Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Bei den Grabungen und bei den Erdarbeiten am Dopplergrund (Kat. Gem. Wels, Parz. Nr. 895/2) konnte der Wallaufbau gut studiert werden. Wiesinger hat in seiner ersten Arbeit bemerkt, daß der Wall nicht einheitlich ausgeführt wurde. Bei seiner Grabungsstelle in der Schubertstraße waren als Wall sohle Klaubsteine gelegt; bei den Beobachtungen bei dem Bau des Henrykanales unweit unserer Grabungsstelle I fehlten sie jedoch. Ich habe sie bei keiner Walluntersuchung angetroffen. Es ist durchaus möglich, daß Wiesinger eine an sich richtige Beobachtung falsch gedeutet hat. Bei unserer Grabung II konnten wir auch solche Flächen feststellen, die sich aber eindeutig als Straßen erwiesen. Wie mir Herr Dr. Hermann Vetters mitteilte, wurde auch bei einer Untersuchung in Enns über einem abgetragenen Mauereck der Lagerbefestigung ein solcher gepflasterter Weg festgestellt. Es ist durchaus möglich, daß Wiesinger, der ja nur einen schmalen Durchstich durch die ganze Anlage machte, einen solchen Weg nicht erkannt hat. Es wäre aber auch nicht ausgeschlossen, an eine Rieselmauer zu denken, da diese damals noch nicht bekannt waren und auch heute in einem schmalen Suchgraben nicht leicht zu erkennen sind. Am Doppler-Grund war ein Wallrest von 5,30 m Breite zu beobachten. Das durch Abgrabungen gewonnene Profil ließ von Süden her einen Mauerrest von 3 m Breite erkennen, der bis zu 75 cm über dem Straßenniveau anstieg. Das Aufschüttungsmaterial war ziemlich einheitlich. Nur ein Band von Kleinkies zog sich über die ganze Breite; von Norden her stieg es bis auf etwa 1 m an. Es war zum Teil bis zu 20 cm stark. Ein zweites Band aus Kleinkies und Sand, das aber nur bis zu 10 cm stark war, wurde in 1,30 m Höhe beobachtet. Der höchste Punkt des erhaltenen Walles war 1,70 m, also knapp 1 m über der höchsten Stelle des Mauerrestes. Bei der Grabungsstelle I konnte festgestellt werden®, daß die Mauer säuberlich abgetragen worden war. Nur vereinzelte Steine waren stehengeblieben oder in den Graben abgerollt. Ein Mörtelband, das über dem Schutt lag, verlief über den Laufsteg in den ersten Graben. Im Wallschnitt konnte auf dem inneren Laufweg eine Humusschichte gefunden werden, die im Durch schnitt 10 cm stark war. Der innere Laufweg war nur zum Teil in seiner ganzen Breite mit kleinen Rollsteinen gepflastert; die Schwankungen können auch auf eine Entfernung dieser Steine zurückgehen. Die Stadtmauer lag mehr am nördlichen Rand des Walles. Die noch feststellbare Höhe des Scheitels über dem inneren Laufweg betrug 2,10 m. In einer Entfernung von 3,30 m lag südlich von dem Stadt mauerfundament eine Anschotterung von 1,40 m Breite und 1,20 m Tiefe. Sie lag durchschnittlich 0,60 cm unter der Walloberfläche und entsprach einer mit Schotter gefüllten Baugrube. Reste eines Bauwerkes konnten, obwohl diese Schotterung auf eine Strecke von 4 m untersucht wurde, nicht gefunden werden. Trotzdem liegt der allerdings nicht eindeutig beweisbare Gedanke nahe, daß es sich um das Fundament einer Wallverstärkung handelt. Ergiebiger für unsere Fragen erwies sich die Grabung II, die in der Quergasse durchgeführt wurde'. Auch hier zeigte sich die Stadtmauer bis auf das Fundament abgetragen, der Graben im wesentlichen rein von Resten der Stadtmauer. Auch stadteinwärts wurden keine Mauerbrocken festgestellt. Daß dies kein Zufall war, erweisen nicht nur Vergleiche mit Ergebnissen Ferdinand Wiesingers, sondern auch die Beobachtungen der letzten Jahre, auf die wir bereits hingewiesen haben. Es kann also fest gestellt werden, daß die römische Stadtmauer als Steinbruch verwendet wurde. Sie wurde säuberlich abgetragen und das so gewonnene Material wurde weggebracht und neuerlich verwendet®. Daß nach diesem völligen Abtragen bis auf das Fundament oder bis auf einen kleinen Mauerstumpf der Wall nicht sofort aufgeschüttet wurde, sondern daß bis dahin ein längerer Zeitraum verstrich, läßt sich an Hand weiterer Befunde aufzeigen. Bei der Grabung an der Westecke des Walles in der Quergasse wurde zunächst ein Suchgraben gelegt, der im Vorfeld 90 cm tief geführt wurde. Unterhalb des Wallrandes, wie er heute noch erkennbar ist, ® Die Grabungen vmrden durch die Stadtgemeinde Wels ermöglicht. Insbesondere haben sich für sie die damaligen Vizebürger meister Dir. E. H. Jossek und F. Fasser und Kulturamtsleiter Vösleitner eingesetzt. ' Auch hier ist der Stadtgemeinde Wels zu danken, die die Grabungskosten trug. Der Besitzer des Grundes, Herr Rebhan, hat durch seine entgegenkommende Haltung das Unternehmen sehr gefördert. ® Steine der Römermauer sind, wenn man ihren Typus nicht kennt, schwer zu erkennen. Es liegen daher keine Berichte über ihr Vorkommen beim Abreißen alter Bauwerke vor. Beim Niederreißen des Baukomplexes Traungasse 3, der auf gotischen Kern zurückging, konnte ich neben Rollsteinen auch Steine beobachten, die denen der römischen Stadtmauer völlig glichen. Sie sind wohl ursprünglich von dort genommen und immer wieder verwendet worden.

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