Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Franz Miltner DENKMALPFLEGE IN EPHESOS* Die Ausgrabungen in Ephesos, welche das Österreichische Archäologische Institut unter einem der Größe des Grahungsplatzes entsprechenden Kräfteeinsatz seit 1954 alljährlich wieder durchführt, haben sehr bedeutende Ergehnisse gezeitigt^. Es wurde vor allem die Hauptstraße, als ,,Marmorstraße" geläufig, welche in ihrem nordsüdlichen Abschnitt schon 1904 freigelegt worden war, nunmehr von dort an, wo sie, ostwärts umbiegend, in den Sattel zwischen den beiden Stadthergen hinansteigt, von den durchschnittlich 4,5 m hohen Schuttmassen freigemacht. So ist dieser antike Straßenzug bis nahe an den Platz freigelegt, welcher aus der Bodenheschaffenheic südlich vor dem Odeion, dem kleinen Theater oder Singspielhaus, erschlossen werden darf. Dabei wurde an ihrer Nordseite, ziemlich unmittelbar an dem Beginn des Sattelanstieges — in die Südfront der hier gelegenen großen Therme hineingehaut — der Tempel des Kaisers Hadrian aufgefunden. Weiter ostwärts hegt an der gleichen Straßenseite ein großes Nymphaeum, ein Straßenhrunnen, der von dem um Ephesos vielfach verdienten Tiherius Claudius Aristion zu Ehren des Kaisers Traian erbaut worden war (Abb. 1). Dort, wo die Straße etwa die Höhe des Sattels erreicht, ist als architektonischer Abschluß des bis hieher gerade ansteigenden Straßenzuges ein Torbogen errichtet, der den Architekturformen und der leider sehr hruchstückhaften Bauinschrift zufolge (Abb. 2) bald nach 400 n. Chr. erbaut worden sein dürfte. Wenig östlich von diesem Torbogen biegt die Straße nach Süden aus, sich zunächst zu einem großen Platz weitend, an dessen Südostecke sie wieder südwärts weitergeführt ist (Abb. 3). An der Biegung nach Süden wurde, an der Ostseite der Straße, eine kleinere Brunnenanlage aufgedeckt, welche in augusteischer Zeit entstanden sein mag und Amn der Restaurierungsinschrift aus dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. als Hydreion bezeichnet wird. An der Ostseite des großen Platzes wurde gleichfalls eine Brunnenanlage freigelegt, welche in ihren Ausmaßen die bisher in Ephesos bekannten Straßenhrunnen um einiges übertrifft. Der ursprüngliche Kern dieser Anlage stammt einem inschriftlichen Zeugnis zufolge aus augusteischer Zeit. Er stellte offenbar ein Denkmal dar, das zu Ehren des Caius Sextilius Pollio errichtet worden war; dieser hatte sich um Ephesos durch die Erbauung eines Aquäduktes verdient gemacht, über welchen aus den südöstlichen Bergen eine Wasserleitung in die Stadt geführt wurde. Dieses Denkmal wurde anderen hier aufgefundenen Inschriften gemäß in der Zeit des Kaisers Domitian zu einem der prächtigsten Nymphaeen in Ephesos ausgebaut. Rund 30 m maß es in der Front; mit schweren Marmorplatten verkleidete Mauern, deren Gußkern heute noch an die 7 m hoch aufrecht steht, bildeten den Sockel für eine überreiche Architekturfassade, zwischen deren Stützen — Pilasterpfeilern und Säulen — zahlreiche Statuen, zum Teil anscheinend Gruppen bildend, aufgestellt waren. Eine nicht geringe Anzahl Amn ihnen wurde, freilich durch den Absturz von dem hohen Sockel A^ielfach zertrümmert, wieder aufgefunden. Es wird noch viel geduldiger Arbeit bedürfen, bis sie alle — rund ein Dutzend — soweit wieder zusammengesetzt sind, wie das bereits hei dem Lagernden Krieger (Abb. 4) gelungen ist. * Daß die Ausgrabungen in Ephesos vom Österreichischen Archäologischen Institut durchgefühi't werden, ist - vor allem in Österreich selbst — kaum bekannt. Es war besonders dieser Umstand, der uns veranlaßt hat, den Leiter der Grabungen, Univ.-Prof. Dr. Franz Miltner, um einen Beitrag zu bitten, denn wir glauben, daß auch die von unserer Zeitschrift erfaß baren Kreise der Öffentlichkeit über den Fortgang einer Arbeit informiert werden müssen, die eine lange und ehrenvolle Tradition der österreichischen Wissenschaft fortsetzt und für unser Prestige von nicht geringerer Bedeutung ist als irgend eine der sportlichen oder kulturellen Unternehmungen und Taten, die sich weitgehender öffentlicher Unterstützungen erfreuen können. Was nun die in dem Beitrag angeschnittenen denkmalpflegerischen Fragen betrifft, so sind sie uns - bedingt durch die besondere Art der Denkmäler und die anderen klimatischen Verhältnisse — nicht vertraut. So können wir auch die Not wendigkeit der Rekonstruktionsbauten der Johannesbasilika nicht beurteilen. Schon zu oft haben wir auch denkmalpfiegerische Grundsätze mit unbestreitbarem Erfolg ins Gegenteil verkehren gesehen, so daß unsere Stellungnahme zu dem unter Rekonstruktion fehlender Einzelteile bewerkstelligten Wiederaufbau des kleinen Hadrianstempels zumindest nicht negativ sein kann. Uns scheint sogar, daß für diese Art von Denkmälern die angewendete Methode nicht nur zu einem optisch günstigen Ergebnis führt, sondern daß sie auch eine gute Sicherung des Bestandes bedeutet. Die Redaktion ^ Vgl. Anzeiger d. Akad. d. Wissensch. Wien, phil.-hist. Kl., Jg. 1954, S. 249ff.; Jg. 1956, S. 43ff.; Jg. 1957, S. 13ff.; Jg. 1958, S. 79ff.; Österr. Jahresh., XLII, 1955, Beibl., Sp. 23ff., und Österr. Jahi-esh,, XLIII, 1956, Beibl., Sp. Iff. 1 Denkmalpflege

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