. Neuberg, Stiftskirche, Gewölbeanlauf zwischen erstem und zweitem Joch der Nordwand; Wechsel der Profile und Steinsorten (BDA Wellek) ^. .'f' • •' .'• ^5 ' > • "vV "■ I# .. • Die 1958 unter ausländischer Beteiligung in Steiermark abge haltene österreichische Denkmalpfiegertagung war nun der unmittelbare Anlaß, die Frage der Restaurierung der Innen architektur einem breiteren Forum zu unterbreiten. Ein eigens für die Maße der Jochbreiten und Jochhöhen in Neuberg gebauter fahrbarer Gerüstturm sollte vorerst eine Unter suchung der Farbigkeit und des Materials an Pfeilern, Bögen, Rippen, Maßwerken und Wänden zur Dokumentation all fälliger verschiedener Zustände ermöglichen (Restauratoren J. Anders, F. Thaler; Abb. 140). In grobem Umriß muß die Baugeschichte der Kirche voraus geschickt werden. Der erste Bauabschnitt fällt in die Zeit der Gründung (1327) bis zur Weihe 1344 bzw. bis zum Brande 1396, der zweite Abschnitt und die Vollendung unter Friedrich III. in die Zeit von 1461 (Datum an der Chorwand), 1470 (Datum am ,,Heiligengeistloch") und 1496 (Datum über der Westrose). Das Aneinanderstoßen der beiden großen Bauperioden ist am Wechsel des Steinmateriales und der Rippenprofile in den Gewölbeanläufen als Übergang vom Birnstab (14. Jh.) im Konglomeratgestein zum gekehlten, kantigen Querschnitt im dichten Sandstein (zweite Hälfte 15. Jh.) deutlich abzulesen (Abb. 136). Im folgenden werden die Bauperioden summarisch als jene des 14. Jhs. (Aufführung der Wände und der Pfeiler bis über die Kapitelle) und des 15. Jhs. (Weiterführung der Rippen und Einwölbung) benannt. Der gegenwärtige Zustand mit der weißen Übertünchung der Wände und sämtlicher Architekturteile stammt von 1753-1754 (Daten am Schlußsteinwapi^en im vierten Joch von Westen und über der Westrose). Die Kapitelle sind in recht derber Manier mit grünem Laubwerk bemalt. Die im vordersten, östlichen Joch angestellten Proben^ ergaben nun folgendes: Pfeiler, Wandpfeiler, Fensterlaibungen, die aus Konglomerat gestein bestehen, tragen unter der barocken Kalktünche eine biaßrote (etwa sanftes Ziegelrot), auf einem dünnen Kalk vorstrich aufgesetzte Polychromierung mit unregelmäßig gezogenen, weißen Fugen (Abb. 135, A). Über der Kapitellzone tritt unter dem Weiß der Tünche an den Scheid- und Schildbögen ebenfalls eine rote Farbschlämme zutage, jedoch ohne Fugenteilung und wesentlich intensiver im Ton als die vorgenannte (Abb. 135, B). An den Gewölbefüsselu der Birnstabprofile sind unter dem starken Rot noch Spui-en der blaßroten Färbung zu entnehmen. Die gekehlten Rippen des 15. Jhs. aus Sandstein sind unter dem barocken Weiß mit einem dünnen (mittelalterlichen) Kalkvorstrich versehen, die Ansätze und die Kreuzungen im Bereich des Schlußsteines sind nach spätgotischer Manier in dunklem Rot bzw. in roter Marmo rierung hervorgehoben (Abb. 139). Die Maßwerke der Fenster, ebenfalls aus dichtem hellgelblichem Sandstein (vermutlich im 15. Jh. nach Rissen des 14. Jhs. eingebaut), weisen ebenfalls eine dünne mittelalterliche Kalklasur auf dem Steingrund auf (Abb. 135, C). Die Gewölbesegel sind mit spätgotischem Ranken werk (1461-1470) geschmückt, das anläßlich der barocken Weißigung von 1753-1754, ebenso wie die Inschriften an der Ost- und an der Westwand, übermalt wurde. Die spätgotische Dekoration reicht bis zum fünften Joch von Osten, sie wurde 1753—1754 in den restlichen Ge137. Neuberg, Stiftskirche, Dienstbündel der Nordwand; die Oberfläche ist durch Überstocken entstellt (Bildarchiv der Österr. Nationalbibliothek) ^ Die Untersuchung erfolgte im November 1958 durch eine Kommission, an der Pfarrer A. Fink und seitens des Bundesdenkmalamtes J. Zykan, T. Tripp, A. Schmeller, H. Schabl und der Berichterstatter teilnahmen.

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