Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

umlaufenden Medaillons an der Contrefaitkugel beeinträchtigt. Es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß beide Stücke von ein und derselben Künstlerhand herrühren. Verschiedene kurze Hinweise mögen dies deutlich machen: Die Löwenmaske auf dem Haupt des Herakles, die Perlenkette der Engels köpfe in der Kehlung des Sockels oder der Gürtel der Artemis, der bei beiden Figuren schräg, etwa in Höhe der Hüfte verläuft. Das Wiener Exemplar besitzt wohl den Bogen, dafür scheint ihm aber der Pfeil zu fehlen. Im übrigen ist bei beiden Contrefaitkugeln sowohl die Form des Sockels wie auch des Zwischen sockels zu Füßen der Bekrönungsgruppe identisch. Hier möchte ich noch speziell auf das stilisierte Blümchen des Zwischensockels hinweisen, das sich auch an anderen Arbeiten der Zickwerkstatt findet. Bevor wir uns zwei weiteren Arbeiten dieser Werkstatt zuwenden, noch ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der Contrefaitkugel. Der Erfinder dürfte vermutlich Egidius Lobenigk aus Köln sein, der schon im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts nachweislich eine solche angefertigt hat. Weiters ist Jacob Zeller zu erwähnen, dessen signierte und datierte Arbeit von 1611 stammt. Der entscheidende Unter schied zu den Nürnberger Arbeiten besteht jedoch darin, daß die beiden Genannten vereinzelte Stücke schufen, während die Zickwerkstätte eine größere Anzahl, wenn auch von individueller Prägung, hervor brachte. Die Zick waren in erster Linie Kunstdrechsler. Ihre Arbeiten entwickelten sich immer mehr vom Kernpunkt einer drechslerischen Höchstleistung zum Konzept vieler schwieriger Details in ein und demselben Stück. Die frühen Arbeiten, wie der Konterfettenbecher etwa, sind noch mit einer Unzahl schnitzerischer Details versehen. Später werden diese immer mehr zugunsten kunstdrechslerischer Höhe punkte zurückgedrängt. Die Arbeiten werden klarer als Werke einer Kunstdrechslerwerkstatt kenntlich. Die Scheidung Augsburg-Nürnberg ist unschwer festzustellen. Nun muß hiezu wohl festgehalten werden, daß die zeitgenössische Wertung dem Kunstdrechsler den Vorrang gab. Aus diesem Blickwinkel sind auch diese Schaustücke zu betrachten, die keineswegs nur Künsteleien eines Meisters waren. Aus den Kimstdrechslerbänken ist unsere heutige gewaltige Industrie mit ihren Reproduktionsdrehbänken und Präzisionsmaschinen hervorgegangen. Zwei Arbeiten, die fraglos der Zickwerkstatt angehören und ihrerseits wiederum nahe miteinander verwandt sind, stellen die Contrefaitkugel der Schatzkammer der Basilika in Mariazell und die des Joanneums in Graz dar. Beide Stücke besitzen Details, die wir auszuwerten versuchen wollen. Das Joanneum-Exemplar besitzt als Tragstück einen spiralig gedrehten, mehrfach aufgegliederten Dorn, worüber sich noch die Figur eines Atlas befindet. Dieser Dorn nun wird von Doppelmayr^ bei einer der drei gesicherten Arbeiten des Lorenz Zick abgebildet, wobei er auch dort ein Teilstück bildet. Beim Mariazeller Exemplar zeigt sich, daß auch dieses zu den Exemplaren mit Schriftplatte gehört und eine gleiche Sockelplatte besitzt. Der Zwischensockel unter der Spitzengruppe ist bei beiden gleich. Die flach gedrückte Kugel mit Schrägschnitten im Tragstück ist sehr ähnlich (Abb. 57, 58). Im wesentlichen interessiert nun das Mariazeller Exemplar, da es ein Verbindungsstück zum Konter fettenbecher bzw. zum Darmstädter Exemplar darzustellen scheint. Es bietet alle Schwierigkeitsgrade, deren Überwindung die Kunstdrechslerei überhaupt fähig war, und kann als wahres Meisterwerk bezeich net werden. Betrachtet man das Einhorn, so zeigt sich in der Feinheit der Durcharbeitung eine gleich sichere Hand wie beim Darmstädter Herakles, dessen anatomische Durcharbeitung bei der fotografischen Wiedergabe besonders klar erkenntlicb ist. Die Konzeption entspricht bei allen vier Stücken (Zwischen sockel) demselben Gedankengang. Lediglich Zellers Contrefaitkugel aus dem Jahre 1611 erinnert hin sichtlich der Sockeldarstellung an die beiden steirischen Stücke (in Mariazell und in Graz) besitzt jedoch eine völlig andere Contrefaitkugel. Die steirischen Exemplare weisen bereits eine Schriftplatte auf, die an Stelle der Bodenplatte bei den beiden Artemisdarstellungen angebracht ist. Um die dort gedrechselte Schrift® lesen zu können, muß naturgemäß die Darstellung der Spitzengruppe zierlich und schmal gearbeitet sein. Außer den üblichen Medaillons ist besonders darauf zu achten, daß die Sehöffnungen einen abgedrehten Ring aufweisen. ^ Joh. Gabriel Doppelmayr, Historische Nachricht von den. Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern, Nürnberg 1730. ® Durchmesser der Schriftplatten im allgemeinen ca. 38 mm. Text, in zwei Ringsätzen angeordnet in der älteren Ausführung, wie hier: SCHREIBEN . UND . TRUCKHEN . GILT . NIT . UIL . MEHR + DURCH TRAXLER . KUNST . GIBT . GOTT . DIE . EHR + Inschrift an den ehemaligen Nürnberger Arbeiten, durch den Krieg verloren, lt. Angabe des Kataloges über die Kunstdrechslerarbeiten im German. Museum von 1891: Schreiben und Truckhen gilt nit vil mehr Durch die edle Drechslerkunst giebt Gott die Ehr. Denkmalpflege

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