Das Kreuz imter dem Bogen in seiner Vieldeutigkeit; die Anordnung der drei Arkaden deutet auf die drei Nischen an der Ostwand einer Kirche; bezeichnend die Krongehänge in den seitlichen Nischen und die Kerzenleuchter daneben ■iiMww>üA.-ariir ' 'fs'M 83. Felix-Sarkophag in Ravenna, San Apollinare in Classe; ravennatisch, um 728 3m :, Ä^l- illi 'l) ■ 4 ■:hfiiti Feststellung der Mehrdeutigkeit gewisser symbolischer Elemente einen sonst glücklichen Erklärungs versuch verdächtig machen. Auch das Bildmotiv des Kreuzes unter der Arkade stammt aus einer breiten Fülle von Gedanken verbindungen, aus einer Mehrzahl von Strömungen, die letztlich aus kosmologischen Ür-Vorstellungen entspringen. Wie sehr sie sich verästeln und verzweigen und aus Nachbarkanälen befruchten, hat Andreas Alföldi vor wenigen Jahren nachdrücklich am Beispiel des Throntabernakels zu zeigen versucht. ,,Die Erhöhung und Abtrennung des Souveräns von seinen Handlangern und Untertanen ging sowohl in der Realität des Lebens vor sich wie auch theoretisch . . . Erst, um ihn von den Ein wirkungen der Sonne und des Regens zu schirmen und zu schützen, dann, um seine einzigartige Stellung (als Universalherrscher, deren es eben gleichzeitig nur den einen geben kann) dadurch (d. h. durch den Schirm; durch den Bogen, die Arkaden; durch den Tabernakel, das Kuppelgewölbe) zum Ausdruck zu bringen," also sinnfällig zu machen. Damit aber greifen wir — daran scheint man oft vorbeizusehen — die Quellgedanken aller echten, aller originalen Symbolik. Diese haben nichts von Geheimwissenschaft an sich. Sinnfällig und symbolisch erscheint in den Anfängen der Bildsprache fast synonym. Sicherlich aber sind es gleiche Wege, die den Thron des Herrschers, die das Kreuz unter den Tabernakel stellen lassen. Denn das Kreuz ist doch das Sinnbild des eigentlichen, des einen Weltbeherrschers, neben dem es seinesgleichen nicht geben kann. Wieder drängt sich die historische Realität als Parallele zur Entfaltung eines Symbols auf, wenn das echte Kreuz Christi durch den Perser Khosrau unter einem Thronbaldachin aufbewahrt wurde. Der Bogen ,,erhöht und isoliert" zugleich. Ja, man wird in den Stufen unter dem Kreuz (Abb. 80, 81) die unmittelbare Anknüpfung an die Thronsymbolik nicht übersehen. Wenn nun gar in unserer Miniatur die Arkade von zwei Löwen getragen wird, wie ja auch der Tabernakel über dem Thron Salomes auf zwei Löwen ruhte, so zweifelt Alföldi nicht, daß die Bildseite des 8. Jahrhunderts genau so wie später die Löwenportale in romanischer Zeit unmittelbar und bewußt das weithin wirkende Vorbild aus dem Alten Testament nachahmt. Tatsächlich gibt es nun zu den hochmittelalterlichen Tor-Denkmälern schriftliche Zeugnisse, die den Zusammenhang ausdrücklich bestätigen. Andre Grabar erinnert daran, daß mittelalterliche Fürsten häufig in den Vorhallen der Kirchen Recht sprachen, wie Salome in einer Säulenhalle sein Richteramt ausübte. Da erwähnt nun Lambertus Ardensis bald nach 1200 ein ,,Oratorium sive capellam Salomoniaco tabernaculo in celatura et pictura assimilatam" und auch noch eine andere ,,capellam — extra domum ante portam aedificii — miro lapidum et lignorum contabulatu Salomoniace glorie". Ist damit nicht die Beweiskette völlig geschlossen und durch die Schriftquelle des 13. Jahrhunderts auch für das Denkmal des 8. Jahrhunderts ein unanfechtbares Zeugnis abgelegt? Gleichwohl liegt hier ein Trugschluß vor. Zwei kosmologische Gedankenreihen, die ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten, ja geradezu von gegensätzlicher Weltanschauung ausgingen, konvergieren
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