Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

H82. Innsbruck, Süclfassade des in sehr gefühlloser Weise erneuerten Stadtsaalgebäudes gegen die Hofburg (Demanega, Innsbruck) vernachlässigt dasteht, übt der an die Wiener Hofreitschule erinnernde Raum eine großartige Wirkung aus (Abb. 81). Dieses Baudenkmal hat durch Brandbomben im letzten Welt krieg sein Dach verloren. Seine Mauerkronen wurden aber nach dem Krieg - es geschah dies auf Veranlassung des verstorbenen Hofrats Ing. Menardi - vorsorglich abgedeckt. Der bauliche Altbestand konnte dadurch zur Not gesichert werden. Herab gefallene Verputzschichten lassen erkennen, daß die Pfeiler und Wände mit Malereien verziert waren. Eine alte Abbildung im Aignerischen Codex des Tiroler Landesmuseums zeigt überdies, daß diese Malerei aus laubumwundenen Säulen mit goldenen Kapitellen und einem Pries bestand. Es ist nicht erwiesen, aber anzunehmen, daß diese strenge, frühbarocke Ausstattung von Hans Schor geschaffen wurde (Abb. 83). Dieses Baudenkmal erhält durch die Feststellung, daß es sich um die Reste des ältesten nördlich der Alpen erhaltenen Theaterbaues handelt, eine besondere Bedeutung. Nunmehr gedenkt die Stadt Innsbruck, in deren Besitz das Gebäude übergegangen ist, hier eine Kongreßhalle zu errichten. Die Forderung des Denkmalpflegers geht dahin, den alten Bestand so weit wie möglich in die neue Planung einzubeziehen. Diese iiiniiiä i Bfr-. lafelefi -.1 a r-..lo . Rücksichtnahme fordert eindeutig nicht nur der geschichtliche und kunstgeschichtliche Wert, der dem Gebäude selbst zu kommt, sondern nicht minder der repräsentative Platz, an dem es steht. Diese Forderung der Denkmalpflege findet glücklicherweise die Billigung der maßgeblichen Stellen in Stadt und Land. Sie ist um so leichter zu erfüllen, als ja gerade ein Kongreßhaus u. a. auch eine große, festliche Halle enthalten muß, die hier in eindrucksvollen Resten des historischen Schauspielhauses vorhanden ist. Diese Forderung der Denkmalpflege auf Einbeziehen des Altbestandes richtet sich überdies gerade auf den Teil, der an die Hofburg anschließt, also jene Partie, die selbst bei einem völligen Neubau auch in ihren Höhen dimensionen an die heutigen bescheidenen Ausmaße gebunden wäre. Das nördliche, erst 1810 an das alte Schauspielhaus angebaute, dieses überragende Mauthaus ist mit seinem großen Wahndach ein gemütliches, altes Gebäude. Denkmalwert im eigentlichen Sinn kommt ihm aber nicht zu, so daß es etwas Besserem und Brauchbarerem weichen könnte. Zugegeben, es mag bequemer und auch rentabler sein, durch Wegreißen eines alten Bauwerks die Voraussetzungen für einen völligen Neubau zu schaffen. Interessanter und verlockender sollte und müßte es aber für einen Architekten und echten Baukünstler sein, den alten Bestand, soweit er verwertbar ist, zu retten, ihn in die neue Planung sorgfältig einzubeziehen und damit zugleich denkmalpflegerischen und praktischen Sinn zu bekunden. Allerdings, ein gewisser Grad von Ehrfurcht vor dem Alten gehört auch dazu. Gerade die technischen Möglichkeiten und modernen Bau stoffe, die dem Architekten heute zur Verfügung stehen, müßten ihn dazu verleiten, einen solchen Versuch zu wagen. Denn wenn es den Baukünstlern vor etwa 350 Jahren gelang, die riesige Schauspielhalle durch einen großartig konstruierten, offenen Dachstuhl aus Holz zu überdecken, so muß es bei dem heutigen Stand der Technik möglich sein, diese Abdeckung mit neuzeitlichem Material durchzuführen. Die Technik ermöglicht es heute, Konstruktionen zu erstellen, die oft die Rettung gefährdeter Baudenkmale darstellen. Die gerade abgeschlossene Instandsetzung des in der Münchener Residenz gelegenen, noch stärker zerstört gewesenen sog. Herkulessaales, der nunmehr den Münchener Philharmonikern als Konzertsaal dient, ist ein Beispiel dieser Art. Dieser gleichfalls noch im 17. Jh. erbaute Saal wurde für den modernen Bedarf mit einer raffiniert kaschierten Klimaanlage ausgestattet. Ähnliche Beispiele sind das Kornplatztheater in Bregenz und das heute ebenfalls als Konzerthaus dienende Hadrianum in Rom. Bereits in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen haben sich mehrere Innsbrucker Architekten an einem Wettbewerb, der einen Umbau der ,,Dogana" vorsah, beteiligt. Es befanden sich darunter beachtenswerte Vorschläge, die auch heute noch zumindest als Anregungen dienen könnten. Die Erbauung einer Kongreßhalle in Innsbruck ist eine Forderung des Fremdenverkehrs. Aber gerade derselbe Fremdenverkehr fordert eindeutig, daß die überlieferte künstlerische Erscheinung Alt-Innsbrucks als eines der Hauptanziehungspunkte der Stadt gehütet und gewahrt werde. O. Trapp 83. Innsbruck, ,,Dogana" (altes Schauspielhaus), Aquarell von Strickner

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