aber, wie dies heute beliebt ist. allzubreit kommentierende Texte auf den Bildseiten, so wird der Bildgenuß allerdings leiden. Nur eine zusätzliche Angabe vermissen wir auf den Tafeln, die Angabe nämlich, welche Größe das Original hat bzw. das Maß der Vergrößerung. Verweist doch der Verfasser selbst auf die Gefahr moderner Illustrationskunst: ,,Die Kunst des Photographen verführt, sie vergrößert, übertreibt. Auch verfälschen kann sie. Doch stellt nicht die Geschichte der kunsthistorischen Reproduktion stets auch eine Kette von möglichen Mißverständnissen dar?" Aus Mißverständnissen lernt man. Allein wir wollen lernen, um sie zu überwinden. Wie wenige der Beschauer dieses Bildbandes werden sich aber ver gegenwärtigen, daß in vielen Fällen, bei den Teilbildern nach Elfenbeinen vor allem, vierfache, ja acht- und zehnfache Ver größerungen gebracht worden sind? Wohl wird für den auf merksamen Betrachter das Werk in all diesen Fällen auch in seiner originalen Größe abgebildet; und gerade das ist es ja, was der Bildauswahl — trotz spannungsreichem Wechsel nach Gegenstand, Material, Format, Stil und Gesinnung — die große harmonische Gesamtwirkung verleiht. Rudolf Noll: Römische Siedlungen und Straßen im Limesgebiet zwischen Inn und Enns (Oberösterreich), (Der Römische Limes in Österreich, Heft XXI); Wien 1958, in Komm, bei Rudolf M. Rohrer, 112 Seiten, 1 Karte. Das Buch umschreibt in der Einleitung zunächst Aufgabe und Anlage der Arbeit und gibt hierauf einen Überblick über die römerzeitliche Forschung in Oberösterreich von den Anfängen bis zur Gegenwart. Der zweite Abschnitt ist eine historische Skizze ,,Oberösterreich in römischer Zeit". Den Hauptteil bildet ein alphabetisch geordnetes Ortsverzeichnis, das sämt liche Funde, kritisch gesichtet, mit den entsprechenden Quellennachweisen registriert. Ein Kapitel ,,Verkehrswege" beschließt den Band. Besondere Mühe wurde auf die in Drei farbendruck hergestellte Faltkarte (1:250.000) verwendet, die ein anschauliches Bild von der Besiedlung Oberösterreichs in römischer Zeit vermittelt. Wilhelm Rave: Corvey. Geschichtlicher Überblick, kulturelle Würdigung, die Barockanlage, Stadt und Vorstadt, die Mauern der Freiheit, Erneuerungsarbeiten, das Westwerk, der Kaisersaal, die alte Abteikirche. Münster 1958. In denselben Tagen etwa, da in Westfalen wie zur Feier des 70. Geburtstages für Alois Fuchs ,,in schwerer Notzeit die Instandsetzung des Westwerkes in Corvey, obwohl dies doch nutzlose Arbeit war, wieder aufgenommen wurde", entstanden in Linz a. d. Donau unter lebhafter Anteilnahme weiter Kreise erste Skizzen zur Erneuerung eines eben erst aus Vermummung späterer Zeit aufgetauchten kleinen Kirchleins. Über zufällige Koinzidenz hinaus verbindet beide Vorgänge etwas Grund sätzliches. War doch bei der hohen Verehrung des westfäli schen Denkmales ,,die Frage, ob man wagen dürfe, hier Hand anzulegen" nicht minder brennend als bei dem jungen, ge wissermaßen jungfräulichen Fund dort. In beiden Fällen aber überwog zweifellos die Pflicht, das XTrkonzept, das durch spätere Bauschicksale verderbt, ja unsichtbar war, in Um rissen wenigstens zu neuem Leben zu erwecken. Die Proble matik solchen Vorgehens erfordert ungeschminkte, nüchterne Rechenschaftslegung, wie sie den Teilnehmern des VI. Früh mittelalterkongresses in Corvey auch geboten war. So kommt der vorliegenden Publikation eine Bedeutung zu, die über den Sinn, nur Monographie für eines der Hauptdenkmäler der deutschen Kunst zu sein, erheblich hinausgeht. Wenn daher Wilhelm Rave genau so wie seinerzeit Wilhelm Effmann ,,nicht zögert, mit Mutmaßungen auf Papier sicht bare Schritte ins Unbekannte zu tun", so wird man ihm dafür nur Dank wissen. Unsere nur zu sehr überhetzteZeit will möglichst ,,auf den ersten Blick" wissen, was denn der Ver fasser meint, und so findet man meist erst über die Bildauswahl und vor allem auch über die Zeichnung den Zugang zum Text. Für den großartigen Raumeindruck des Johanjieschores mit seinen drei Arkaden an allen Seiten und je drei durch Zwischen säulen geschmückten Emporenfenstern darüber smd wir nun nicht mehr wie Effmann auf das Traumbild rekonstruierender Phantasie oder Zeichnungen angewiesen. Jetzt nach der In standsetzung erleben wir dieses Neben- und Ineinander der Räume ganz unmittelbar, wobei allerdings der Blick gegen Osten dui'ch die ins Monumentale gesteigerte ,,Transennen wand" (Arkadenwand) auch heute noch zwangsläufig an der Orgelrückwand, totlaufen muß, statt in die Basilika hinauszu führen. Freilich ist es gerade dieser vierte der Seitenräume im Zentralbau, eingeschoben zwischen Quadrum und Laienkirche, der auch in seiner gegenwärtigen Gestalt noch reichlich prob lematisch bleibt. Allzu gerne hätten wir über den ehemaligen Bestand eines ,,Kaisersaales" im vierten Geschoß größere Sicherheit, ein Saal, der als Aula regia den bestehenden Ober raum im Westwerk von Maastricht an die Seite gestellt werden könnte. Allein von allem, was über der Flachdecke des West chores lag, hat der Umbau zum Glockengeschoß im 12. Jahr hundert keinerlei Spuren hinterlassen. So gewinnen wir für die Bauformen höher oben lediglich aus allgemeinen Architek turdarstellungen der Zeit gewisse schematische Vorstellungen, wie dies auch Rave mit einem Hinweis auf ein spanisches Elfenbein (Abb. 52) klarzumachen versucht. Nicht weniger strittig bleibt die Ausdeutung des Grundrisses von 1663 für den übrigen Baukörper, die drei Jahre darnach abgebrochene Basilika. Und das umso mehr, als auch ver schiedene Grabungen wohl die Grundlinien des vor 300 Jahren gezeichneten Grundrisses bestätigen, uns aber sonst mehr oder minder im Stich lassen. So werden die seitlichen Anbauten, die man neuerdings als romanisches Querhaus des 12. Jahrhun derts in Anspruch nehmen wollte (Esterhues, Thümmler, Claussen), kaum im Sinne alter Pastophorien (Rave) oder gar als Querhaus (Effmann, Lehmann) dem Urbau angehören, sondern möglicherweise von irgendeinem zwischenzeitlichen Umbau stammen; Anbaukapellen spätottonischer Zeit kamen eben jetzt beim Salzbimger Dom zutage; so wird auch die Da tierung der Krypta, die Claussen überzeugend zu lösen schien, von Rave neuerdings angezweifelt, während er wieder für Herren- und Hochchor, Effmanns Vorschlag abwandelnd, ge schlossene Wände mit Fenstern in die Seitengänge (siehe Abb. 91) postuliert. Konlvreter aber, und für die Stellung eines solchen Reichs klosters sehr bezeichnend, erscheint uns sein Nachweis von der ursprünglichen Planung der Klosterimmunität, der civitas, nach römischem Lagerschema. Im ganzen aber beweist wohl solche Wiedererweckung eines gewaltigen Baugedankens von überdurchschnittlicher Be deutung auch hier, daß man sich mit der bloßen Lesbarmachung eines Palimpsestes nicht begnügen darf; gerade aus Ehrfurcht vor dem Dejikmal wird man sich gegebenenfalls
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