KARL GINHART ZUM 70. GEBURTSTAG Karl Ginhart hat am 21. November 1958 seinen 70. Geburtstag gefeiert. Die Reihe der Würdigungen, die ihm in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften aus diesem Anlaß gewidmet worden sind, wäre nicht vollständig, wenn unsere Zeitschrift, deren Mitredakteur der Gefeierte viele Jahre gewesen ist, unter den Gratulanten fehlte. Es soll hier nicht wiederholt werden, welch große Verdienste sich Karl Ginhart als Verfasser und Herausgeber wichtiger kunstgeschichtlicher Publikationen, als Lehrer an den Wiener Hochschulen, als Vortragender und Interpret der österreichischen Kunst im In- und Ausland im Laufe seines Wirkens in der Öffentlichkeit erworben hat. Besser als jeder Außenstehende es vermöchte, hat er selber, in höchster Bescheidenheit, schlicht und einfach, seinen Werdegang beschrieben, seinen Meinungen Ausdruck gegeben und sein Wirken geschildert und hat uns damit zu seinem Geburtstag ein Geschenk überreicht, wie wir es nur selten von einem Jubilar besitzen^. Hier soll nur einiger Züge und Leistungen gedacht werden, die uns jüngere, aber immerhin auch schon im späteren Mittelalter des Lebens und Berufs stehende Kollegen und die österreichische Denkmalpflege Karl Ginhart besonders ver pflichten. Als er 1923 als Referent für die Bundesländer Kärnten, Steiermark und Tirol zum Bundesdenkmalamt kam, haben zwei Umstände die Arbeit besonders erschwert: Soeben war das langerstrebte Denkmalschutzgesetz Wirklichkeit geworden. Es ergaben sich daraus für das in seinem Charakter als Behörde nunmehr auf eine brauchbare Aktionsbasis gestellte Amt oft genug jene schwierigen Situationen, die solche Übergänge kennzeichnen. Gewohnt, mit den Paragraphen dieses Gesetzes zu operieren, denken wir heute kaum mehr der Zeiten, in denen es galt, ihnen in der denkmalpflegerischen Praxis auf die Beine zu helfen, ihre Wirksamkeit zu erproben und sie im Bewußtsein der Allgemeinheit zu verankern. Hier war das Wirken solch vitaler Persönlichkeiten wie der Karl Ginharts, die Hindernisse auf menschliche Weise zu über brücken verstanden, für das Amt von. größter Bedeutung. Die zweite Schwierigkeit, den Mangel an flnanziellen Mitteln und geeigneten Mitarbeitern, sollte Ginhart kennen lernen, als er 1933, zum Nachfolger Dagobert Freys in seiner Funktion als Vorstand des Kunsthistorischen Instituts des Bundesdenkmalamtes geworden (bis 1939), die österreichischen Bände des Dehio-Handbuches und der Österreichischen Kunsttopographie herauszugeben und zu redigieren hatte. So sehr die Tradition des aus der einstigen k. u. k. Zentral kommission hervorgegangenen Bundesdenkmalamtes in fach licher Hinsicht auch ins Gewicht fiel, so hatte doch die Spann weite der Aufgaben, die sich aus der denkmalpflegerischen Betreuung aller Länder der alten Monarchie ergab (mit Ausnahme Ungarns, das auch in dieser Beziehung selbständig war), die intensivere und planmäßige Erfassung und Bearbei tung der Kunstdenkmäler der Kerrdänder, die nach 1918 das neue Österreich bildeten, verhindert. Indem Dagobert Frey in den Zwanzigerjahren Karl Ginhart zur Mitarbeit am Dehio gewann, hatte er für dieses heute unentbehrliche Hilfsmittel jene Persönlichkeit gefunden, deren Energie und Arbeitsfreude ^ K. Ginhart, Mein Lebenslauf, Kärntner Museumsschriften, XVIII, 1958, S. 9. Dort auch eine Zusammenstellung seiner Publikationen. sich an der Sache entzündeten und sie zum Erfolg führte. Ohne separate finanzielle Forderung hat Ginhart den Dehio neben all seiner anderen Arbeit — und fast ausschließlich in Nachtarbeit — von 1933 bis 1945 redigiert und herausgegeben, dabei selbst den Band Kärnten verfaßt. Schon zwischen 1924 und 1928 hatte er. unterstützt von einigen jüngeren Kollegen; Kärnten bereist und als Ergebnis seine in zwei stattliche Bände gefaßten ,,Kunstdenkmäler Kärntens" der Öffentlichkeit übergeben^. Mit diesen Publikationen besaß nun die öster reichische Denkmalpflege ein brauchbares vorläufiges Ver zeichnis der Kunstdenkmäler ganz Österreichs, was umso wichtiger war, als es noch immer Bundesländer gab, die keine Fach-Landeskonservatoren hatten. Die planmäßige Arbeit an den Bänden der 1907 unter Max Dvofäk begonnenen Öster reichischen Kunsttopographie war infolge des chronischen Geldmangels fast steckengeblieben; wenn die Fortsetzung der Reihe nach 1920 nicht einfach aufgegeben wurde, so ist dies neben Dagobert Frey vor allem Karl Ginhart zu danken, der mit den von ihm zwischen 1933 und 1939 redigierten und herausgebrachten sechs Bänden die Zeit überlistete, in der es dafür am allerwenigsten Geld gab. Die von ihm für die kunst topographische Arbeit aufgestellten ,,Richtlinien" sind, mit gewissen durch zunehmende Erfahrung bedingten Korrekturen und Ergänzungen, auch heute noch gültig. In denselben Jahren etwa hat Ginhart — eine Tat, die nicht hoch genug geschätzt werden kann — die sechsbändige Folge ,.Bildende Kunst in Österreich" herausgebracht (leider eben falls vergriffen), die eigentlich zum erstenmal den Kunstbostand des 1918 geschaffenen Staates bis zur Gegenwart zusammenfaßt und überblickt. Er hat dabei wichtige Kapitel selbst verfaßt. Wer der Auffassung ist, daß die Verzeichnung des österreichischen Kunstbesitzes, seine wissenschaftliche und photographische Bearbeitung zu den vordringlichen Aufgaben der österreichischen Kunstgeschichte gehören, wird diese Seite der Tätigkeit Ginharts stets als besondere Leistung bewerten; führte sie doch zur wesentlichen Erweiterung und Vertiefung unserer Denkmälerkenntnis. Die unmittelbare Betrachtungs weise, die den behandelten Gegenstand nie aus dem Auge verliert und der Spekulation keinen Raum läßt —• nicht ohne tiefere Voi'aussetzung ist Ginhart wohl zur Denkmalpflege gekommen —, hat aber auch Aufsätze wie jenen ,,Über den Rhythmus in der Entwicklung dos nordischen Barockornaments"^ entstehen lassen, die, zumal für den jüngeren Kunst historiker von höchstem Wert, zu unmittelbar in die Praxis umsetzbaren Erkenntnissen führen. Diese .Fähigkeit hat Ginhart zum hervorragenden Lehrer werden lassen mid hat seinen besonderen Ruf als Vortragender begründet. Mit Dankbarkeit gedenken wir mancher Kärntner Dienstreise, auf der wir vor den Denkmälern in einer kurzen Unterhaltung mehr von Österreichs Kunstgeschichte lernten, als man damals an einer Universität über dieses Thema in einem Semester erfahren konnte. In Dankbarkeit denkt aber auch die staatliche Denkmalpflege in Österreich an das Wirken Karl Ginharts als Staatskonservator, als Redakteur der Zeitschrift und des Wiener Jahrbuches für Kunstgeschichte, vor allem aber als Herausgeber der Kunsttopographischen Werke, die zur Grundlage ihrer Tätigkeit geworden sind. 2 Klagenfurt 1934; leider vergriffen. 3 In: Beiträge zur Geschichte und Kunstgeschichte Kärntens, Archiv für v^aterländische Geschichte und Topographie, 24./25. Bd., 1937, S. I91ff.
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