Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

44, Bremen, Dom, Blick in das erweiterte nördliche Seiten- und Querschiff (R. Stickelmann, Bremen) 1^^ 1 H Wir müssen also mit einer Wirksamkeit ästhetischer nehmen. 44. Bremen, Dom, Die in Naumburg und Worms festgestellte Gesinnung Blick in das erweiterte nördliche Seiten-und Quersohiff beim Dom VOn Xanten ins 16. Jahr- . rv i r>( i hundert herein. Hier hatte bereits um 1380 der büdtürm ein sechstes Stockwerk erhalten, das sich den spätromanischen Formen der früheren Geschosse eng anschloß (Abb. 43). 1519-1522 erhält nun auch der Nordturm sein letztes Obergeschoß, das sich wiederum eng an das Vorbild des entsprechenden Geschosses am Südturm anlehnt. Wieder wird so - trotz der Anwendung gotischer Einzelformen - eine im ganzen völlig geschlossene und einheitliche Wirkung erreicht, die zweifellos künstlerische Absicht ist und der Tradition von eineinhalb Jahrhunderten entspricht^. Bei den stilangleichenden Neubauten von Worms und Xanten handelt es sich also hinsichtlich der Methode um ein Weiterwirken bereits dem Mittelalter bekannter Möglichkeiten von Denk malpflege. In der vorzugsweisen Auswahl romanischer Vorbilder aber haben wir es mit einer vom 15. ins 16. Jahrhundert herüberwirkenden ersten Welle des Romanisierens in der Denkmalpflege zu tun. Gleich nach der Jahrhundertwende (1502) beginnt Cord Poppelken das nördliche Seitenschiff des Bremer Domes neu zu erbauen. Der Umbau erstreckt sich bis 1522 (Abb. 44). Poppelken erweitert zunächst das nördliche Seitenschiff um seine ehemalige Breite und führt es dann bis fast zur Mittel schiffshöhe empor, so daß hier ein hallenartiger Raum entsteht, den er mit einem Netzgewölbe abschließt. Die bisherigen Dienstkapitelle verwendet er an den neuen Diensten weiter und ergänzt die fehlenden Kapitelle in fast genauer Kopie nach den spätromanisch-frühgotischen Kelchblockkapitellen, übernimmt und ergänzt die Rundbogenfriese und wiederholt auch das spätromanische Motiv des Laufganges an der neuen Außenwand des Domes: ein archaisierend-kopierendes Verhältnis also zum alten Bestand, wie wir es in dieser Eindringlichkeit bisher noch nicht kennenlernten^. 1504 wird in Görlitz das Heilige Grab vollendet. Wenn es sich dabei auch nicht um ein Beispiel von Denkmalpflege handelt, so zeigt doch die fast völlig getreue Kopie des Heiligen Grabes in Jerusalem (erbaut um 1030) die gleiche archaisierend-kopierende Haltung. Es ist nun interessant, daß sich auf einem in Görlitz 1578 für den Erbauer des Heiligen Grabes errichteten Denkmal die Behauptung findet: der ^ Vgl. C. J. H. Villinger, Kirchenwiederherstellungen in Worms in Notzeiten früherer Jahrhunderte, in: Das Münster 1, 1947/48 (7/8), S. 229. ^ R. Klaphek, Der Dom zu Xanten und seine Kunstschätze. 2. Aufl. Berlin 1941, S. 14—15. ® H. Rosenau, Zur Baugeschichte der beiden Metropolitan-Kirchen des Erzbistums Hamburg-Bremen, Teil III, in: Die Denkmal pflege 1932 (3), S. 93.

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