Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

.^y-' Av TK 1, ■' nij J ^ ^i mw •/ . _ _ ■ . ;^- X: 79. Mittelstück eines altchristlichen Sarkophages mit Passionsszenen; römisch, Ende des 4. Jahi'hunderts, Rom, Lateran-Museum Das Kreuz unter dem Bogen in seiner Vieldeutigkeit; mit den Grabes wächtern vertritt es den Auferste henden (79); durch die Paradieses flüsse (die beiden zungenförmigen Gebilde in 80) wird es zum Lebens baum auf dem Berge Sinai; die Stufen (80, 81) knüpfen an den Thron gedanken an; auch die beiden zum Kreuze hinblickenden Tiere (80) ver weisen auf die Symbolik der vita nova 80. Seitenwand des Kreuzsarkophages in Ravenna, San Francesco; ravennatisch, um 500 (schematische Nachzeichnung) 81. Koptische Stele im Museum in Kairo, 5. Jahi'hundert 82. Christliche Zeichen auf dem Grabstein des Memoriolus aus Lugudunum CIL 2418 mit A und O in gegenständig angeordneten Dreiecken Ambonentafeln anzuschließen — es zeigt sich dennoch bald und eindeutig, daß es hier aus ganz anderen gedanklichen Voraussetzungen zur Einordnung des Kreuzes in das Rund kam als dort. Man muß sich stets gegenwärtig halten, wie vielgestaltig der Sinn ein und desselben Bildmotivs sein kann. Einiges davon kam ja schon oben zur Sprache. Fast möchte man daher daran verzweifeln, aus einer bildlichen Darstellung, die völlig aus Symbolen aufgebaut ist, ihren tieferen Sinn erschließen zu wollen. Man meint, daß uns vielfach die Wege zu einer wissenschaftlich unanfechtbaren Deutung solcher Gegebenheiten hoffnungslos verschüttet sind. Zunächst, ist denn die Vieldeutigkeit eines Zeichens wirklich ein Hindernis für die Wissenschaft, sich mit dem Sinn dieses Zeichens zu beschäftigen? Teilt nicht vielmehr die Bildsprache die Eigenschaft der Vieldeutigkeit eines jeden Zeichens mit der Sprache an sich? Den Historikern der so sehr komplexen Periode des 1. Jahrtausends, die jedes Material, aus welcher Sparte auch immer, zunächst als Urkunde für die geistige Haltung in jenem Zeitraum zu nehmen gewohnt sind, bleibt sofort verständlich, daß damit nicht ein problematischer Schluß per analogiam gemeint sein kann; geht es uns doch um eine sehr konkrete Feststellung über die Art der ,,Aussage" in jener Zeit. Erirmern wir uns etwa daran, daß es nichts anderes als die Vieldeutigkeit der Vokabel ist, die uns die wortgetreue Übertragung eines Textes aus einer Sprache in die andere so schwer macht, ja sie oft vereitelt! Denn vielfacher Nebensinn, der in jedem einzelnen Worte des originalen Textes unwillkürlich (und zwar farbgebend) mitschwingt, muß ja den Sjmonymen in der anderen Sprache, so glücklich sie auch gewählt sein mögen, nahezu zwangsläufig fehlen. Ein ganz ähnlicher Vorgang aber ist es doch, wenn wir einen ,,Text" der Bildsprache in eine Wort sprache ubertragen wollen. Man wird sich klar sein müssen, daß man nur Annäherungswerte bieten kann; um so besser aber werden diese sein, je mehr unsere Exegese in Worten der ,,redenden Farbigkeit" des Bildausdruckes nahekommt. Eine Bilderklärung, die sich auf eine einlinige Deutung festlegen möchte, also starr und dogmatisch sein will, ist von vornherein lebensunwahr. Niemals aber kann die

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